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Aylana

Warum hatte meine Urgroßmutter mir ein Tagebuch hinterlassen ?
Hatte sie es versehentlich zwischen die Familienbücher gelegt ?
Ein Tagebuch war etwas persönliches was nicht zwischen Romanen verloren gehen sollte.

Ich bemerkte Nolans fragenden Blick auf mir ruhen und zuckte mit den Schultern. Ich war genauso ratlos wie er und entfaltete den Zettel, den mir die weiße Beere vorhin überreicht hatte. Fein und säuberlich waren 4 Stichpunkte aufgelistet.

• Kompass
• Dorn einer Steinvenus
• Meerjungfrauenträne
• Amulett

Ein kleiner Abschnitt liefert die Erklärung.

Um das Buch zu öffnen wird ein Schlüssel nötig sein. Finde die aufgelisteten Dinge und es wird dir dein Vorgehen erläutert wie es das Schicksal vorgesehen hat. Das einzige was ich verraten darf ist, dass du den Dorn zuerst aufsuchen musst.

Ich las mir den Zettel ein weiteres Mal durch, vielleicht hatte ich etwas überflogen. Dies war auch nach mehrmaligem Wenden nicht der Fall und ich reichte Nolan das Blatt weiter. Er runzelte die Stirn: „Was soll ich damit ?". „Lesen ?". Er wendete das Blatt mehrmals und sah mich verständnislos an: „Da steht aber nichts".

Ich legte meinen Zeigefinger auf das geschriebene und wischte darüber: „Aber hier...". Er unterbrach mich: „Ich weiß nicht was du dir da einredest zu sehen, aber ich sehe nur ein unbeschriebenes Blatt".

Ich verstummte und ließ meine Hand sinken, vielleicht konnte er es nicht sehen, weil er nicht dieselbe Gabe wie ich besaß ? Schließlich machte er nicht den Eindruck als würde er die Antworten der Tiere und Pflanzen hören.
Wenn Nolan nichts darauf sehen konnte, ergeht es dann anderen genauso ?
War ich in ihren Augen eine Spinnerin oder Verrückte ?

Nolan wedelte mit dem Blatt vor meiner Nase herum: „Schockiert dich die Erkenntnis oder warum redest du nicht mehr ?". Ich stand auf und krallte mir einen Stift um auf das Blatt zu malen. Ein einfacher Smiley zierte nun die Liste und Nolan begutachtete ungläubig mein Werk: „Du malst ernsthaft einen Smiley auf das Blatt anstatt es für etwas sinnvolles zu benutzen ? Muss ich mir Sorgen machen ?".

Frustriert fuhr ich einzelne Buchstaben der Wörter nach, aber er zuckte immer noch mit den Schultern: „Wie machst du das ? Du schreibst mit immensem Druck und trotzdem kommt nichts auf das Blatt".

Endgültig sauer warf ich den Stift weg und knickte das Blatt, um es mitsamt des Tagebuchs in meiner Tasche zu verstauen. „Ich muss nach Megaclite. Wie sieht es aus, hast du noch Zeit oder musst du nach Hause ?". Seine Iris verdunkelte sich drastisch: „Nein, ich werde so schnell nicht erwartet". Ich warf ihm einen verwirrten Blick zu, den er ignorierte und sich stattdessen mit seinen Fingern an meiner Tagesdecke vergriff. „Habe ich etwas falsches gesagt oder warum massakrierst du meine Decke ?".

Er schüttelte stumm den Kopf und der Ruf meiner Mutter ließ uns zeitgleich aufschrecken. „AYLANA HILL. WO STECKST DU ?". Ihre Stimme triefte vor Wut, so als hätte sie von dem heimlichen Besucher gewusst. Ich sand Stoßgebete in den Himmel, dass sie nichts davon wusste.

Ich nahm generell keinen Besuch mit und wenn sie dann noch männlichen Besuch wahrnahm war sie an der Decke. Das Topping wäre seine Identität, die ich ja nicht einmal selber kannte.

Ich drücke ihn unter mein Bett was er ohne Widerrede befolgt und sich runterquetscht. Rasch ließ ich meine Tasche verschwinden und zog meine Jeansjacke aus. Da steckte meine Mutter auch schon ihren Kopf durch den Spalt der Tür. „Wo warst du ?". Ich wand mich meinem Schreibtisch zu: „Spazieren".

Sie schritt ins Innere des Zimmers und bückte sich gefährlich nahe an mein Bett herunter, um etwas aufzuheben. Sie fuchtelte mit ihren Händen herum: „Und du siehst es nicht ein Mrs. Jepson zu helfen, nachdem sie einen Sturz hatte ?". Ich stöhnte genervt: „Es war schon jemand da und wir wissen beide, dass deine Gene mich ausgelassen haben". „Wessen Tochter bist du überhaupt", seufzte sie und sah sich im Zimmer um.

„Aufräumen liegt meines Wissens nicht in den Genen und trotzdem schaffst du es nicht so ordentlich wie Marley zu sein". „Marley ist auch euer Liebling. Klar, dass er euch damit in den Allerwertesten kriecht". Tadelnd sah sie mich an: „Dein Bruder ist im Gegensatz zu dir richtig auf diesem Planeten. Wäre unser Nachbar noch ein angestellter statt pensionierter Wächter hätte er dich aufgrund fehlender Grundeigenschaft ins Weltall katapultiert".

Ich verdrehte hinter ihrem Rücken die Augen und sie nahm das Buch vom Fenstersims, welches Nolan vorhin ebenfalls in der Hand hatte. „Du solltest aufhören diesen Blödsinn zu lesen. Vielleicht verstehst du meine Einstellung dann besser". Ich stand auf und trat auf sie zu, um das Buch wegzunehmen, aber sie hielt es weg: „Warum sind deine Haare nass ?". „War duschen", versuchte ich überzeugend zu behaupten.

„Ich werde die Bücher eine Weile lang evakuieren, damit du lernst warum du hier bist und wie wichtig das ist". Ich protestierte: „Aber deshalb musst du mir nicht meine Andenken an Urgroßmutter wegnehmen". Sie schüttelte spezifisch den Kopf und ging aus dem Zimmer.

Ich warf frustriert meine Arme in die Luft und schloss meine Tür ab: „Du hast gerade mehr über mich erfahren als ich von dir, ist es fair einen Ausgleich zu verlangen, den ich jederzeit einfordern kann ?". Nolan streckte seinen Daumen nach unten und zog sich raus. „Nein, aber weil ich nett bin sage ich ja, wenn deine Fragen begrenzt sind".

Ich nickte und schlang meine Arme um mich. Er stand mittlerweile vor mir und musterte mich ohne sich dafür zu schämen es so direkt zu tun. Ich starrte ihn ebenfalls an und lauschte seinem gleichmäßigem Atem. Ich wurde zunehmend nervöser unter seinem Blick und mein Kopf spannte ein wenig, weil ich ihn in den Nacken legen musste, um in sein Gesicht zu sehen.

Er befeuchtete seine Lippen und brachte mich dazu instinktiv auf dessen Punkt zu starren. Ob er wohl so gut küssen kann wie er aussah ?

Sein Mund verzog sich zu einem Schmunzeln, als hätte er eine Ahnung über was ich nachdachte. „Megaclite also ?". Ich wachte aus meiner tranceähnlichen Starre auf und trat zwei Schritte zurück. „Du bist süß, wenn du zurückhaltend bist und keinerlei Ahnung hast was vor sich geht", grinste er und steckte seine Hände in die Hosentaschen, als wäre nie etwas gewesen.

Ich rieb mir mein Nasenbein um mein Gedankenchaos zu richten. Warum brachte er mich aus dem Konzept ? Mein Wissen zu Jungs war doch relativ viel, schließlich hatte mir Calev nicht umsonst einen Crashkurs gegeben sie zu verstehen.

Revival of SocietyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt