Zitternd stand ich neben Elijah. Ich hörte das Klicken, als das Auto aufgeschlossen wurde und stieg ein. Meine Bewegungen liefen mechanisch ab. Die Bilder, die ich gerade gesehen hatte, gingen mir nicht mehr aus meinem Kopf. Immer wieder sah ich die Leichen auf dem Boden liegen und Elijah, wie er blutbefleckt da stand. Ich konnte bisher viel von dem akzeptieren, was Elijah mir erzählt hatte, aber es mit eignen Augen zu sehen war etwas komplett anderes. Ich stand so unter Schock, dass ich nicht einmal mitbekommen hatte, wie Elijah mich umarmte und aus der Trainingshalle zog. Erst, als wir draußen standen und Elijah mir sagte, ich solle warten, bis er den Autoschlüssel geholt hatte, erholte ich mich soweit von meinem Schock, dass ich mitbekam, wie wir jetzt auf die Straße einbogen und Elijah beschleunigte, sodass ich in den Sitz gedrückt wurde. Sportwagen war ich definitiv nicht gewöhnt. Die Bäume rauschten an uns vorbei und ich bekam nicht mit, wie Elijah seinen Kopf zu mir drehte und mich von der Seite ansah. Ich starrte nur weiter gerade aus und versuchte, das zu verarbeiten, was ich gerade gesehen hatte.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Elijah seinen Arm bewegte und kurz darauf spürte ich seine Hand auf meiner. Er wollte mich beruhigen, doch er tat das genau Gegenteil. Seine Berührung verursachte Panik in mir; ich konnte die Berührung einer Hand, die gerade mehrere Männer, und viele vorher schon, umgebracht hat, nicht ertragen. Schnell zog ich meine Hand weg. Elijah legte seine Hand wieder an das Lenkrad und musterte mich mit besorgtem Blick. "Was kann ich tun?", fragte er und beim Klang seiner Stimme zuckte ich zusammen. "Nichts". Meine Stimme brach. Elijah sah wieder nach vorne und fing mit ruhiger Stimne an zu erzählen: "Ich erinnere mich genau an die erste Leiche, die ich gesehen habe. Es war ein Mann, Hugh hat ihm umgebracht. Er war nicht.."
"Stop!, schrie ich dazwischen. Ich wollte nichts davon hören, nicht von noch mehr Blut und Tod.
"Sorry", sagte Elijah leise und starrte weiter auf die Straße.Bis wir vor meinem Haus ankamen, sagte keiner von uns mehr etwas.
Als der Motor verstummte, bleiben wir schweigend sitzen. Elijah sah mich besorgt an und diesmal schaffte ich es, ihn anzusehen.
Ich betrachtete ihn genau: Seine Hände lagen noch immer auf dem Lenkrad. Wie viele Menschen diese Hände schon umgebracht hatten? Wie viel Leid und Zerstörung hatten sie verursacht?
Mein Blick wanderte weiter zu seinem Gesicht. Das Gesicht eines Mörders, der zu mir so liebevoll war.
Schließlich sah ich ihm in die Augen. Was hatten sie schon alles gesehen?Nach ein paar Sekunden, in denen wir uns nur ansahen, drehte Elijah sich plötzlich weg und stieg aus. Er lief um das Auto und öffnete die Beifahrertür. Kalte Luft wehte ins Innere des Wagens.
"Komm", sagte er leise und hielt mir seine Hand hin. Ich stieg aus ohne seine Hand zu nehmen und lief auf die Haustür zu. Ich hörte das Klicken, als der Wagen abgeschlossen wurde und Elijahs Schritte hinter mir. Er blieb mit etwas Abstand zu mir stehen und wartete, bis ich die Haustür aufgeschlossen hatte. Er respektierte, dass es mir schwer fiel, ihm nah zu sein und das beruhigte mich. Auch wenn etwas in mir sich nach dieser Nähe sehnte.Im Haus war es ruhig. Meine Familie würde nicht vor morgen Mittag wiederkommen. Ich schaltete das Licht im Flur an und drehte mich zu Elijah um. "Meine Familie kommt erst morgen wieder.", sagte ich. Ich wusste nicht, wieso ich ihm das sagte, da ich davon ausging, dass er sofort wieder fahren würde. "Gut", sagt er und ging an mir vorbei ins Haus. Zögernd zog ich mir meine Schuhe aus und folgte ihm. Er schien meine Unsicherheit zu bemerken denn er drehte sich zu mir. "Ich werde dich nicht alleine lassen. Nicht nach dem, was du gesehen hast. Ich bleibe bei dir.", sagte er entschlossen. Innerlich atmete ich auf. Ich war erleichtert, nicht alleine sein zu müssen. "Du solltest dich ausruhen. Wo ist dein Zimmer?", fragte er mich und sein Blick ging zur Treppe. "Da lang", antwortete ich und nickte ihm zu. Ich ging vor, die Treppe hoch und in mein Zimmer. "Hier", sagte ich, während ich die Tür öffnete. Als ich sah, mit welcher Selbstverständlichkeit Elijah sich in meinem Zimmer bewegte, fiel mir ein, dass er bereits hier war, was mir in diesem Moment aber egal war. Ich lief zu meinem Bett und lies mich hinein fallen. Noch immer hatte ich die Bilder der toten Männer vor Augen, jedoch hatte ich den ersten Schock überwunden. Elijah schaltete die Nachttischlampe an und setzte sich neben mich. Wieder achtete er darauf, mir nicht zu nahe zu kommen und stellte mir auch keine Fragen oder drängte mich, zu reden. Schweigend saßen wir so nebeneinander und ich dachte nach.
Sollte ich Angst vor Elijah haben?
Nein, er hat mich nie verletzt.
Er hatte schon vorher getötet, er war schon vorher ein Mörder gewesen, dass ich es jetzt selbst miterlebt hatte, änderte nichts daran.
Er hatte gemordet, warum saß ich hier so ruhig neben ihm?
Ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass sich das hier nicht falsch anfühlte.
Ich rückte näher zu ihm und nahm seine Hand; Das mulmige Gefühl schluckte ich hinunter. Außer, dass er den Kopf zu mir drehte und mich ansah, bewegte er sich keinen Millimeter. "Ich habe keine Angst vor dir.", sprach ich meine Gedanken aus. Vorsichtig nahm er auch meine andere Hand, wartete auf mein Einverständnis. Ich überwand den Abstand zwischen uns und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. Erst jetzt fragte er mich: "Wie geht es dir?" "Ich bin einfach nur müde.", antwortete ich und ließ mich nach hinten fallen. Dabei zog ich ihn unwillkürlich mit. Doch das war mir egal. Mir war egal, dass er neben mir in meinem Bett lag, oder, dass er irgendwann den Arm um mich legte und ich kurz darauf einschlief.
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Die Chroniken der verborgenen Jäger
FantasyAls Elijah und Hugh blutüberströmt vor Leah stehen, ahnt keiner von ihnen, dass sie eine große Rolle in deren Welt spielt. Denn erst als sie erfahren, dass Leah und Elijah ein besonderes Band verbindet, erkennen sie, dass es Mächte gibt, die gegen d...