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Am nächsten Morgen klopfte es erneut an der Tür. Wieder war es Tonks, aber diesmal verschwendete sie keine Zeit für Worte. Sie griff nach seinem Arm und brachte ihn an einen Ort direkt neben schreienden und kreischenden Stimmen. Remus brauchte eine Weile, um zu realisieren, dass er sich in der Nähe von einer Schlacht befand. Seinen Zauberstab erhoben rannte er hinter der pinkhaarigen jungen Frau her und stürzte sich in das Gefecht. Lange dauerte der Kampf nicht. Die Todesser hatten nicht erwartet, bei der Entführung von einem Muggel gestört zu werden, und verschwanden, sobald sie merkten, dass sie keine Chance gegen die Mitglieder des Orden des Phönix hatten. Angst hatte Remus nicht. Er hatte keine Angst vor dem Tod, aber vielleicht kam es auch daher, dass kaum Zeit zum Angst haben blieb. Eine Sekunde lang erwartete er, dass diese Gefühle nachträglich auftauchen, nachdem die mini-Schlacht vorüber war, aber das blieb aus.

Stattdessen stieg ein winziges Gefühl des Triumphes in Remus auf. Zumindest eine Tat Voldemorts hatten sie rechtzeitig verhindern können.

In den nächsten Tagen, Wochen, lief es ähnlich ab. Nicht immer um dieselbe Uhrzeit, aber Remus war nicht mehr überrascht, wenn Tonks vor seiner Tür auftauchte und ihn mitzerrte. An einem Tag kam nur ein sprechender Patronus von ihr, woraufhin er so schnell es ging zu dem Ort apparierte, den der Patronus ihm gesagt hatte und den er glücklicherweise kannte. Gerade rechtzeitig, um zu verhindern, dass Tonks und Kingsley von Todessern ermordet wurden.

Kingsleys Wunden waren schnell verheilt, aber Tonks' rechtes Bein schien gebrochen, weshalb Remus vorschlug, einen Trank bei ihm Zuhause zu bekommen und sich das lange Warten ihm Krankenhaus zu sparen. In diesen Zeiten war das St. Mungos voller als gewöhnlich und obwohl es ein magisches Krankenhaus war, mussten die Hexen und Zauberer dort ewig warten, denn die Verletzungen waren dementsprechend komplizierter. Tonks willigte ein und Remus disapparierte mit ihr, darauf bedacht, ihr nicht wehzutun.

Als er ihr den Trank brachte, um ihren Beinbruch zu heilen, unterhielten sie sich zum ersten Mal wirklich. Davor waren es nur kurze Unterhaltungen gewesen. Jetzt erst merkte Remus, dass Tonks nicht mehr alle Unterhosen im Schrank hatte. Sie war eine tollpatschige Frau, die kein Blatt vor den Mund nahm und leicht aus der Haut fuhr.

Alles in allem war sie eigentlich ziemlich interessant, auch wenn es Remus zuvor nicht aufgefallen war.

Als er an diesem Abend im Bett lag und an Sirius dachte, fühlte er den Schmerz so deutlich wie noch nie. Sein Herz, sein gesamter Körper, tat weh und die Tränen liefen unaufhaltsam aus seinen Augen, während er in sein Kopfkissen schluchzte. Jetzt wünschte er sich, es gäbe einen Ort, wo Sirius vergraben war, nur damit er mit dessen Überresten reden konnte. Er musste mit ihm reden. Egal ob er eine Antwort bekam oder nicht, er hielt es nicht aus, ihm nichts sagen zu können.

Am nächsten Morgen stand er nicht auf. Er blieb liegen, so lange, bis sich seine Blase meldete, und war mehr als froh, dass Tonks nicht auftauchte, um ihn irgendwohin mitzuzerren.

Auch am Tag danach wollte er sein Bett nicht verlassen. Dasselbe galt für seine Wohnung. Nur dieses Mal hatte er nicht so viel Glück wie gestern, denn es klopfte etwa um die Mittagszeit an seiner Tür. Wie zu erwarten war es Tonks, die ihn mitschleifen wollte. Er weigerte sich. So einfach ließ sich die Hexe aber nicht abwimmeln, sie blieb standhaft.

"Verschwinde einfach, Nymphadora!", rief er irgendwann aus und sah, wie sich ihre Haare vor Wut rot färbten. Dennoch sagte sie nichts, sondern verschwand auf der Stelle. Wortwörtlich.

Erst als es langsam dunkler wurde, fiel ihm ein, dass Vollmond war. Das konnte er überhaupt nicht gebrauchen. Aber entziehen konnte er sich dem nicht.

***

Schmerz war das einzige, was er spürte, als er die Augen öffnete. Und sogleich wieder schloss, weil ihn das grelle Licht blendete. Diesmal war es körperlicher Schmerz und auch wenn er ihn am liebsten wieder loswerden wollte, war es eine willkommene Abwechslung zu den sonst seelischen Schmerzen.

Stöhnend hob er die Hand, um sich die Augen zu reiben, zuckte aber sofort wieder zurück, als der Schmerz noch stärker wurde.

Wieder blinzelte er, nur um diesmal festzustellen, dass er nicht allein war. Pinke Haare drängten sich in sein Sichtfeld.

"Was...", murmelte Remus und stöhnte vor Schmerz wieder auf.

"Du bist Zuhause, in deinem Bett. Überall schlechte Verbände angebracht. Tut mir leid, ich hatte Angst, wenn ich Magie anwende, tue ich dir noch mehr weh, wenn man bedenkt, wie viel bei mir schief geht", plapperte Tonks drauf los.

"Danke", flüsterte Remus nur und gab es auf, seine Augen öffnen zu wollen. Stattdessen driftete er wieder in seine Traunwelt, die von Leichen und Schmerzen beherrscht wurde.

Als er das nächste Mal seine Lider hob, war es nicht mehr hell. Er konnte trotz seiner geschärften Sinne kaum etwas sehen, wusste aber dennoch, dass er nicht alleine war. Außerdem fühlte er sich besser.

"Danke", krächzte er und versuchte sich aufzurichten. Das gelang ihm aber nur mit ein wenig Hilfe.

"Danke, erneut", meinte er und rieb sich die Augen.

"Immer wieder gerne", erwiderte eine helle Stimme gut gelaunt. Dann fügte sie schnell und unsicher hinzu: "Also nicht, dass ich will, dass das nochmal passiert, ich meine nur, dass ich dir gerne helfen kann."

Remus lachte leise über ihre hastige Art und versichterte ihr, dass er sie schon verstanden hatte.

Besonders lange blieb Tonks nicht, nur lange genug um sicher zu gehen, dass er gut allein zurecht kam. Und dann hielt sie sich auch ein paar Tage fern, was ihm Zeit zum Nachdenken gab. Er wusste nicht mal genau, worüber, aber er dachte viel nach. Wirrwarr über Sirius, Tonks, Voldemort und auch Harry. Aber erst als die mal wieder pinkhaarige Frau vor seiner Tür stand und ihn zu einem Auftrag abholte, konnte er einen klaren Gedanken fassen.

Tonks hatte ihn dazu gebracht, sich wieder lebendig zu fühlen.

Dass Tonks immer wieder da war, um ihn in Arbeit einzubinden, hat ihm unheimlich geholfen.

Nein, er war nicht glücklich. Nicht mal ansatzweise. Aber er war am Leben und konnte sich auch so fühlen. Und das hatte er durch Nymphadora Tonks herausgefunden.

A/N
Das Kapitel hat 1101 Wörter. Ich habe mir so viel Mühe gegeben, diese tausender Hürde zu überschreiten, weil meine Kapitel immer kürzer werden. Aber ich wollte nicht unter 1000 bleiben. Mehe Inhalt konnte ich dem Kapitel auch nicht geben, weil ich das nächste schon geplant habe... Uff ist das kompliziert. Jedenfalls, dieses Kapitel kommt dank OnlyATiredRavenclaw, sonst hätte ich die letzten paar Wörter, die mir für dieses Kapitel noch gefehlt haben und unglaublich wichtig für meine Geschichte waren, nicht hinbekommen...

Neumond ~ WolfstarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt