【Kᴀᴘɪᴛᴇʟ ²⁹】

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»Lieber Sohn,

(Mutter...)

Es tut mir untröstlich leid, dir in dieser Weise mitteilen zu müssen, dass dein Vater entschieden hat, dass du von daheim ausziehst. Aber dein Vater ist in der festen Überzeugung, dass die allmählich anfangen sollst, auf eigenen Beinen zu stehen. Deswegen kauften wir dir eine eigene Wohnung in welche du ab sofort wohnen wirst. Da das Haus etwas weiter weg von deiner Schule steht, wirst du eine andere Schule besuchen müssen, zu der dich nach wie vor Herr Wang dich hin-, sowie zurückfahren wird. Finanziell werden wir dich dennoch unterstützen und schicken dir monatlich eine ordentliche Summe auf deinem Konto. Deine Sachen von deiner Schule sind schon bei dir zu Hause und die Bücher abgegeben. Jedoch war von deinem Tagebuch keine geringste Spur zu finden. Selbst in deiner Tasche, noch in deinem Zimmer konnten wir es nicht finden. Aber sei nicht traurig deswegen. Ich werde dir demnächst ein neues schicken, welches du weiter nutzen kannst. Nimm dir die Entscheidung deines Vaters nicht allzu zum Herzen. Zwar habe ich versucht, ihn dagegen zu stimmen, bleibt er recht hartnäckig & stur. Du kannst uns aber jeder Zeit besuchen kommen und mich anschreiben, wann immer du willst, Liebling. Ich habe dich lieb & hoffe, dass es dir in deiner neuen Umgebung besser gehen wird. Und gute Besserung noch. Sei vorsichtiger, ja?
In Ӏiebe
๓ค๓ค«

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Meine Zahnräder, die schnell in meinen Gehirn rattern, verarbeiten erstmals das Geschriebene meiner Mutter bis ich realisiere, von daheim  sozusagen raus geschmissen wurde. Und nun auch noch eine neue Schule besuchen in Mitten der Prüfungen?

Wäre ich ehrlich zu mir selbst, würde ich einfach die Schule schmeißen. Länger dort zu vergammeln, würden nur meine kostbare Zeit verschwenden. Auch wenn ich liebend gern andere Dinge im Leben unternehmen möchte, kann ich erleichtert sein, nicht mehr in dieser verdammten Eliteschule zu gehen.

Doch bei der Erwähnung eines Tagebuch krause ich die Brauen und lese mir verwirrt nochmal die Zeile. Anscheinend war ich im Besitz eines Tagebuches, an dem ich mich jedoch nur verschwommen erinnern kann. Aber das dieser Gegenstand nirgends zu finden ist, macht mich ziemlich skeptisch. Vielleicht hat wohl jemand mir das Buch ohne mein Wissen entnommen und wird nie wieder auftauchen. Obwohl wer würde sich den die Mühe machen, ein Tagebuch zu stehlen?

Zusammengefaltet lege ich den Brief auf die gegenüberliegende  Kommode und entscheide mich nach kurzem überlegen, mich in meiner neuen 4- Wände umzuschauen. Die Einrichtung ist Schlicht und Modern gehalten und auch die Möbel scheinen noch ziemlich neu zu sein, da mir der Geruch nach neuen Möbeln in die Nase saugt. Mir gefällt zugegebenermaßen mein neues Heim, auch wenn ich mich hier schnell einsam fühle.

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Ich verbrachte nun seit einem Tag in meiner neuen Wohnung, in der ich die Zeit mit zeichnen tot schlug. Doch heute würde ich wohl unerwarteten Besuch erhalten als es am späten Nachmittag an der Tür klingelt. Verwundert darüber, wer mich denn besuchen käme, stoppe ich das Zeichnen und begebe mich mit laufenden Schritten zur Haustür, um diesen gleich darauf zu öffnen.

Dahinter erblicke ich meine neue Psychologin Dr. Kim, die ich das erste Mal im Krankenhaus traf. Mich freundlich anlächelnd begrüßt sie mich, der sichtlich von ihren Hausbesuch überrascht ist. Er verbeugt sich zur Begrüßung und bittet sie anschließend mit einer Handgeste hinein. Innerlich fragt er sich, woher die junge Frau wusste, wo er den jetzt wohnt.

Doch wie bekannt sie durch ihre guten Menschenkentnisse ist, antwortet sie mich flüchtig beim betreten des Wohnzimmers, dass sie meine neue Adresse von meiner Akte, die ihr zugeteilt worden ist, heraus fand. Verständlich forme ich ein lautlosen O mit dem Mund ehe ich ihr mit der Gebärdensprache, etwas zum trinken anbiete. »Nein, danke.«, antwortet sie daraufhin und nimmt sich auf dem Sessel gegenüber mir Platz.

»Also würde ich mal vorschlagen, dass wir mit der ersten Sitzung beginnen«, erklärt sie und ich nicke zustimmend. Direkt werde ich mit einigen Fragen über mich konfrontiert, die ich einigermaßen beantworte. Doch stellt Dr. Kim auch einige kuriose Fragen, die man im alltäglichen erst gar nicht fragen würde. Wie zum Beispiel: "Was der Sinn der Gerechtigkeit für ihn bedeutet" und "ob ich es gerecht finde, dass während die Stärkeren stärker werden & die Schwächeren schwächer, sie von den Stärkeren niedergemacht werden".

Natürlich finde ich dies ungerecht, da ich dies selbst mit eigener Haut erfahren musste und es bloß fair finde, dass die Stärkeren ebenfalls so leiden wie die Schwachen. Auch folgen selbstverständlich weitere Fragen, die ich beantworte oder von dem ich selbst nach einer Antwort suche. Als die Sitzung dem Ende naht, bittet Dr. Kim mich, mich auf dem Sofa zu legen, damit sie in meinem Unterbewusstsein schauen kann. Ich fühle mich in diesen Moment so an als hätte ich die Kontrolle über meinem Körper verloren und ich aufmerksam die Stimme der Psychologin lausche.

»Es ist okay, für die Gerechtigkeit Blut zu vergießen. So bewahrt man die Welt vor den Bösen«

Mit diesem Satz holt sie mich wieder zurück in die Realität und beendet die Sitzung für heute. Dankend nicke ich ihr zu, ehe ich sie vor der Türe begleite, an der sie sich dann verabschiedet. Als sie das Haus verlässt und ich die Türe wieder schließe, dauert es keine weitere Minuten später als es erneut an der Türe klingelt. Verwundert wer das diesmal sei, öffne ich die Türe, nur um anschließend niemanden zu sehen. Irritiert wer denn geklingelt hätte, fällt mein Blick nach unten, auf einer schwarzen Kiste, welche auf der Fußmatte liegt.

Fraglich hebe ich die Kiste auf, auf welcher Außendeckel einer Schrift mit roter Farbe zu erkennen ist.

»Für Bloody Silence«

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Ja, er hat gesprochen.

ꇙɪʟᴇɴᴄᴇ  ℘sʏᴄʜᴏ☘ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt