- SICHT TADDL -
Wir waren uns beide einig, dass wir das von gestern unbedingt wiederholen sollten.
Wir liefen durch die Straßen. Es herrschte höllisch viel Verkehr, weshalb wir besonders aufpassen mussten. Manu war zwar nicht so ganz wohl, aber da musste er jetzt durch. Was sollte schon passieren? Ich passte ja auf ihn auf. Ich musste Manu den Weg zeigen, weil er ihn noch nicht kannte. Aber ich war mir sicher, dass sich das bald ändern würde.
Mittlerweile waren wir an der dreispurigen Hauptstraße angelangt. Wir mussten ewig warten, bis die Straße frei war.
Plötzlich hörte ich das Quietschen von Reifen und sah mich entsetzt um. Auf den ersten Blick konnte ich nichts erkennen. Meine Augen fanden eine Bremsspur, der sie folgten. Ich entdecke ein Auto, aus dessen Motorhaube schwarzer Rauch rauskam. Was ich dann sah, verschlug mir die Sprache. Ich konnte mich nicht mehr bewegen und hatte einen dicken Kloß im Hals, der auch nach mehrem Schlucken nicht verschwinden wollte.
Da war so viel Blut...
Mit steifen Gliedern und ohne auf meine Umgebung zu achten lief ich auf die Blutlache zu. Endlich konnte ich die Person erkennen, die dort lag.
Manu...
Meine Beine knickten augenblicklich ein, doch ich spürte den Schmerz gar nicht, als ich hart auf dem Asphalt aufkam. Eine eisige Kälte durchzog meine Glieder und machte es mir nicht möglich, mich schnell zu bewegen. Langsam robbte ich auf Manu zu und bettete ganz vorsichtig seinen Kopf auf meinen Schoß. Seine Arme und Beine waren auf unnatürliche Weise verdreht und verursachten einen starken Würgereiz. Schnell konzentrierte ich mich auf sein Gesicht, doch ich wusste nicht, ob das so viel besser war. Er hatte eine große Platzwunde auf seiner Stirn und wirkte noch bleicher als sonst. Vorsichtig strich ich ihm einige blutverklebte Haarsträhnen aus dem Gesicht. Seine Augenlider flatterten unkontrolliert und machten mir leicht Angst. Ich fühlte mich so verdammt hilflos...
"Es wird alles gut", sprach ich beruhigend auf ihn ein und hoffte, dass ich Recht damit hatte. "Taddl...?", flüsterte er ganz schwach und suchte mein Gesicht.
Die ersten Tränen liefen über sein Gesicht und ich wischte sie kommentarlos weg, musste dann aber auch anfangen zu weinen. "Ich liebe dich, Taddl..." Ich hatte Mühe, ihn zu verstehen, erwiderte aber sofort: "Ich liebe dich."
Plötzlich wurde ich von Sirenen und lauten Stimmen wieder in die Realität zurückgeholt.
Ich wurde von Manu weggezogen und die Sanitäter redeten auf mich ein, doch ich verstand kein Wort und sah schweigend dabei zu, wie Manu in den Krankenwagen gehoben wurde.
Ich schaffte es erst, mich auf die Sanitäter zu konzentrieren, als er mir mit seiner Hand vor dem Gesicht rumwedelte. "Wer sind Sie?", wollte er wissen. "T-tjarks... Taddl...", stotterte ich wild durcheinander.
"In welcher Beziehung stehen Sie zu dem Verletzten?"
"Ich liebe ihn...", bekam ich noch heraus, bevor ich umkippte und alles schwarz wurde.