Kapitel 19

3.3K 97 3
                                    

Cayden POV

Heute ging ich mal direkt von der Arbeit nach Hause und sah dort als erstes nach Liam. Nicht weil ich besorgt war, sondern weil ich schlichtweg aus dem Grund, dass ich keine Lust hatte, mich wirklich um ihn kümmern und ihn gesund pflegen zu müssen, nicht wollte, dass er noch wirklich krank wurde. Solange er nicht wieder direkt auf mich zielte, war es nicht schlimm, wenn er ein bisschen niesen musste und auch husten konnte er von mir aus so viel er wollte, er sollte bloss kein Fieber bekommen und ernsthaft krank werden. Das würde sonst einen Haufen Arbeit geben, worauf ich gut und gerne verzichten konnte.

Liam schlief, das war gut. Da ich ihn jetzt auch nicht unbedingt aufwecken wollte, nur um zu fragen, wie es ihm ging, streckte ich eine Hand zwischen den Gitterstäben durch und berührte seine Stirn. Normal. Zufrieden zog ich die Hand wieder zurück, dann konnte ich ja jetzt doch mit Leyla spazieren gehen, wenn er sowieso noch schlief.

Ich tat das dann auch und überlegte zuerst noch ein wenig. Was sollte ich machen, wenn er doch noch krank werden würde? Sollte ich mich um ihn kümmern oder ihn einfach entsorgen? Ich konnte mich nicht entscheiden und beschloss deshalb, die Gedanken einfach zu verwerfen und zu entscheiden, wenn es dann soweit war. Anstatt mir den Kopf über etwas im Prinzip so belangloses zu zerbrechen, konnte ich ja auch den Spaziergang mit meiner Hündin geniessen. Ich sah dann auch zu Leyla runter und musste leicht lächeln, die Stadt lag hinter uns und doch lief sie noch weiterhin neben mir, obwohl sie ja auch rumrennen könnte. Plötzlich blieb sie stehen und sah zurück, sofort folgte ich ihrem Blick und kreuzte den eines mir fremden und doch irgendwie bekannt vorkommenden Mädchens. Sie lächelte leicht und winkte. Ich winkte zurück, der Höflichkeit zuliebe. Danach blickte ich kurz zu dem Hund, den sie bei sich hatte. Es war ebenfalls ein Golden Retriever, der allerdings dunkler als mein eigener war. Aber er passte gut zu dem Mädchen, sein Fell war fast genauso rot wie ihr Haar und auch ihre braunen Augen waren ziemlich ähnlich, auch wenn die des Mädchens mehr an die eines Rehs erinnerten.

"Hallo, Cayden", sagte sie grinsend und ich ihr sah sofort wieder direkt ins Gesicht. Mit den Sommersprossen und den feinen Zügen sah sie eigentlich recht jung aus, viel jünger als ich, aber es handelte sich nur um ein paar Jahre und nicht mehr, wenn es denn sie war. Aber es musste sie sein. "Jane?", fragte ich, ein Hauch von Unglauben lag in meiner Stimme. "Du kennst mich also noch", irgendwie klang sie erleichtert. Während ich automatisch stehen geblieben war, war sie weitergegangen und nun war sie bei mir. Sie umarmte mich. Legte die Arme um mich, schmiegte sich fest an mich und legte den Kopf an meine Brust. Instinktiv versteifte ich mich und spannte mich an, stiess sie schlussendlich aber doch nicht weg, auch wenn mir das ganz und gar nicht behagte. "Was ist? Magst du mich nicht mehr?", kam etwas gekränkt von ihr und sie liess wieder von mir ab, zum Glück. "Ich hab das nicht erwartet", ging ich nicht auf ihre zweite Frage ein und sah sie einfach so an. Ich meinte damit nicht nur die Umarmung, sondern mehr, dass ich sie überhaupt wiedersehen würde. Ich hatte sie schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Eigentlich war es ein Wunder, dass sie mich noch erkannte, denn im Gegensatz zu ihr hatte ich mich doch eher stark verändert.

Jane schien zu denken, wir wären noch immer Freunde, das waren wir aber nie gewesen. Und dennoch wies ich sie nicht zurück, sondern beantwortete all ihre lästigen Fragen. Wie geht es dir? Was machst du so? Mit wem triffst du dich so? Alles unwichtig, irrelevant, eigentlich nicht interessant für sie, die nichts mehr als eine flüchtige Bekanntschaft war. Doch sie schien anders zu denken. Egal, wie knapp meine Antworten ausfielen, sie hielt einfach nicht die Klappe und fand immer irgendeine neue Frage, mit der sie mich belästigen konnte. Da ich es langsam nicht mehr aushielt, sagte ich einfach, dass ich noch einen Gast erwarten würde und mich auf den Heimweg machen müsste. Normalerweise ging ich viel weiter, genoss so einen Spaziergang wirklich, aber jetzt wollte ich einfach nur noch weg von ihr, auch wenn das hiess, dass ich mit meiner Leyla schon wieder zurück müsste. Immerhin schien diese sich mit Janes Hund zu verstehen.

Die Rothaarige begleitete mich auch auf dem Rückweg und klebte mir, wie ein Kaugummi, an den Fersen und war einfach nicht loszuwerden. Ich hatte genug von ihren Fragen, weshalb ich das Gesprächsthema dann einfach auf Hunde lenkte. So erfuhr ich, dass ihrer offenbar Leo hiess. Eigentlich war er ganz schön, nur nicht richtig erzogen. Plötzlich rannte er dann einfach in die Strasse, trotz der Tatsache, dass ein Auto kam. Ich rief laut seinen Namen und machte einen Schritt nach vorne, um ihn aufzuhalten, wurde aber selbst von Jane aufgehalten. Ich schüttelte ihre Hand ab und wandte den Blick nicht von der Strasse ab. Leo hatte es auf die andere Seite geschafft, die Katze war auch auf einem Zaun in Sicherheit. Ich entspannte mich wieder etwas und verabschiedete mich kühl von Jane, da wir glücklicherweise bei meinem Haus angekommen waren. Irgendwie hatte sie jetzt gerade so gehandelt, als ob es ihr egal wäre, wenn ihr Hund von dem Auto überfahren worden wäre. "Auf Wiedersehen, Cay-Cay", sagte sie mit ihrer Stimme, die man eigentlich eher einem Kind zuordnen würde. Im Kopf war sie wohl auch noch eins. Sie verhielt sich wirklich so. Und diesen Spitznamen hatte sie auch noch nicht losgelassen, obwohl sie genau wusste, dass ich ihn schon damals nicht gemocht hatte.

Ich betrat mein Grundstück gefolgt von Leyla und drehte mich an der Tür angekommen nochmals kurz um. Jane stand immernoch an der selben Stelle und winkte mir zum Abschied, immerhin war Leo jetzt wieder bei ihr. Ich winkte zurück und ging dann rein. Endlich zuhause.

Ich verdrängte die Gedanken an Jane und verhielt mich Liam gegenüber wieder möglichst normal. Ich liess ihn auf die Toilette gehen, gab ihm eine Suppe während ich selbst was richtiges ass und tat ihn zurück in seinen Käfig. Danach las ich selbst noch etwas, konnte mich aber nicht wirklich konzentrieren. Irgendetwas hatte mich an Jane gestört. Nicht nur dass sie an und für sich nervig gewesen war, da war noch etwas gewesen, das mir keine Ruhe liess. Ihr Blick. Aber auch wenn ich den sogar jetzt noch direkt vor Augen hatte, so konnte ich ihn nicht deuten. Ich seufzte und begab mich ins Bett. Dort lag ich einfach nur da und starrte in die Dunkelheit, eine Hand ruhte auf Leylas Kopf. Ich wusste nicht, was ich von diesem Zusammentreffen heute halten sollte. Nur etwas war klar. Und das war, dass ich hoffte, dass Jane wieder verschwinden würde.

Ein neues Haustier?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt