Neuer Tag

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Sie waren anscheinend die ersten die wach waren, dachte sie bevor die Haustür aufging und Phoebe rein kam. Als sie die beiden sah, grinste sie nur frech, wünschte einen guten Morgen und ging durch ins Wohnzimmer um sich an den bereits gedeckten Frühstückstisch zu setzen. Nur der Kaffee hatte noch gefehlt, aber den würde Kathryn ja nun mitbringen.

Nach und nach erschienen dann auch die Anderen am Tisch. Schweigend ging das Frühstück von statten.

Bis auf Kathryn und Chakotay schienen alle noch müde zu sein.

B'Elanna und Tom hatten die ganze Nacht damit zu tun, klein Miral zum schlafen zubringen, ehe diese bei Sonnenaufgang endlich für ein paar Stunden ihre Augen schloss. Die ungewohnte Umgebung verhinderte, dass das Kind zur Ruhe kam.

Gretchen und Owen hatten auch nicht viel geschlafen und Phoebe hatte viel zu lange,noch an ihren Vorbereitungen für ihren Unterricht der kommenden Woche gesessen und war akustisch unfreiwilliger Zeuge der sich im Hause liebenden Menschen geworden. Sie nahm es gelassen hin, wusste sie doch, dass dies nicht jede Nacht der Fall sein würde, da bis auf ihre Mutter, alle anderen nicht dort wohnten.

Owen flog mit Tom,B'Elanna und dem Baby nach dem Frühstück wieder nach Hause.

Sie verabschiedeten sich und Tom versprach mit Frau und Kind öfter mal vorbeizuschauen.

Kathryn half ihrer Mutter noch beim aufräumen.

Schweigend stand sie dann in der Küche, mit einer Tasse heißen Kaffee an die Theke gelehnt und überlegte, während Chakotay bei den Vorbereitungen fürs Mittagessen half. Es sollte Ratatouille geben, eines von Chakotays Lieblingsgerichten.

„Wo schläfst du heute Nacht?", fragte sie ihn plötzlich und erschrak selbst als sie sich reden hörte, denn eigentlich hatte sie es nur gedacht,dachte sie. Das sie es gleich aussprach, war so nicht geplant. Zumal ihr diese Art Gespräche im Beisein anderer, vor allem ihrer Mutter,unangenehm war.

Gretchen spürte die Anspannung ihrer Tochter, schwieg und tat so, als sei sie überhaupt nicht anwesend.

„Ich weiß nicht.Morgen beginnen die Debriefings. Aus Erfahrung weiß ich, dass wir uns während der Zeit nicht sehen dürfen.", antwortete er ihr.

„Dann bleib heute Nacht bei mir. Bitte! Die Zeit ohne dich wird schwer genug werden.", bat ihn Kathryn.

„Wir sehen uns doch im Hauptquartier.", gab Chakotay zurück.

„Sicher, aber Owen meinte, wir werden nie alleine sein. Das halte ich nicht aus."

„Du hast meine Gegenwart sieben Jahre ausgehalten ohne mir wirklich nahe zu sein. Du schaffst diese Woche ganz sicher.", versprach er ihr.

„Nimm einem fast Blinden die Brille weg, nachdem er erkannt hat, wie schön Sehen sein kann.", sprach sie und ging mit ihrer Tasse ins Wohnzimmer ohne ihn noch einmal anzusehen.

„Du solltest ihr folgen.", riet Gretchen ihm. „Ich komm hier schon alleine klar. Geh nur, sie braucht dich jetzt."

Wenn jemand Kathryn wirklich kannte, dann war es Gretchen. Ihre Tochter glich ihrem Vater im Charakter wirklich eins zu eins.

Ohne etwas zu erwidern, legte er das Messer ab, wusch seine Hände und ging Kathryn ins Wohnzimmer hinterher.

Als er die Küche verließ, betrat Phoebe diese und fragte ihre Mutter: „Was ist mit Kath los? Sie steht drüben am Fenster und schaut reglos in den Himmel."

„Chakotay ist gerade auf dem Weg zu ihr. Lass die beiden mal alleine, sie haben was zu regeln."

„Worum geht's denn Mum?"
„Weißt du mein Schatz? Du kannst zwar alles essen, aber nicht alles wissen. Das müssen die zwei unter sich klären, dahaben wir uns nicht einzumischen!"

Phoebe wusste, dass sie nicht weiter nachhaken brauchte. Ihre Mutter würde nichts preisgeben, das wusste sie aus Erfahrung.

„Ich geh dann mal in mein Zimmer, hab da noch ein paar Padd's die ich für den Unterricht noch programmieren muss.", sagte Phoebe und verließ die Küche in Richtung Treppe.

„Ich hätte nie gedacht, dass mir die Sterne mal so fehlen würden.", sagte Chakotay, als er hinter sie getreten war und mit ihr in den Himmel sah.

„Das kommt mir bekannt vor. Ich habe mein Bett im Appartement soweit verschoben,dass ich im Liegen in den Sternenhimmel sehen kann."

Chakotay griff an ihre Schulter und dreht sie zu sich, um sie in den Arm zu nehmen. Leise fing Kathryn an zu weinen. Das Chakotay nicht fragte warum, war ihr nur recht, denn sie wusste nicht einmal warum sie das tat, aber es tat gut.

Er hielt sie bis sie sich beruhigt hatte. Dann schob er sie sanft in Richtung Sofa und setzte sich. Sie zog er sich aufs Knie. Kathryn legte ihren Kopf auf seine Schulter und schwieg.

Leise begann Chakotay zu reden: „Wenn du es willst, bleib ich heute Nacht natürlich bei dir. Ich wollte dir nicht das Gefühl vermitteln, dass es mir egal ist, dass wir uns ab unserem Termin morgen, bis zum Ende der Gespräche nicht mehr privat sehen dürfen. Es wird mir mindestens genauso schwer fallen wie dir, dich nicht berühren oder gar küssen zu dürfen. Du wirst mir wahnsinnig fehlen, Kathy. Ich liebe dich!"

„Ich liebe dich auch, Chakotay. Es tut nur so weh zu wissen, dass wir uns täglich sehen werden, aber außer eine 'Hallo' und 'auf wiedersehen' nicht miteinander reden dürfen. Wie soll ich nur ohne dich überleben?"

„Warum bleibst du dann ab morgen nicht einfach hier bei deiner Mum über Nacht. Dann bist du nicht alleine und ich weiß, dass jemand nach dir sieht.", schlug Chakotay ihr vor.

Man sah dem Paar auf dem Sofa den Altersunterschied überhaupt nicht an. Mit seinen 49 Jahren war Chakotay immerhin 15 Jahre älter als Kathryn. Als er damals erfuhr das die kleine Frau gerade einmal 27 Jahre alt war, bei ihrem Verschwinden in den Badlands, hätte er den Informanten am liebsten Kiel holen lassen.Aber was sollte er denn ohne seinen Computer machen? Sämtliche Transaktionen fanden darüber statt. Den konnte er nicht einfach in den dunklen Raum werfen.

Mit der Zeit stellte sich aber heraus, dass ihr Führungsstil absolut nichts mit ihrem Alter zu tun hatte. Sie war knallhart wie ein Klingone, wenn es sein musste aber auch liebevoll wie eine Mutter. Die Crew vergötterte sie und er verliebte sich unsterblich. Anfangs schallte er sich, weil er so viel älter war, aber seine Gefühle interessierte das nicht im geringsten. Auf New Earth stellte sich dann heraus, dass sie nicht anders empfand als er. Doch leider war ihre gemeinsame Zeit zu zweit nur auf drei Monate beschränkt, bevor sie von der Voyager wieder abgeholt wurden. Von diesem Zeitpunkt an, war Kathryn wieder unerreichbar für ihn. Vier weitere lange Jahre musste er mit ansehen, wie sie sich jegliche Zweisamkeit verbot. Mehr als ihre gemeinsamen Abendessen gestattete sie sich selbst nie.

Und heute weinte sie, weil sie nicht einen Tag mehr ohne ihn sein wollte.

Eine Klasse für sichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt