Kapitel 1 - Der Drache

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Amars Sicht

Meine Augen funkelten in ihrem üblichen flüssigen Gold, während sie jeder seiner Bewegungen verfolgten, gefangen genommen von dessen Tanz. Jeden Hüftschwung, jeden Schritt, jede Krümmung seiner schlanken Finger. Mir entging nichts von dem was er tat, wie er es tat und auch dass er es nur tat, um mir zu gefallen. Der dunkelblaue Schleier um seinen Mund und Nase machten es mir unmöglich zu wissen, was seine Lippen taten, doch sein Blick gab vieles Preis. Ihm gefiel es. Er liebte die Aufmerksamkeit, welche man ihm schenkte, das Gefühl des seidenen Stoffes um seine Hüften, die goldenen Armreifen und die feinen Fußkettchen, das Klimpern bei jeder eleganten Hüftbewegung.

Und auch ich liebte es. Ihm bei seinen Tänzen zuzuschauen war jedes mal ein Erlebnis und sprach mich an, so wie es nichts anderes könnte. Ich bezweifelte, dass irgend ein Anderer so flüssig seinen Körper bewegen könnte, als wäre er eine Schlange, welche sich zu den Klängen einer Flöte erhob und einen hypnotisierenden Tanz aufführte. Anmutig und verführerisch, freizügig und gleichzeitig verhüllt. Es war ein Paradox, doch man machte sich darüber keine Gedanken, wenn man ihm zusah, denn er ließ einen andere Bilder und Ideen sehen, welche er mit seinem Tanz erschuf.

"Prinz Amar, warum lasst ihr ihn nicht privat für euch tanzen? Eure Blicke ziehen ihn ja schon förmlich aus.", schnurrte die weibliche Stimme verspielt, während ich ihren langen Fingernägel über meine freie Brust streichen spürte, als wären es die Krallen einer Raubkatze, welche sie jederzeit in meinem Fleisch versenken konnte. Ihre Brüste drückten sich ein wenig enger an meinen Arm und ich spürte ihren Kopf, wie er sich an meine Schulter lehnte. Ein paar Strähnen ihres silbernen Haares fielen auf meinen Schoß und bildeten zu dem Stoff meiner bordeauxroten Hose einen starken Kontrast. "Vielleicht mache ich das.", säuselte ich leicht mit einem kleinen verzückten Grinsen. Die Idee war wirklich nicht einmal so schlecht, und auch mir schoss sie des Öfteren durch den Kopf, doch eine Gelegenheit ergab sich noch nie. Bisher war er immer zu schnell nach seinen Auftritten verschwunden, als dass ich ihm eine Nachricht zustecken konnte. "Danke für die Idee, Cecilia.", bedankte ich mich bei der Drachen-Dame und riss meinen Blick von dem Tänzer los, um in ihre gelb erstrahlenden Augen zu blicken. Auf ihrem rundlichen Gesicht legte sich ein breites Lächeln, wohl sichtlich erfreut über meinen Dank. "Immer zu Diensten, mein Prinz.", gab sie zurück und wickelte eine Strähne ihres Haares um den Finger. Wie von allein fanden meine Blicke erneut den Bauchtänzer, welchen ich bisher nur von Weiten gesehen habe. Er war wie ein Magnet, ein Blickfang welcher aus der doch schon recht farbenfrohe Masse heraus stach. Selbst die hübschen weiblichen Tänzerinnen neben ihm verblassten durch seine Ausstrahlung und wurden von mir kaum wahrgenommen.

Am liebsten würde ich ihn gleich jetzt schon auf mein privates Zimmer beordern, doch leider würden das meine Gäste hier gar nicht so spaßig finden. Gelangweilt blickte ich mich nun auch im restlichen Raum um. Der Festsaal ist seit langem mal wieder so gut gefüllt. Die hohen Fenster erfüllten den festlich dekorierten Saal mit Tageslicht, welches von den glänzen Fliesen mit dem prächtig eingearbeiteten Mosaik reflektiert wurde. Sobald die Sonne jedoch unterging, würden die gewaltigen, vergoldeten Kronleuchter zum Einsatz kommen, welche von der - mit Spiegelstücken versehenen, Decke hingen und in ihren handgeblasenen Schalen Kerzen beherbergten. Feinstes Handwerk war benötigt um solch feines Glas zu blasen, welches beim kleinsten Fall schon zerbrechen würde.

Überall tummelten sich Drachen und ihre Unterarten, feierten das erste Jubiläum unserer Herrschaft über die Menschen, welches wir uns brutal unter den Nagel reißen mussten. Die großen Herrscher neben mir, waren zwar nicht anwesend, doch viele andere starke Drachen welche das Kommando über kleinere Bereiche meines Reiches übernommen hatten. Für viele von ihnen und mich änderte sich vor einem Jahr das komplette Leben. Eine Menge waren empört darüber, dass sie nicht mehr stundenlang im Internet surfen konnten, keinen Fernseher mehr für ihre Belustigung hatten und auf den ganzen Luxus des 21. Jahrhunderts verzichten mussten, doch der Großteil - mich eingeschlossen, begrüßte die Reise in die Vergangenheit als willkommene Abwechslung, selbst wenn das hieße ein Plumpsklo benutzen zu müssen und nicht fließendes warmes Wasser zum Waschen zu besitzen.

Dragon's DancerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt