Nolan
Wie gebannt starrte ich auf das Schauspiel was sich vor meinen Augen abspielte. Aylana drehte sich verwirrt um und erstarrte dann ebenfalls. Wie zwei Salzsäulen standen wir da und sahen Calev zu, wie er sich gegen eine riesige Kreatur stemmte.
„Ich hatte mit suchen nicht anlocken gemeint“, murmelte sie fassungslos. Ich hatte ein niedriges Vorwissen wenn es um Flora und Fauna ging, aber dieser Fall war mir durchaus bekannt. Eine Venus, die mit ihrem dimensionalen Kopf nur darauf wartete Fleisch zu verschlingen.
Wie kam Calev bitte dazu, sich in solch immense Gefahr zu begeben ?Mein Verstand trieb mich an etwas zu tun und ich rannte ohne lange darüber nachzudenken Calev zu Hilfe. Dieser windete sich gerade aus der Fangschlinge der Venus. Ich entfernte rasch die Schlinge und Calev drückte eine andere von sich.
„Wie viele Arme hat das Viech überhaupt ?“, japste er und duckte sich unter dem nächsten breiten Arm. Ich tat es ihm gleich und trat meinen Rückzug an. Bevor ich diesen allerdings ausführen konnte schlang sich ein heimtückischer und lästiger Arm um meinen Bauch und hob mich mit Leichtigkeit vom Boden.
Calev reagierte schnell und zog an meinem linken Bein. Doch auch an ihm bereicherte sich die Venus und zerrte an ihm, bis er sich löste. Nun hing er zappelnd kopfüber in der Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Beide Arme hob die Pflanze nun hoch und schlug den Weg Richtung Maul ein. Calev schrie wie am Spieß und wand sich so viel er konnte. Meine Arme versuchten währenddessen so viel Kraft wie möglich zu investieren, um den geschlungenen Arm von mir zu lockern.
Als Gegenleistung drückte sich die Schlinge enger zu und ich drehte meinen Kopf fast schon panisch zu Aylana. Sie stand aber nicht mehr an der vorherigen Stelle, sondern rannte geradewegs auf uns zu. „Keine gute Idee Gänseblümchen“, versuchte ich ihre Idee auszureden, aber sie legte nur ihre Tasche weg und hielt vor dem Rumpf der Venus.
Diese reagierte genervt und wollte ebenfalls nach ihr greifen, aber sie hob abwehrend die Hand und legte diese anschließend auf den zurückgewichenen Arm. Sie murmelte irgendwelche Sätze vor sich hin, die ich nicht verstehen konnte, weil sie zu leise war.
Calev unter mir klappte der Mund vor Entgeisterung auf und ich verstand seine Lage. Mir ging es gestern so ähnlich und ich wollte zunächst auch nicht glauben, was sie alles konnte. So dämlich es auch klang, sie rettete uns mit ihrem geheim gehaltenen Talent. Nun ein nicht mehr ganz so geheim gehaltenes Talent.
„Lass sie bitte gehen. Sie sind manchmal impulsiv“, bat Aylana die Venus flehend. Diese schwenkte ihre Arme Richtung Boden zurück und schnurrte auf einmal wie eine Katze. Die letzten Meter über dem Boden öffnete sie beide Schlingen und wir kamen auf dem Stein auf. Ich auf meinen Füßen und Calev rollend. „Sie wollten nur heldenhaft dastehen“, grinste Aylana und sah belustigt zu uns. Empört schnaubte ich laut und sah zu Calev, der auf dem Boden saß und Aylana anstarrte, wie sie sich mit der Venuspflanze über uns lustig machte.
Ich lief auf die beiden zu und wurde von der Pflanze bedrohlich begutachtet. Sie fletschte die Zähne und brachte mich zum inne halten. „Alles okay, er ist in Ordnung“. Aylanas beruhigende Stimme setzte mich in Erstaunen. Sie konnte nicht nur der Venus die Angst nehmen, sondern auch mir in diesem Moment, als sie mich aufforderte zu ihr zu kommen.
Ich tappte also mit kleinen Schritten zu ihr, bis ich neben ihr zum Stehen kam und unter der Pflanze stand. „Wir haben eine Bitte an dich. Ich benötige für ein Ritual einen Giftstachel von einer Steinvenus wie dir um weitermachen zu können. Ich möchte nämlich ein Buch öffnen, wofür ich erst einmal einen Schlüssel finden muss. Würdest du uns helfen ?“. Die Venus sah Aylana ruhig an und lauschte ihrer angenehmen Stimme, dann beugte sie ihren Kopf seitlich, um ihn um ihren Körper zu legen und einen silberfarbenen Stachel vor uns auf den Boden zu legen.
„Danke“, bedankte sich Aylana und packte den Stachel ein, der nicht viel größer als meine Hand war. Dann nickte sie und trat einige Schritte zurück ehe sie sich nach Calev umblickte, der sie immer noch anstarrte. „Okay Jungs, wir müssen los“, verkündete sie enthusiastisch und trat den Rückzug an. Calev stöhnte genervt und wir trotteten ihr wie treue Hunde hinterher. Sie schlug sich vor uns wacker durch das meterhohe Gras und es war faszinierend zu beobachten wie sich die Natur ihr hingab.
Ging sie auch nur ansatzweise in eine Richtung neigten sich die Grashalme auseinander und boten ihr einen sicheren Weg, aber sobald sie durchgeschritten war, sprangen die Halme in ihre Ursprungsform zurück und hinderten uns beide am weitergehen. Immer wieder schlugen wir Grashalme beiseite, da sie vor unseren Gesichtern herumwedeln wie Zarley, wenn er unbedingt meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte.
Nach mühsamen Minuten kamen wir wieder bei meinem Rato an und Aylana blickte in den Himmel statt zu uns nach hinten. Ich sperrte das Rato auf und wir begaben uns in das Innere des Wagens. Ich drehte mich nach einigen Sekunden des Stillschweigens zu ihr um: „Und wohin geht es jetzt ?“. Sie tippte sich überlegend an ihr Kinn: „Wenn ich das nur wüsste“. Calev drehte sich jetzt ebenfalls zu ihr: „Was genau brauchst du denn ?“. „Einen 700 Jahre alten Kompass, ein Amulett und eine Meerjungfrauenträne“.
Calev hob unwissend die Hände und ließ angestaute Luft aus seinem Mund entweichen. In meinem Gehirn arbeitete es auf Hochtouren. Ich hatte eine Idee und diese könnte ich zeitgleich als Dankeschön verwenden, da sie mir schon wieder den ‚Arsch gerettet‘ hatte, wie sie zu sagen pflegte.
„Schnallt euch an. Nächste Station Nereid“.
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Habt ihr bisher einen Lieblingscharakter ? ^-^
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Revival of Society
Science FictionWir schreiben das Jahr 3430. Die Menschen bewohnten den Planeten Erde bis zur Eskalation im September 2030. Ein Reaktorunfall verursachte das Ende der Welt und die Bewohner waren gezwungen ihren verseuchten Planeten zu verlassen. Das Komitee besch...