Folge 11: Sterbende Wale in meinem Bauch

393 27 2
                                    

Val's POV

Müde fuhr ich mir durch die Haare. Es war schon nach zweiundzwanzig Uhr und Yoongi und ich hockten immer noch an dem Cover. Ganz ehrlich, ich hätte nicht erwartet, dass es so lange dauern würde. Heute Abend würden wir jedenfalls sicherlich nicht fertig werden, außer vielleicht wenn ich hier ein Zelt aufschlagen und bis zum Morgengrauen weitermachen würde.

Was mit Sicherheit nicht passieren wird. Ich sehne mich nach meinem warmen, weichen, kuscheligen Be- Nicht schwach werden, Val. Bloß nicht schwach werden.

Dabei waren wir nach den anfänglichen Startschwierigkeiten so ungefähr auf einer Wellenlänge gewesen. Naja, entweder das, oder wir hatten einfach einen ähnlichen Geschmack.

Was ja beunruhigend wäre, Mr-Meine-Schale-ist-härter-als-der-Stein-der-ich-im-nächsten-Leben-werden-will und ich hatten Gemeinsamkeiten?

Uaaaah. Gruselig.

Nachdenklich warf ich ihm einen Blick zu. Ich war im Laufe der Zeit mit meinem Laptop zu ihm hinüber gewandert und hatte mich neben ihn gesetzt. Auf Dauer war es einfach zu anstrengend ständig das Teil hin und her zu schieben. Und von selbst wäre er ja erst recht nicht gekommen.

Yoongi hatte seinen Arme verschränkt auf dem Tisch abgelegt und ließ seinen Kopf auf diesen ruhen. Seine Augen waren schmal zusammengekniffen, als könnte er sie kaum noch offen halten und fixierten konzentriert den flimmernden Bildschirm.

Ich war froh, dass der Großteil seines Gesichts durch seine Arme verdeckt wurde, denn, und diese Entwicklung gefiel mir gar nicht, während des ganzen Tages hatte ich mich immer öfter erwischt, wie mein Blick zu ihm hinüber gewandert war.

Seufzend klickte ich den nächsten Schrifttyp für die Rückseite des Albums an.

Suga gab ein ablehnendes Grummeln von sich.

Hatte ich es mir doch gedacht.

Ich seufzte abermals. Ihm gefiel nichts. Mir gefiel nichts. Resigniert ließ ich den Kopf ebenfalls auf meine vor mir verschränkten Arme sinken und befand mich somit in derselben Position wie Yoongi. Normalerweise hätte mich das gestört, nicht das er denkt, ich würde ihn nachahmen.

Aber das war mir gerade sowas von egal. Ich wollte einfach nur schlafen und in mein Bett. Und Schokolade wollte ich auch. Ich schloss die Augen und vergrub mein Gesicht tiefer in meinen Armen. Eine kleine Pause kann ja nicht schaden...

„Hey, Val."

Grrrrr, was ist denn jetzt schon wieder? Wer flüstert mir da ins Ohr und reißt mich aus meinem wohl verdienten Schlaf? Wer wagt es mich aus meinen Nickerchen zu erwecken?

„Hm?"

Ich drehte meinen Kopf zur Seite und blinzelte kurz. Und blickte direkt in Yoongis Augen. Schon wieder. Doch dank meiner Müdigkeit hatten die gerade mal keine Wirkung auf mich.

hA HA! Nimm das, du unnatürlich gut aussehender, katzenäugiger Mensch! Ich bin jetzt immun!

Er blickte mich aufmerksam an.

„Lass uns Schluss machen für heute.", flüsterte er dann.

„Was? Du willst mit mir Schluss machen?", entgegnete ich schlaftrunken und rieb mir über die Augen.

Yoongi kicherte leise.

„Du weißt, so hab ich das nicht gemeint. Komm, mach das du nach Hause kommst."

Er stupste mich mit seinem Ellenbogen an. Ist wahrscheinlich besser so, bis zu mir nach Hause war es noch mindestens ne halbe Stunde Fahrt. Da sollte ich mich schleunigst auf den Weg machen.

Mühsam rappelte ich mich auf und packte meinen Kram zusammen, während er auch aufstand und in seine Jacke schlüpfte.

Gemeinsam verließen wir den Raum und liefen durch die dunklen Flure. Es herrschte auch tatsächlich-zur Abwechslung mal- einträchtiges Schweigen zwischen uns.

Es kann also doch ganz aushaltbar mit ihm sein.

„Lass uns die Treppe nehmen. Ich hab inzwischen ein Fahrstuhltrauma.", murmelte Yoongi und hielt mir sogar die Tür auf, aber das war das einzige was er noch groß sagte.

Ich nickte nur und lächelte kurz. Aus dem 15. Stock ins Erdgeschoss zu gelangen würde zwar ewig dauern, aber das bedeutete nur mehr Zeit mit ihm. Ich sollte versuchen ein Gespräch anzufangen.

„Was machst du heute Abend noch so?", wollte ich wissen und kratzte mich verlegen an der Nase.

Was für eine blöde Frage. Was soll er denn dazu noch groß sagen?

„Schlafen.", meinte er und ein ehrliches Grinsen stahl sich auf sein Gesicht.

Ich biss mir auf die Lippe, um nicht in verrücktes Gekicher auszubrechen. Fehlt ja noch das meine Fangirl-Eigenschaften wieder auftauchen, wo ich sie doch gerade erst ins Fandom-Nirwana geschickt hatte.

Wir kamen unten an und traten durch die Vordertür ins Freie. Kalter Wind schlug uns entgegen.

Doch auf einmal seufzte Yoongi und schob seine Hände in die Jackentaschen.

Fragend blickte ich ihn an.

„Ehrlich gesagt.... gleich zum schlafen komme ich leider nicht, ich hab noch vor zu komponieren... und Hunger hab ich auch."

Ich lächelte leicht. So kannten wir doch unseren unermüdlichen Suga. Obwohl, unermüdlich vielleicht nicht, aber unendlich fleißig.

Und dann kam es, wie es kommen musste.

Plötzlich beschloss mein Magen den Ruf eines Sterbenden Wals nachzuahmen, der gerade mit einer Kettensäge gefoltert wird.

Gott, womit habe ich solche Peinlichkeiten verdient?

„Was war das?", lachte Yoongi, nachdem er einen Moment perplex geschwiegen hat.

„Ähm... ein sterbender Wal im nächsten Sealife? Vielleicht auch im Meer, das ist ja auch nicht so extrem weit weg...", flüsterte ich beschämt, aber er hörte es trotzdem.

Er lachte nun ohne jede Zurückhaltung. Na toll, vielen Dank auch, Bauch.

„Hör auf zu lachen, Essen ist eine ernste Angelegenheit.", grummelte ich.

Er schwieg kurz und unterdrückte eher schlecht als recht ein Grinsen.

„Ich kenne ein gutes Restaurant, dass dir gefallen könnte.", erwiderte Yoongi.

Oh.

Vielleicht war er ja doch kein so großer Idiot wie ich gedacht hatte...

Taxi thief -yoongi x oc Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt