„Musste das mit dem Termin denn wirklich sein?!", motze ich Marius an, während ich atemlos die Treppe zu meinem Zimmer hochstiefelte.
„Ja, musste es. Wie sollen wir sonst glaubhaft bleiben? Hast du Georges skeptischen Blick nicht gesehen? Der vermutet schon was ganz anderes", argumentierte Marius.
„Oh mein Gott, oh mein Gott. Wie soll ich das nur alles schaffen?" Ich griff nach der Türklinke.
Marius griff meine Schultern und drehte mich zu sich herum: „Du bist nicht umsonst die Doctoress. Du findest einen Weg und unter Druck funktioniert so manch ein Gehirn noch wesentlich besser. Je besser dein Gehirn arbeitet, desto schneller bist du aus dieser Hochzeitsnummer raus. Schon mal daran gedacht?"
„Ja, aus diesem Blickwinkel habe ich das noch gar nicht gesehen. Ich hoffe, du hast recht." Ich betrat das Zimmer: „Gute Nacht." Und knallte ihm die Tür vor der Nase zu. Sofern keine Beobachter da waren, musste ich auch kein Schauspiel abziehen.
Ich kuschelte mich in mein Bett und griff mir eine der Ranken, die sich sofort um meinen Arm wand. Süßer Rosenduft begleitete mich in den Schlaf.
Am frühen Nachmittag fuhren Marius und ich mit der Kutsche nach Glasgow. Wir hatten dort einiges zu regeln und zu kaufen. Mein erster Punkt war ein Besuch bei einem Uhrmacher.
Ich blickte durch das kleine Schaufenster in das Innere des Ladens. Selbiger war nicht sehr groß, die Wände mit dunklem Holz vertäfelt und mit Uhren bestückt, ein goldener Lüster hing von der Decke und ein kleiner Tresen mit Schaukasten verbarg die zum Verkauf stehenden Taschenuhren. Eine große Standuhr in einer Ecke des Raumes machte mich mit ihrem Pendel ganz nervös. Auf einem kleinen Tisch mit daneben stehendem grünem Sessel lag ein Katalog und ein samtgrüner Vorhang verbarg die dahinter liegende Werkstatt. Als ich mit Marius zusammen eintrat, erklang ein leises Glöckchen und der Vorhang wurde beiseite geschoben.
„Guten Tag! Was kann ich für sie tun?", wurden wir von einem Typen begrüßt, der mich nicht nur ein wenig an den verrückten Hutmacher von Alice im Wunderland erinnerte. Ich hätte schwören können, er war es, in bebrillter Form.
„Ich habe ein ganz besonderes Anliegen. Sie verkaufen, reparieren und bauen Uhren – ist diese Information korrekt?", erkundigte ich mich.
Er stockte: „Ähm, ja. Das ist korrekt. Warum?"
„Ich benötige verschiedene Bestandteile, die auch in Uhren verwendet werden für ... für ein ... Kunstwerk, das Herr Pontmercy und ich erschaffen wollen. Könnte ich die über sie beziehen?" Ich war bemüht meine eigentlichen Absichten nicht so gleich auszuplaudern.
Wiederum stockte er: „Naja, also, ich weiß nicht."
„Für einen guten Preis versteht sich", bot ich ihm an.
Er schien zu überlegen.
„Wir würden ihnen mit dem Kunstwerk auch keine Konkurrenz machen. Was sagen sie?", bohrte ich nach.
„Öhm, was brauchen sie den genau?" So langsam schien er interessiert.
Vorsichtig legte ich ihm eine Liste auf den Tresen, die sämtliche Zahnrädchen, Schrauben, Federn, Wellen, Klinken, Gehäuseteile und Ziffernblätter enthielt, die ich benötigte.
Er nahm sich die Liste und studierte sie. Dann zog er seine Brille tiefer zur Nase und sah mich über den Rand hinweg an.
„Das ist ganz schön viel. Das wird teuer."
Was ich schon immer mal sagen wollte, auch wenn es dumm war: „Geld spielt keine Rolle. Ach, und es wäre nett, wenn ich ihr Werkzeug benutzen dürfte."
Ohne Worte zog er den Vorhang beiseite und lud Marius und mich in die Werkstatt ein. An einem Platz etwas abseits stand ein Schreibtisch, an dem der Uhrmacher sehr wahrscheinlich seine Bücher führte.
„Schauen sie sich ruhig um. Ich rechne mal zusammen." Er schob sich auf den Stuhl an seinem Schreibtisch und zückte einen Bleistift sowie Papier.
Wir sahen uns um. Eine klassische Werkstatt mit allerlei Regalen in denen Arbeitsmaterialien gelagert waren, zwei Arbeitsplätze und schlechtes Licht. Wie konnte er nur in dieser Dunkelheit arbeiten?
Nach einer Weile hielt er mir dezent das Papier unter die Nase. Eine Summe, mit der ich schon gerechnet hatte, die aber machbar war. Er schien kein Kapital aus meiner Situation schlagen zu wollen. Wie ehrbar!
Ich nickte: „Wir machen es so."
„Gut. Ich habe nicht alles vorrätig. Wir müssen bestellen. Es wird ca. zwei Wochen dauern, bis wir alles da haben." Was für eine Hiobsbotschaft! Es ließ sich aber wohl nicht ändern.
„Zwei Wochen.... Gut. Wollen sie eine Anzahlung?" Ich schluckte trocken.
„Da dies alles so ungewöhnlich ist, werde ich eine schriftliche Bestellung aufnehmen." Er schob uns wieder durch den Vorhang in den Verkaufsraum. „Sie zahlen vorab. Ich kann es mir sonst nicht leisten."
„Sehr gern." Sanft stieß ich Marius an, der das Geld bei sich trug. Alles, was er in den vergangenen Monaten mit der Malerei erwirtschaftet hatte, ging für unser Bastelprojekt drauf. Er seufzte und zählte das Geld ab, während der Uhrmacher die Bestellung aufschrieb.
Nachdem wir alle Details besprochen hatten, kehrten wir zurück in Marius Atelier. Auf dem Rückweg hatten wir uns Papier besorgt, das ich nach unserer Ankunft auf dem Boden ausbreitete. Ich begann meine Ideen für die Flaschenpost aufzuzeichnen – es ging wie von selbst. Banal ausgedrückt hatte ich vor einen ewigen mechanischen Kalender zu bauen, der der Tardis immer exakt das Jahr, den Monat und den Tag sowie die Uhrzeit liefern würde, an der wir uns gerade befanden. Diesen würde ich dann gewaltigen Mengen von Strom aussetzen müssen um ein Signal über den Vortex zur Tardis zu senden. Im Grunde verstand ich gar nicht, was ich tat, ich tat es einfach. Und woher ich diese gewaltigen Mengen an Strom bekommen sollte, war mir vorerst auch egal. Zitteraale? Blitze? Auf das öffentliche Stromnetz konnte ich jedenfalls nicht zurückgreifen. Naja, irgendwie würde es schon gehen.
Marius betrachtete, wie ich Zahnrädchen für Zahnrädchen und Ziffernblatt für Ziffernblatt in meinen Plan einzeichnete. „Und das soll funktionieren?"
Ohne aufzublicken antwortete ich: „Wird es, wird es."
Wir blieben einen weiteren Tag in Glasgow. Zur Aufrechterhaltung unserer Tarnung statteten wir dem Schneider einen Besuch ab und bestellten unsere Hochzeitskleidung, bevor wir nach Lennox Castle zurückkehrten.
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The Doctoress - Roses (6/Special)
FanfictionUrheberrechtlich geschützt! Copyright by rivka76 Eine Frau wird im Jahre 1857 in der Nähe von Glasgow gefunden. Anscheinend gab es einen Unfall mit der Kutsche. Sie leidet an Amnesie. Sie beginnt wieder zu leben und verliebt sich. Doch dann werden i...