【Kᴀᴘɪᴛᴇʟ⁴】

282 30 11
                                    

Erneut ertönt der Klang der Klingel, worauf der Vorleser von seinem Lesefluss unterbrochen wird und auch zu lesen aufhört. Mitten in der Zeile. »Danke fürs vorlesen. Der Unterricht ist beendet. Das Gedicht wird in der nächsten Poesie Stunde zu Ende gelesen.

Nun packt zusammen und begibt euch zum nächsten Unterrichtsraum«, beendet der Lehrer den Unterricht und erteilt die Schüler zum zusammen räumen. Wie befohlen, packen alle ihre Schulsachen ein, um sich anschließend auf dem Weg ins nächste Raum zu begeben.

Darauf wartend meinen Blatt mit dem Gedicht beschriftet, wieder an mich zu nehmen, strecke ich meinen Arm nach dem Blatt aus, welches immer noch in den Händen des Klassensprechers ist. Ehe ich nach dem Papier greifen kann, zieht der andere seine Hand zurück und liest sich in alle Stille die letzten Zeile zu Ende durch. Erneut richtet er seine Brille zurecht und sobald er, den letzten Satz liest, reicht er seufzend das Papier mir zurück.

Schleunigst nehme ich es
wieder und packe das Blatt mit meinen anderen Schul-Utensilien, in meine Schultasche ein, welche ich auch auf meiner linken Schulter schultere. Man sieht es mir wohl an, dass mir diese Situation mehr als unangenehm ist, weshalb ich auch keine Sekunde lang vergeuden möchte und mich aus dem Staub machen will. Doch bevor ich durch die Türe des Klassenraums passieren kann, ertönt hinter mir die Stimme des Klassensprechers.

»Du schreibst wirklich schön. Wieso vergeudet jemand mit solch einem Talent, seine wichtige Zeit für eine kranke Schule wie dieser? Du hättest Poet werden können und dem Menschen mit diesen lehrreichen Gedichten, belehren« Ich bleibe nach diesen Worten wie erstarrt stehen, doch gebe mir einen Ruck und drehe mich zögernd zu ihm um. Unsere Blicke treffen sich und deutlich ist die Ernst der Frage in den Augen des Gegenübers zu erkennen.

Weil mir nichts anderes übrig blieb als meine Eltern zu gehorchen und bloß eine verdammte Marionette für sie zu sein...

So gerne ich ihm diese Erklärung auf dem Kopf gescheuert hätte, kann ich es einfach nicht sagen, da ich nicht in der Lage bin. Und auch wenn ich dies in Wörtern auf die Tafel beschreiben würde, wäre die Zeit nicht ausreichend dafür und mit einem traurigen Schulterzucken, kehre ich ihm den Rücken zu und verlasse mit schnellen Schritten den fast leeren Raum.

So oft habe ich mir die Frage gestellt, wieso ich immer alle Wünsche und Bedürfnisse meiner Eltern nachgehen muss und nie meine eigenen. Wie oft habe ich mir gehofft, sich nicht einkriegen zu lassen und einfach mich selbst sein zu können? Schon viel zu viele Male und nie habe ich es geschafft.

Aus Angst noch meine Eltern zu enttäuschen oder gar wütend zu machen. Ich habe schon in meinen Augen, die komplette Schule enttäuscht, sodass man mich hasst und mich nicht willkommen nennt. Jetzt will ich auch nicht, dass ich meine Eltern verliere und letztlich alleine dastehe.  

•| ⊱✿⊰ |•

Der nächste Unterricht findet im Chemielabor statt, worauf man deuten kann, dass meine Klasse nun Chemie als nächstes Fach hat. Ein Fach, welches im Gegenteil zu Poesie mir überhaupt nicht gefällt. Immerhin sind die Tische so aufgestellt, sodass immer zwei Schüler an einem Tisch hocken müssen, vor allem wegen die ganzen Partnerarbeiten.

Wäre es nach meinem Geschmack, würde ich lieber den Platz ganz nach hinten nehmen, um nicht von allen Seiten finster beobachtet zu werden. Doch wegen dem Deal, welches ich mit der Schulleitung einging, ist mir der Platz in der hintersten Reihe verweigert, sondern muss ich um meine Aufmerksamkeit zu beweisen, mich nach ganz vorn sitzen. Deshalb setze ich mich, sobald ich im Chemieraum ankomme, am vordersten Tisch hin.

Zu meinem Bedauern ist der Platz neben mir schon besetzt, nämlich vom hübschesten Mädchen der Klasse. Zu bedauern, da sie trotz äußerliche Schönheit, im Inneren hässlich wie ein Biest ist und heimlich mit jedem Typen in die Kiste springt, der sie toll findet. Sie ist in meinen Augen nix als eine hinterlistige Schlange, ein kleines Flittchen, die mir hin und wieder sagte wie unerwünscht und nervig ich doch sei. Diese Wörter schmerzten mir nicht im geringsten wie die körperliche Schmerzen, die ich wegen seine Lover zu spüren bekam.

Doch anders wie sonst, mustert sie mich nicht mit genervten Augen, sondern macht eins auf desinteressiert. So als würde ich sie nicht jucken und mich einfach ignorieren. Verwundert über die Tatsache sehe ich sie irritiert an, doch schaue rasant wieder weg, bevor mein Starren auffällt. Im Gedanken reime ich mir daher die unterschiedlichen Gründe zusammen, weshalb ihr Verhalten heute so anders ist.

Bevor ich jedoch eine plausible Erklärung finde, tritt der Chemielehrer ein und wie schon vorhin eben, begrüßen wir ihn wie geprobt. Der Lehrer vergeudet keine Zeit und teilt uns mit, sich einen Stift heraus zu holen, da wir nun einen Test schreiben werden. Nun habe ich meine Erklärung gefunden, denn was ich weiß, ist dass sie recht mies in Chemie ist und deshalb jemanden zum Abschreiben braucht.

Da sie von meiner Intelligenz bescheid weiß, nutzt sie meine Stummheit gnadenlos aus, um bei mir abzuschauen. Ich könnte sowieso nicht petzen und da die Aufmerksamkeit des Lehrers, der Reihe ganz hinten gewidmet ist, wäre es ein leichtes Spiel, nicht beim Spicken erwischt zu werden. Deswegen lasse ich es einfach zu, denn würde ich es ihr verbieten, so würde mich nur Prügel erwarten.

So eine dumme Schlampe...

✧═════•❁❀❁•═════✧

ꇙɪʟᴇɴᴄᴇ  ℘sʏᴄʜᴏ☘ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt