【Kᴀᴘɪᴛᴇʟ³】

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Es klingelt.

Dank dem Laut der Klingel, welches den Beginn der ersten Unterrichtsstunde ankündigt, werde ich von meinen Gedankengang unterbrochen und zucke bemerkbar zusammen. Neugierig spähe ich nach hinten zu den anderen, um eine Reaktion meiner Kameraden zu erfassen, doch außer ein paar unbemerkten Grinsen beachten sie mich immer noch nicht. Als wäre denen mein Erschrecken entgangen. Stadessen lösen sie langsam ihre kleinen Gruppen auf und begeben sich auf ihre eigenen Sitzplätze.

Sofern jeder wieder Platz nahm, wird die Türe erneut geöffnet und der Lehrer tritt ins Klassenzimmer ein. Die Lautstärke minimiert sich und eine automatische Stille legt sich im Raum. Man merkt direkt wie sehr diszipliniert und auch respektvoll, die Schüler sich gegenüber dem Lehrer verhalten, indem sie auf Befehl des Klassensprechers, sich alle gleichzeitig von ihren Stühlen erheben und im Einklang wie eines Chors, den Lehrer mit einem »Guten Morgen« begrüßen.

Auch folgt eine tiefe Vorbeugung als Würdigung des Beginn ihres Unterrichts und nehmen, sobald der Klassensprecher den Signal zum Hinsetzen erteilt, wieder auf ihren Stühlen Platz. Auch der Lehrer begrüßt seine Schüler mit einem stummen Nicken, ehe er mit dem Unterricht beginnt, Poesie.

Ein Fach von welches ich nicht abgeneigt bin, da ich darin die Möglichkeit sehe,  meine Fantasie und all meine Gedanken in Buchstaben auf einem Blatt Papier aufzuschreiben und somit ein Stück Gefühl von Befreiung zu verspüren. Poesie ist in meinen Augen ein brisantes Fach, in welches man sein Herz in Form wie Gedichten ausschütten kann. In Poesie gibt es kein richtig oder falsch, sondern nur allein was zählt ist die Essenz dahinter.

Und das dürfen wir nun fabrizieren.
Ein Gedicht zum Thema unsere Wahl.

Voller Vorfreude zücke ich aus meinem Etui ein Kugelschreiber raus und beginne direkt, sobald auch mein Block vor mir auf dem Tisch liegt, mit meinem Gedicht an. Ich brauche nicht groß zu überlegen, denn voller Kreativität, weiß ich nur zu gut, was ich verfassen will. Ich wähle gezielt das Thema, welches mir am meisten am Herzen liegt, um zumindest in dieser Weise, meine Mitmenschen mitzuteilen, wie ich mich fühle. Deswegen schreibe ich ein Gedicht zum Thema stumm und erhoffe somit, dass die Botschaft bei allen ankommt und sie es endlich begreifen würden.

Ginge es davor um Poesie oder eigene Werke zuschreiben, so traute ich mich nie, meine Eigenen vor der Klasse zu präsentieren. Ich wusste immerhin auch nicht, wie ich dies vollbringen sollte, da ich selbst nicht reden konnte. Jedoch hätte wenigstens ein Kamerad, mein Werk für mich vorlesen können.

Zu sehr schämte ich mich, weshalb ich mich niemals traute, diesen Schritt nach vorne zu wagen. Nun wird es wiederum Zeit, mich langsam zu öffnen und die anderen von meine Wahrnehmung auf die Welt, Teil haben zu lassen.

Zu zeigen wie ich die Welt mit meinen Augen sehe.

•| ⊱✿⊰ |•

Die Stunde geht dem Ende zu und bevor es noch 15 Minuten bis zur Unterrichtsschluss naht, befiehlt der Lehrer, das Schreiben zu stoppen und einige zu erteilen, ihre Gedichte der Klasse vorzulesen. Ich war rasch mit meinem fertig gewesen, weshalb ich in der Zeit während alle anderen noch schrieben, interessiert, doch bedacht nicht aufzufallen, durch den Raum linste, um erhaschen, welche Länge die anderen Werke haben.

Als ich einmal hin und her, bei meinen Banknachbarn sah, begreife ich, wie lang meines doch ist. Denn tatsächlich zum Vergleich diesen gleicht mein eigentlich kleines Gedicht, den eines Romans. Vor Schamgefühl wende ich mein Blatt so um, sodass man die Schrift nicht erkennt und als auch einige beginnen, nacheinander ihre Gedichte vorzulesen, sinkt mein Mut und ich bin nicht mehr davon überzeugt, meines doch vorzutragen. Am liebsten würde ich es belassen, denn wer würde sich die Mühe machen, für mich es vorzulesen?

Niemand würde es machen, da alle die selbe Ansichten gegenüber mir teilen und in der festen Überzeugung sind, dass ich nicht dazu gehöre. Zumindest nicht zu ihnen und das soll ich ruhig wissen und spüren.

Noch 5 min bis zum Ende...

Geistlich mit mir raufend, bin ich mir immer noch nicht sicher, ob ich mich nun melden soll oder nicht. Doch als der Lehrer die Klasse fragt, ob noch jemand seines präsentieren möchte, so solle er sich unverzüglich melden, zögere ich noch bis mich doch der Mut packt und mein Arm langsam erhebe. Überrascht von meiner Meldung haften alle Augenpaare der Anwesenden auf mir und auch der Lehrer selbst, scheint nicht milder überrascht zu sein.

Doch auch er beherrscht sich wieder und bittet den Klassensprecher für mich, es der Klasse vorzutragen. Da es ein schlechtes Bild macht, sich dem Lehrer zu widersetzen, steht der Angesprochene auf und bittet mich nach dem Blatt Papier, welches ich ihm zaghaft überreiche.

Als der Leser diesen zwischen seinen Fingern hält, huscht er schnell über die Zeilen, ehe er überrascht die Augen weitet, was mich verwundert. Ich merke wie er mit bedacht, sich nichts anmerken zu lassen, sich gekünstelt räuspert, seine Brille auf der Nase richtet und dann beginnt das Geschriebene laut vorzulesen.

Stumm

Ich bin stumm
doch um mich rum
da ist es laut
das Leben baut und baut
doch in mir ist es leise
und auf diese Weise kann ich hören
die vielen Stimmen - die da schwören

sie schwören dies - sie schwören das
sie schwören Liebe - schwören Hass

doch in mir ist es still
so wie ich es jetzt
in diesem Moment
von ganzem Herzen will

ja - ich liebe diese Stille
die mich absetzt - abhebt
von dem - was andre Leben nennen
ich liebe dieses Leise
ja - diese Weise

die Welt von innen anzusehn
und verbunden sein - mit dem
der wahres Leben ist
denn ich will einmal
vor der ewig - wunderbaren

zauberhafte-[...]

Ding Dong

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ꇙɪʟᴇɴᴄᴇ  ℘sʏᴄʜᴏ☘ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt