Das erste, was ich nach Ankunft auf Lennox Castle tat, war mich auf mein Bett zu schmeißen und eine Rosenranke um meinen Arm zu schlingen. Die Rosen waren wieder gewachsen. Erheblich. Sie hatten das Gebäude von außen beinahe ganz eingenommen.
Was gibt's neues? Hat sich etwas ereignet auf Lennox Castle? wandte ich meine Gedanken an die Rosen.
Wir haben es gehört! Vieles wurde gesagt! antworteten sie.
Berichtet mir alles! forderte ich sie auf.
Ich lag lange auf meinem Bett und die Rosen gaben mir jedes einzelne Wort wieder, das in Lennox Castle gefallen war. Vieles war belanglos: Ein Streit zwischen Rachel und Armand, Hans trauerte immer noch, Jane und Raymond trugen sich mit dem Gedanken ein Kind zu adoptieren. Aber was George betraf, waren die Informationen der Rosen sehr interessant. Offensichtlich trieb er sich neuerdings gern in der Nacht im Keller herum um auf seltsame Weise für Stunden in einem Holzverschlag zu verschwinden. Bei mir schlugen sämtliche Alarmglocken und ich setzte mich kerzengerade im Bett auf. Sanft schob ich die Ranke von meinem Arm und blickte nach draußen. Es war finstere Nacht.
Wenig später knarrte die Treppe unter meinen Füßen, als ich auf dem Weg in den Keller war. Ich fand den Holzverschlag ohne weiteres. Skeptisch betrachtete ich ihn aus einem halben Meter Entfernung. Er sah genauso aus, wie der in der Flohmarktscheune. Ich trat näher und betastete ihn. Dieser hier war definitiv aus Holz. Doch der Riegel, er war merkwürdig. Ich beleuchtete ihn mit der kleinen Lampe, die ich aus meinem Zimmer mitgenommen hatte. Es war kein einfacher Riegel, es war ein Hochsicherheits-Riegel, der nur mit einer besonderen Drucktechnik zu öffnen war. Ich fummelte an ihm herum. Und ruckte und zuckte. Doch nichts geschah. Ich war wütend und ballerte mit meiner Faust darauf – wieder einmal hatte ich Glück. Der Riegel verbarg ein Zahlenschloss. Es schoss förmlich aus seiner Mitte hervor. Leider kannte ich die Kombination nicht und die Kombinationsmöglichkeiten waren unendlich.
„Mist!", fluchte ich und verschwand schimpfend wieder in meinem Zimmer. Ich konnte nicht schlafen. Vor meinen Augen zog eine Zahlenkombination nach der anderen vorbei. Selbst der betörende Rosenduft wirkte nicht.
Als der Morgen graute, stand ich gerädert auf. Das einzig Positive: keine Kopfschmerzen. Meinen Rosen gab ich die Order den Kellerraum zu überwachen und sich einzuprägen, welche Zahlen George an dem Schloss eingab. Sofort wuchs eine Ranke durch ein Kellerfenster.
Ein Bad später trudelte ich bei der spärlich besetzten Frühstücksrunde ein, die nur aus Jane und Marius bestand.
„Du siehst nicht gut aus, Liebes", gurrte Marius mit besorgtem Blick und drückte mir einen Schmatzer auf die Wange. Wie sehr musste ich dem Reflex widerstehen sie abzuwischen!
„Schlecht geschlafen", nuschelte ich und platzierte mein Hinterteil auf einem Stuhl neben ihm.
„Das ist bestimmt die Aufregung vor der nahenden Hochzeit", plapperte Jane in munterem Ton. „Ich habe schon angefangen Einladungen zu schreiben. Ihr müsst sie nur noch unterzeichnen. Ward ihr schon beim Schneider?"
„Mhmh", kam es aus Marius und meinem Mund gleichzeitig.
„Schön. Ich habe den Pfarrer für heute zum Mittag einbestellt. Dann könnt ihr mit ihm alles besprechen, was nötig ist. Fehlt uns nur noch das Essen. Was wollt ihr den Gästen kredenzen?"
„Jane, sei mir bitte nicht böse. Ich schätze deinen Einsatz wirklich, aber irgendwie fühle ich mich heute unpässlich", jammerte ich.
„Ist schon in Ordnung. Wir sprechen ein anderes Mal." Sie war so verständnisvoll.
„Vielleicht solltest du dich hinlegen. Irgendwie siehst du ziemlich bleich um die Nase herum aus." Marius betrachtete mich skeptisch und flüsterte: „Warum siehst du so blass aus? Du bist eine Timelady!"
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The Doctoress - Roses (6/Special)
FanfictionUrheberrechtlich geschützt! Copyright by rivka76 Eine Frau wird im Jahre 1857 in der Nähe von Glasgow gefunden. Anscheinend gab es einen Unfall mit der Kutsche. Sie leidet an Amnesie. Sie beginnt wieder zu leben und verliebt sich. Doch dann werden i...