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Nolan

Calev sah mich mit wutverzerrter Miene an: „Sie ist was ?". Ich ignorierte seinen Ton und hob die Hände hoch: „Ich bin unschuldig. Das ganze war nicht so geplant".

„Also planst du normalerweise Vergiftungen ?". Ich schüttelte den Kopf und blickte auf seine geballten Fäuste, die sich bereits weiß färbten. „Ihr geht es gut Calev", versuchte ich ihn zu beruhigen, aber er drängte sich an mir vorbei. „Du hast leicht reden. Du bist ja nicht fast gestorben".

Ich hielt ihn am Arm fest, damit er nicht in das Zimmer schwamm. Weil er sich immer noch nicht an die Flosse gewöhnt hatte, wankte er zurück auf seine vorherige Stelle. Damit handelte ich mir einen bösen Blick von ihm ein, als er murrte: „Es ist mir ein Rätsel was sie in dir sieht".

„Ich will nicht streiten. Und Aylana hätte das auch nicht gewollt. Wir müssen Ruhe bewahren, es bringt nichts sich...".

„Nein", unterbrach er mich laut, „ich bleibe doch nicht ruhig, wenn du mich nicht einmal zu ihr lässt. Verdammt sie ist meine Freundin und mir ebenso wichtig wie dir".

Mein Kiefer schmerzte, als ich meine Antwort versuchte zurückzuhalten und stattdessen die Zähne zusammenbiss. Calevs Haltung änderte sich von aggressiv in geknickt. Sorgenvoll blickte er die Tür hinter mir an, die uns von Aylana trennte. „Ich will sie nicht verlieren".

Ich schloss angestrengt meine Augen. Ich hielt es nicht aus ihn so besorgt zu sehen. Das konnte doch nicht mehr nur Freundschaft sein.

Stumm schwamm ich zur Seite, ich konnte es ihm schlussendlich nicht verbieten.
Ihm erging es wie mir.
Aylana bedeutete uns viel mehr, als wir zugeben würden.
Vielleicht mochten wir uns gerade deswegen nicht, aus Angst vor Konkurrenz.

Er nickte mir dankbar zu und öffnete die Tür. Das Zimmer war klein und genauso wie ich es verlassen hatte. Alles stand an seinem Platz und in der Mitte lag sie in einem Bett.

Marin und ich hatten sie nach dem ersten überwundenen Schrecken in seine Wohnung getragen. Das Zimmer gehörte früher einmal seiner Schwester, heute lebte er alleine. Dementsprechend nahm er meine Bitte, Calev und mich ebenfalls hier quartieren zu lassen, an und ich bin daraufhin Calev suchen gegangen, um ihn zu holen. Gefunden hatte ich ihn bei meinem Rato in Xenjas Palast. Nachdem ich ihm verklickert hatte, dass Aylana etwas passiert war, hatte er sich nicht mehr vor dem verwandeln gescheut und war mir zu Marin gefolgt.

Nun saß er in ihrem zugeteilten Zimmer an ihrem Bett und hielt ihre Hand. „Ich hätte dich nicht mit ihm allein lassen sollen", murmelte er gerade so laut, dass ich es noch hörte. Genervt biss ich mir auf die Innenseite meiner Wange und schloss die Tür ehe ich mich aus dem Staub machte.

Er empfand eindeutig mehr als Freundschaft für sie.

Missmutig gelaunt schwamm ich ins Schmusekater und ließ mich auf einem Sitz aus geflochtenen Algen nieder. Es war spät in der Nacht, weswegen hier reges Treiben herrschte.

Einige bekannte Gesichter blitzten in der Menge auf, die ich geflissen ignorierte. Ich war auf der Suche nach einer Jungfrau. Wenn Aylana nicht konnte, musste ich eben diese Aufgabe übernehmen. Das war ich ihr nach den Strapazen schuldig.

Langsam begann ich das Verhalten der Frauen zu analysieren und konnte rasch unterscheiden, wer nur eine Meerfrau war. An der Bar saß ein nahezu unscheinbares Mauerblümchen, das wird schwierig werden. Trotzdem unterstützte mich mein Wille und ich raffte mich auf zu ihr zu schwimmen. Auf dem Weg sah mich jeder an, an dem ich vorbei kam. Die meisten waren begehrt, aber ich beachtete sie nicht im Geringsten.

Bei der blondhaarigen Meerjungfrau angekommen stützte ich mich lässig auf der Theke ab: „Hey". Erschrocken drehte sie sich um und sah mich mit großen Augen an. Sie brachte keinen Ton heraus, was ich bereits erwartet hatte. Also fügte ich hinzu: „wie ist dein Name ?".

„Zoraya", stotterte sie leise und ich ließ mich davon nicht beirren.
„Ich bin Rick. Was treibt dich hierher ?".

Zoraya spielte schüchtern mit ihren Händen: „Meine Schwester hat mich mitgenommen". Ich lege ein Lächeln auf: „Du scheinst dich nicht gerade zu amüsieren". Sie blinzelte einige Male hintereinander und schüttelte dann den Kopf.

„Willst du vielleicht woanders hingehen ? Mir ist es hier zu laut". „Ich darf nicht alleine mit Fremden raus", stotterte sie und verkrampfte ihre Finger. Ich konnte sie doch nicht hier drinnen um eine Träne bitten. Zudem hatte ich nichts dabei, in der ich diese aufbewahren konnte.

Wahrheit war bekanntlich die beste Lösung, also bat ich sie: „Ich brauche eine Träne".

Verwirrt runzelte sie die Stirn: „Ist das so ein Fetisch von dir ?". „Nein, ich brauche nur eine Träne von einer Meerjungfrau". Plötzlich wird sie rot: „Ich bin keine Jungfrau mehr".

Perplex blickte ich sie an: „Was ?". Sie räusperte sich: „Ich bin keine mehr, tut mir Leid". Ich versuchte mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen: „Achso. Dann war es das auch schon".

Sie hielt mich am Arm fest, als ich wegschwimmen wollte: „Warte. Warum brauchst du diese Träne ?". „Warum sollte ich dir das sagen ?". Sie lächelte: „Willst du nun deine Träne oder nicht ?".

Verwirrt sah ich sie an: „Hör auf mich zu verwirren. Du bist doch keine Jungfrau mehr".

„Ich bin keine Einzelgängerin Nolan".

„Woher kennst du meinen Namen ?". Sie erhob sich von ihrem Sitz und lächelte weiter: „Wer kennt ihn nicht ?". Sie ließ mich los und schwamm hinaus. Von der schüchternen Meerfrau keine Spur mehr. Nahezu selbstsicher verharrte sie unter einer Lampe und drehte sich zu mir um.

„Wofür brauchst du die Träne nun ?". „Meine Freundin benötigt sie". Sie runzelte die Stirn: „Du hast eine Freundin ? Was ist mit dir passiert ?".

Ich biss mir auf meine Unterlippe: „Nun ja, als meine Freundin kann ich sie nicht bezeichnen, bleiben wir bei einer Freundin, die mir wichtig ist". „Wichtig genug dich in deinen Stammladen zu stürzen und nach Meerjungfrauen zu suchen ?".

Ich nickte und sie seufzte: „Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich mit ihr sprechen würde ? Um sicherzugehen, dass du mich nicht anlügst". „Da gibt es leider nur ein Problem", gestand ich.


„Und ich dachte du lügst", murmelte Zoraya ungläubig, als sie die Tür zu Aylanas Zimmer öffnete. Wir schwammen in das Zimmer und kamen vor dem Bett zum Halt. Calev hatte seinen Kopf auf ihrem Bauch abgelegt und schlief.

Als Außenstehender würde man jetzt vermuten, dass die beiden Schläfer ein Paar waren.
Dabei wünschte ich sie mir an meine Seite.

Meine aufsteigende Eifersucht ließ sich immer weniger zügeln und auch Zoraya fiel das auf, denn sie fragte grinsend: „Hast du deshalb keine Chance bei ihr ?".

Böse sah ich sie an und sie hob abwehrend die Hände hoch: „Ich kann nichts für die Wahrheit. Es ist nur amüsant anzusehen, wie der Herzensbrecher auf ein Mädchen steht, dass nicht nur dich als Verehrer hat".

„Er ist nur ein Freund", grummelte ich angesäuert und presste die Lippen aufeinander.

„Wie du eben", provokant stieß sie mir ihren Ellenbogen in die Rippen, „aber Spaß beiseite, sie wird doch wieder, oder ?".

Ich zuckte mit den Schultern: „Marin behauptet das zwar, aber ich bin ratlos. Einerseits ist sie eine gnadenlose Kämpferin, andererseits ist sie nicht so wie wir Menschen".

Nachdenklich tippte sie sich ans Kinn: „Weißt du was ? Du bekommst die Träne. Ich bin mir sicher, sie wird sie überlegt einsetzen und es tut mir wahnsinnig Leid, dass sie so viel mitmachen muss. Und du auch. Kaum zu glauben, dass ich das mal sagen, weil ich dich für ein Arschloch gehalten habe nachdem du meiner Schwester ihre Jungfräulichkeit geraubt hast, aber ich wünsche mir wirklich nur Gutes für dich. Und Aylana kann sich glücklich schätzen dich zu haben".

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