„Sie schläft jetzt schon seit zwei Wochen. Meinst du nicht, wir sollten langsam mal einen Arzt rufen?" Jane und Marius standen an meinem Bett und betrachteten mich.
In den letzten Tagen hatten sie die toten Ranken aus meinem Zimmer entfernt und somit Platz für neue geschaffen, die unaufhaltsam wucherten.
„Nein, ich denke, wir sollten sie schlafen lassen. Noch ein paar Tage", antwortete Marius.
Raymond trat vorsichtig zur Tür herein. „Es sind zwei Lieferungen für dich eingetroffen. Eine vom Uhrmacher und eine vom Schneider."
„Danke Raymond. Ich kümmere mich darum." Marius wandte sich zum gehen und alle drei verließen den Raum.
Meine kleinen Spione berichteten mir alles. Marius und Raymond schleppten die Lieferungen in mein Zimmer. Dort verstaute er das Brautkleid in einem Schrank und die Kleinteile für unser Bastelprojekt sortierte er auf den Schreibtisch. In sorgsamer Feinstarbeit begann Marius nach meinen Plänen den ewigen Kalender zu bauen, während er auf mich achtgab und auf George, damit dieser nicht wieder mit einer Flasche Gift versuchte die Rosen zu töten.
Abends stand er mit übermüdeten Augen bei schlechter Beleuchtung an meinem Bett und erzählte mir von seinem Tag.
„Ich weiß, dass sie dir alles berichten. Aber ehrlich gesagt, fehlen mir unsere Unterhaltungen. Du fehlst mir. Meinst du nicht auch, dass es langsam Zeit wäre wieder zu erwachen. Die Rosen haben sich erholt und sehen prächtiger aus als je zuvor. Ich weiß nicht, wie lange ich die anderen noch davon abhalten kann einen Arzt zu rufen. Langsam mache ich mir auch Sorgen. George ist noch nicht wieder aufgetaucht. Naja, dann ich werde jetzt auch schlafen gehen. Gute Nacht."
Marius verschwand aus meinem Zimmer. Ich konnte noch nicht erwachen. Dass George einer dieser Fischmänner war, hatte ich ja schon vermutet. Von den Rosen wusste ich über den Verschlag Bescheid. Dort war sicherlich etwas zu finden, mit dem wir zurück in unsere Zeit konnten. Aber vielleicht auch etwas, dass uns töten könnte. Eine offene Konfrontation mit George wollte ich unbedingt vermeiden. Ich wollte Leben schützen, nicht in Gefahr bringen. Und ich hatte das dringende Gefühl diese Kombination zu benötigen um in den Verschlag eindringen zu können. Da George aber verschwunden war, bekam ich auch keine Kombination.
Das Gute an dieser Situation war, dass ich in Ruhe Nachdenken konnte. Und ich hatte einen Plan. Vielleicht war er noch nicht ganz ausgereift, aber ich hatte ja auch noch ein paar Tage Zeit. Vielleicht würde ich ja zufällig meine Hochzeit verschlafen. Dumdidum...
Wiederum vergingen ein paar Tage und Nächte. Das genaue Datum hatte ich nicht auf dem Schirm. Marius hatte mir aber berichtet, dass er den ewigen Kalender fertiggestellt hatte. Er funktionierte auch, nur fehlte uns der Strom um die Tardis mittels eines Signals zu rufen.
Es war mitten in der Nacht. Die Rosen trennten die Verbindung und weckten mich, indem sie mir mitteilten, dass Gefahr drohte. Mir ging es erstaunlich gut und ich flog beinahe die Treppen hinunter, denn die Gefahr galt dem Rosenstock.
Beinahe lautlos öffnete ich die Tür und schlich mich hinaus. Die Nacht hätte beinahe romantisch sein können mit all den Sternen, die am Himmel funkelten, den Grillen, die zirpten, und dem süßen Duft nach Sommer, der in der Luft lag. Wäre da nicht.... Ja, wäre da nicht eine schwarz gekleidete Gestalt, die an den Wurzeln der Rosen herum scharrte.
Ich taxierte Statur und Bewegung ab und in einem günstigen Augenblick erhaschte ich im matten Schein der Lampe, die die Person bei sich hatte, einen Blick auf ihr Gesicht. Es war George. Offensichtlich war er mit dem, was auch immer er getan hatte, schon fertig. Ich konnte nicht anders. Ich musste ihn zur Rede stellen.
Ich gähnte laut und machte mich bemerkbar, als ich näher zu ihm heranschritt. Dann tat ich so, als ob mich seine Anwesenheit fürchterlich erschreckte.
„Was zur Hölle...! George?", rief ich entsetzt.
Auch er zuckte zusammen. „Oh. Hallo Ronna." Er ließ etwas in seine Jackentasche gleiten, so geschickt, dass es einem nicht so aufmerksamen Beobachter gar nicht aufgefallen wäre. „Was machst du hier draußen? Solltest du nicht in deinem Bettchen schlummern?"
„Das Gleiche könnte ich dich fragen. Seit wann bist du wieder hier?"
„Seit gerade eben." Ich sah ihm an, dass das wohl die Wahrheit war.
„Und da wolltest du dich erstmal an meinen Rosen zu schaffen machen?" Ich stemmte die Hände in die Hüfte.
„Sei vorsichtig. Hier kann es ziemlich gefährlich sein, nachts, draußen, alleine, als Frau." Er funkelte mich bedrohlich an. Das hatte jedoch keinerlei Wirkung.
„George, das kannst du vergessen. Fisch esse ich sehr gerne zum Abendbrot. Als Rollmops vielleicht. Eingerollt und aufgespießt!" Ehrlich, ich hasste Fisch. Aber sein leichtes Zusammenzucken war mir die reinste Wonne.
Er entblößte eine Reihe makelloser Zähne und lächelte von einem Ohr bis zum anderen: „Na sowas, da kann sich ja wieder jemand erinnern. Das werde ich gleich mal dem Oberkommando erzählen. Die haben sicherlich besondere Vorstellungen für deine Liquidation." Er stapfte von dannen.
Verdammt! Ich war ja so dumm! Dass er ein Fischmann war, hätte, konnte, sollte ich gar nicht wissen – wegen des Gedächtnisverlustes und so. Ich hatte mich verplappert! Jetzt musste es schnell gehen. Ich verfolgte ihn ins Innere des Hauses. Doch er war nirgendwo zu sehen.
Ich wagte mich noch einmal in den Keller zu diesem seltsamen Verschlag, aber auch dort keine Spur von ihm.
Missmutig kehrte ich zurück in mein Bett. Ich war auf einmal so müde. Wie von selbst dockte eine Ranke an meinem Arm an. Und ich schlief ein ohne die Rosen zu hören.
Ich erwachte. Irgendetwas war seltsam. Mein erster Blick fiel auf die Ranke an meinem Arm. Es war keine da. Mein ganzes Zimmer war Rosenfrei. Ich hastete zum Fenster und blickte nach draußen.
„The garden once so red, is now full of death", fiel mir die Textzeile eines Songs ein. Die Ranken waren tot. Sie hatten sich zurückgezogen und waren kraftlos zu Boden gesunken. Ich hatte versagt. All meine schönen Ranken, Blüten und Blätter waren verdorrt. Welches Gift er auch immer verwendet hatte, es war sehr effektiv. Viel effektiver als das vorherige.
„Silently you will pay...you will pay for this", setzte ich den Songtext fort und dachte an George, während ich einen traurigen Blick auf meine toten Freunde warf.
„Wer wird für was bezahlen? Wie sieht es denn hier aus?" Marius stand in der Tür, gutaussehend wie immer.
„George", knurrte ich mit bebenden Nasenflügeln. „Er hat die Rosen getötet."
Marius trat heran und warf einen Blick aus dem Fenster. „Sieht übel aus. Aber schön, dass du wieder unter uns bist." Er setzte zu einer Frage an, ich unterbrach ihn.
„Frag nicht. Außer dass ich stockwütend bin, geht es mir ausgezeichnet. Offensichtlich wussten die Rosen, dass das Gift, das er verwendet hat, zu stark ist und haben sich von mir getrennt, bevor es mich erreicht hat. Vielleicht galt seine Attacke gar nicht den Rosen sondern mir."
Marius schluckte: „Ja, das scheint mir logisch."
Mit Hundeblick sah ich Marius an: „Es gibt da noch etwas, dass du wissen solltest", druckste ich herum. „Ich habe mich verplappert. Er weiß, dass ich mich an die Fischmänner erinnere."
„Das ist nicht gut", sagte er knapp.
„Ich weiß." Ich war nicht nur auf George wütend, sondern am meisten wohl auf mich und meine Inkompetenz.
Wir gingen zum Schreibtisch hinüber und mein Blick fiel auf den ewigen Kalender.
„Du warst fleißig", stellte ich fest.
„Japp, dein Plan war gut. Der Kalender funktioniert, zumindest mechanisch. Uns fehlt nur der Strom", informierte Marcus mich.
„Nebensache. Zuerst müssen wir uns um das andere Problem kümmern."
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The Doctoress - Roses (6/Special)
FanficUrheberrechtlich geschützt! Copyright by rivka76 Eine Frau wird im Jahre 1857 in der Nähe von Glasgow gefunden. Anscheinend gab es einen Unfall mit der Kutsche. Sie leidet an Amnesie. Sie beginnt wieder zu leben und verliebt sich. Doch dann werden i...