Kapitel 5

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Jane war ganz außer sich vor Freude, als wir beide uns trafen. Sie hatte die irrwitzige Idee mit mir auszureiten. Es wäre ein so schöner sonniger Morgen. Sie marschierte mit mir in den Stall und trug dem Stallburschen auf uns die Pferde zu satteln. Während sie vor sich hin blubberte und von belanglosem Zeug redete, das ich alsbald vergessen würde, starrte ich die großen schwarzen Ungetüme an, die der Stallbursche mit Zaumzeug und Sattel versah. Ich hatte so ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend.

„Jane?", unterbrach ich ihren Redefluss. Sie sah mich an und wartete darauf, dass ich meinen Satz zu Ende sprach. „Ich ... Müssen wir wirklich... Diese großen schwarzen Viecher... Da komm ich doch nie rauf..."

„Ich auch nicht, zumindest nicht ohne Hilfe. Aber dafür gibt es einen Tritt und einen Stallburschen." Sie taxierte mich ab. „Es wird dir gut tun."

„Ich weiß doch gar nicht, wie man das tut." Ich zog alle Register um dieser Sache zu entgehen. Jedoch ohne Erfolg. Sie ließ sich nicht von ihrem Vorhaben mich auf ein Pferd zu setzen abbringen.

„Das wird schon. Wahrscheinlich liegt dir Reiten im Blut. In deinen Sachen war doch auch das Reitkostüm, das du heute trägst. Du hast es also bestimmt schon mal gemacht." Sie umarmte mich freundschaftlich. „Wir haben die lammfrommsten Gäule der Welt hier auf Lennox Castle und ich bin eine erfahrene Reiterin. Du bist nicht alleine." Wir gingen ein paar Schritte und stiegen auf einen Tritt, der das Aufsteigen mit den langen Kleidern, die wir trugen, erleichterte. Damensattel inklusive.

„Nun gut, oben bin ich schonmal und ich habe auch nicht das Gefühl, dass ich gleich wieder herunterfalle. Aber sollte sich das Tier bewegen, sehe ich schwarz." Skeptisch blickte ich auf das Pferd herunter. „Wie heißt es denn überhaupt?"

„Devlish." Während sie lachte und auf ihr Pferd stieg, wurde ich noch skeptischer.

Noch hielt der Stallbursche mein Pferd am Zaum. Jane benötigte keine weitere Hilfe. Sie schnalzte kurz mit der Zunge und gab dem Pferd einen leichten Schenkeldruck, damit es sich in Bewegung setzte. „Schnalzen und gleichzeitig ein wenig Druck mit den Waden ausüben und der Bursche wird anlaufen."

Das tat er auch, schneller als er eigentlich sollte. „Sein Name ist wohl doch Programm", quetschte ich zwischen den Zähnen heraus und versuchte mich krampfhaft auf dem mittlerweile galoppierenden Tier zu halten.

Was musste ich tun, um den Gaul anzuhalten? Eine leichte Panik überkam mich. Doch mein Körper tat instinktiv das richtige. Ich zog die Zügel an, übte wiederum leichten Schenkeldruck aus und veränderte meinen Sitz. Ein leises „Hoo." verlangsamte Devlish und ließ ihn letztendlich anhalten.

Das war gut. Ich fand Gefallen daran. Langsam ritt ich ihn wieder an. Jane schloss auf. „Hey, dass war doch gar nicht so schlecht für den Anfang. Ich hab doch gesagt, dass du das kannst."

„Siehst du, deswegen muss ich es nochmal versuchen." Ich ließ das Pferd laufen und es war herrlich. Nach einem kleinen Galopp fragte ich mich, wer wohl mehr schwitzte, das Pferd oder ich.

Jane schloss wiederum auf. Jetzt begann unser Frauengespräch und ich konnte meine Neugier nicht bremsen. Zuerst aber würde ich Jane ein wenig erzählen lassen. Sie berichtete mir darüber wie Raymond und sie sich kennengelernt hatten, von ihrem Versuch Kinder zu bekommen und wie dieser gescheitert war und von der Idee Menschen aufzunehmen, denen das Schicksal nicht so gut mitgespielt hatte. Wobei sie sich aber immer in ihren Kreisen bewegten. Die Obdachlosen und Waisen wurden in den Heimen lediglich finanziell vom Ehepaar Lennox unterstützt.

„Sag mal Ronna, was läuft da zwischen dir und George? Er hat sich mit noch keiner Frau so viel abgegeben wie mir dir."

Aha! War das der Grund, warum Jane mich zu einem Frauengespräch überredet hatte?

The Doctoress - Roses (6/Special)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt