ꇙɪʟᴇɴᴄᴇ ℘sʏᴄʜᴏ☘ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓

【Kᴀᴘɪᴛᴇʟ¹】

Ich bin stumm.

Sicherlich haben viele davon gehört. Ich bin zwar in der Lage zu hören und zu verstehen, jedoch kann ich nicht sprechen oder kann nix sprachlich etwas erwidern. Stumm sein ist nicht einmal eine Krankheit. Man kann stumm auf die Welt kommen oder durch einen schlimmen Ereignis stumm werden.

Einige Betroffene verschließen sich und lassen keinen an sich ran. Es gibt so einige, gar dutzende Menschen, die unter Stumm sein leiden. Häufig verspüren Aussenstehende Mitleid und möchten diese behilflich sein, sich zu öffnen. Sich in der Gesellschaft zu integrieren und besser klar zukommen, denn immerhin hat man es wegen der eingeschränkten Kommunikationsfähigkeit nicht sonderbar leicht.

Doch nicht immer, verspürt man für einen Stummen Mitleid. Nicht in einer Situation wie in meiner verdammten Gesellschaft. In einer hochangesehene private Mittelschule, dessen Schüler täglich mit neuem Schulstoff, Test und Prüfungen "gequält" werden. Daheim nur noch am lernen und keine Freizeit mehr haben. Der Druck steigt und steigt. Doch hat auch noch jeder pubertierender Jugendlicher Stress von zuhause mit sich schleppen.

Kummer, Frust, Sorgen und eine Menge Geheimnisse. Wohin nun mit all der angestauten Last? Wäre da nicht ich, der schüchterne und schwache Stumme, der perfekte Kandidat, um all seinen Last auszuschütten und alles einfach sich von der Seele zureden, gar zuschlagen?

Er ist doch eh stumm.

Der wird schon nichts petzen oder weiter erzählen.

Wieso geht ein Junge, der verdammt nochmal nicht reden kann, in eine privaten Schule, besucht von dem besten Schülern dieses Landes, wenn aus ihm sowieso nie was werden wird?

Ein leichtes Opfer, der niemand um Hilfe bitten kann.

Diese Gedanken schwirren in den Köpfen aller Schülern, dieser privaten Schule. Die Frage, wie ich ohne eine mündliche Prüfung, an diese Schule angenommen wurde.

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Wachsam und doch sehr ängstlich, betrete ich die Tore der besten Schule des Landes. Mein Blick schweift durch den mittlerweilen leeren Schulhof, welcher selbst in den Pausen wie weg gefegt aussieht. Dies ist auch kein Wunder, wenn man sich den Stundenplan für die vielen Tests und Prüfungen ansieht, der mehr als überfüllt ist. Die meisten Schüler verbringen wenn schon ihre Pausen in ihren Klassenräumen, in der Bibliothek oder auch einfach in der riesen Mensa. Alleine oder auch in kleinen Gruppen.

Vor Erleichterung entweicht meiner kahlen Kehle ein Seufzen, ehe ich den Fußmarsch zum Eingang der Schule antrete. Ich mag es sonderbar nicht, wenn ich umgeben von den anderen Mitschülern bin. Liebend gern wünsche ich mir eine Fähigkeit zu besitzen, die mich unsichtbar macht, damit mir keiner Beachtung schenkt.

Beachtet zu werden will jeder, doch nicht so eine wie ich sie von der gesamten Schule bekomme. Ich hasse es anders zu sein und dass jeder in der Überzeugung ist, nur wegen meiner Stummheit, eine extra Wurst zubekommen und von den Lehrern, sowohl der Schulleitung bevormundet werde.

Diese Vorurteile verschaffen mir definitiv keine Freunde, weshalb ich immer allein bin. Wer möchte auch schon mit jemandem wie mit mir, etwas unternehmen, der nichts sagen-, weder eine vernünftige Unterhaltung führen kann? Aber zu etwas anderes bin ich dennoch gut zu gebrauchen. Einen Sündenbock, den man all seine Lasten auf einem wirft. Jedes Mal musste ich mir schon sowas anhören lassen und jedes Mal habe ich es zugelassen. Ich kann mich nicht wehren oder verteidigen. An Selbstbewusstsein mangelt es ebenso an mir.

Wieso mussten auch meine Eltern mich an diese Schule schicken...

Diese Frage stelle ich mir in Dauerschleife und mit zusammengekratzten Mut, marschiere ich die Stufen zu meinem Klassenzimmer. Mit einem letzten Blick auf meine teueraussehende Digital-Armbanduhr, vergewissere ich mich, dass ich noch fünf Minuten bis zur Unterrichtsbeginn habe.

Mit zitternden Fingern umschlinge ich den Türgriff des Klassenzimmers ehe ich diesen runterdrücke und durch ein Klick, die Türe geöffnet habe. Jetzt heißt es nur noch den heutigen Schultag irgendwie heil zu überstehen.

Also rein in die Hölle.

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