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Wir packten unsere Sachen, verabschiedeten uns rasch und machten uns auf den Weg zur Trainingshalle. Ich auf meiner Suzuki, Steffen in seinem VW. Nach 20 Minuten kamen wir knapp vor 11 an. Ich ging mit ihm in die Kabine und zog mich schnell auf der Toilette um, da ich nicht darauf bestand, von den Männern angestarrt zu werden. In der Halle begrüßte ich die Jungs. "Hey", rief ich lautstark. Alle drehten sich um und kamen zu mir. Ich umarmte so ziemlich jeden, ausgenommen natürlich Alfred Gislason. Er war damit einverstanden, dass ich das Training absolvieren würde. "So, jetzt erstmal Aufwärmen. Danach üben wir Spielzüge. Andi ihr macht extra Training", verteilte der Trainer die Rollen. Wir machten uns warm, übten ein bisschen Schnelligkeit und Reaktion. Es war eigentlich ganz lustig, denn Andi regte sich über jeden meiner gehaltenen Bälle auf, also über fast jeden Torwurf. "Wo ist eigentlich Niklas Landin?", fragte ich verwundert. 
"Er hat sich bei einem Länderspiel mit Dänemark verletzt und fällt wahrscheinlich die ganze Saison aus", erwiderte er traurig. Die Beiden sind echt gute Freunde, das merkt man wie Wolff über ihn spricht. "Wer ist dein Back-up?" 

"Ich habe keinen. Die THW Youngsters können bei uns nicht eingesetzt werden und wir können keinen mehr traden. Wenn ich also schwerwiegend verletzt sein sollte, muss von den Feldspielern wer rein." Oha, das ist schlimm, das wusste ich aus Erfahrung. Feldspieler sind nicht dafür geeignet, im Tor zu stehen. Außerdem ist das unfreiwillig. 

"Mies. Was machen wir je-?", ich wollte gerade etwas fragen, da stellte Alfred uns Rune und Ole Rahmel hin, um Würfe von den Außenpositionen zu üben. Magnus und Niclas folgten kurz darauf. Ich machte meine Sache gut, was hätte man auch sonst erwartet, aber Andi war kurz vorm Ausrasten. Und als Magnus ihm einen Ball versehentlich auf die Brust warf, war das Fass am Überlaufen. "Was soll die Scheiße? Pass doch auf, wo du hinwirfst!", schrie er Magnus an. Der Arme, er wollte Andi nicht widersprechen, was wahrscheinlich die beste Lösung war. Der Torwart stürmte an ihm vorbei und verschwand aus der Halle. Alfred kam zu uns und fragte, was los sei. "Er ist ausgerastet, weil ich ihm mit Ball an Brust geworfen habe", meinte Magnus mit dänischem Akzent. Der Trainer nickte wissentlich und verschwand wieder. Komische Aktion.

"Ist Andi immer so?" 

"Nein. Eigentlich nur, wenn ihn irgendetwas extrem aufregt. Er hasst es zu verlieren", meinte Rune, der zu uns kam. 

"Toll, also bin ich schuld. Ich spaziere hier als 17-jähriges Mädchen herein, überrasche alle, indem ich extrem viele Bälle abfange und alle sind begeistert von mir. Er ist nur zweite Wahl. Es war nie meine Absicht, ihn schlecht dastehen zu lassen", meinte ich niedergeschlagen. 

"Hey, es ist nicht wegen dir", wollte auch Ole mich aufmuntern.

"Wir wissen alle, dass es mit mir zu tun hat", sagte ich und die Anderen widersprachen nicht. "Leute seid mir nicht böse, aber ich gehe jetzt. Ich will Andi seinen Ruhm nicht wegschnappen und das Team nicht stören. Die 2 Tage waren schön mit euch. Wir sehen uns", verabschiedete ich mich schnell, sagte Alfred Bescheid und bedankte mich mehrfach.
Ich stieg in Trainingsklamotten auf mein Motorrad und fuhr zu Steffen nach Hause. Ina war im Haus und passte auf Jakob auf. Ich erklärte ihr die Situation und sie verstand mich. Ich zog mir schnell eine Jogginghose und den Hoodie meines Bruders an, nahm meine Sachen und verabschiedete Ina und Jakob. Ich bat sie, Steffen meinen Dank auszurichten für alles, was er für mich getan hat Ich werde den Kleinen vermissen. Mit meiner Suzuki durchquerte ich halb Kiel und überlegte, was ich jetzt tun würde. Ich hatte absolut keine Pflichten. Keine Uni, keine Familie, keinen Job. Ich war komplett frei. Ich könnte nach Schwerin zurückgehen, aber ich mochte Kiel. Das Meer, die Stadt, die Leute, es war einfach super. Irgendwann gegen Nachmittag setzte ich mich in ein Cafe und überlegte, wo ich bleiben könnte. Das Team schloss ich von vornherein aus. Ein Hotel könnte ich nehmen, aber das wird teuer. Ich könnte Dominik fragen, er ist ein netter Mensch, vielleicht kann ich bei ihm nächtigen. Ich kramte mein Handy aus meiner Tasche und suchte Dominik in meinen Kontakten. Leider hatte ich seine Nummer nicht. 

Ich erinnerte mich zurück an die letzten zwei Tage, vielleicht fand ich so irgendwie heraus, wo er wohnt. Das passierte zwar nicht, aber ich erinnerte mich an seine Nummer, denn ich hatte bei Steffen im Haus einen Zettel mit seiner Nummer gesehen. Danke Hyperthymesie, du hast mir den Tag gerettet. Ich rief ihn an und er nahm nach dem dritten Klingeln ab. 

"Klein?"

"Hey, Mini. Maeve hier."

"Oh hi, Maeve. Wie geht es dir?"

"Ganz gut, danke der Nachfrage."

"Womit kann ich dienen?"

"Ich wollte eigentlich fragen, ob ich bei dir pennen kann, denn ich hab mich gerade ein bisschen mit den Jungs gezofft."

"Klar, komm vorbei." Er nannte mir noch seine Adresse und ich machte mich sofort auf den Weg. 

Er wohnte in einem Einfamilienhaus am anderen Ende von Kiel. Es ist eine schöne Gegend mit hübschen Häuschen, die ganz bestimmt nicht billig waren. Ich klingelte an einem gelben Haus mit der Nummer 38. Eine Frau öffnete mir die Tür, ein kleiner Junge spielte im Hintergrund. 

"Du bist Maeve, oder? Komm doch rein", begrüßte sie mich freundlich. Ich bedankte mich und trat ein.  Dominik kam auch sofort und umarmte mich. "Das ist meine Frau Isabell und mein Sohn Colin", stellte er seine Liebsten vor. "Komm doch ins Wohnzimmer. Sachen kannst du hier stehen lassen." "Danke." 

Isabell verschwand auch schon wieder, denn sie traf sich mit ihren Mädels. Ich lies mich auf die Couch fallen und schloss einen Moment die Augen. "Na los, erzähl. Was ist passiert?" 

"Ach Andi ist richtig ausgerastet. Wenn du von den Jungs was über mich gehört hast, weißt du auch warum."

"Hm, er ist launisch, da hast du recht. Er hasst es zu verlieren. Aber nimm es ihm nicht übel. Er mag dich. Die Sache mit Niklas (Landin) setzt ihm auch zu, weil er weiß, dass er keinen Fehler machen darf."

"Ich bin ihm nicht böse, auf keinen Fall. Ich möchte das Team bloß nicht auseinanderbringen. Sie sind eine geile Truppe und das will ich nicht zerstören."

Ich will nicht schon wieder jemanden verlieren. Meine Familie hat gereicht, da sollen Außenstehende nicht mit hineingezogen werden.

"Ja, das kann ich schon verstehen. Aber du tust ihnen gut. So viel Spaß wie gestern hatten sie lange nicht." 

Ich sagte nichts. Seine aufmunternden Worte taten so gut. Ich liebte seine Art, in jedem das Positive zu sehen. "Danke", meinte ich nur.

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Neues Kapitel endlich... was denkt ihr was passiert?

Sport ist mein Leben (THW Kiel FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt