•Kapitel 30•

8 2 0
                                    

-Sicht Manu-

Prüfend fuhr ich mir mit meiner Hand ein letztes Mal über mein Gesicht und richtete meine Kleidung.
Dann nahm ich all meinen Mut zusammen und klingelte.
Nach einiger Zeit musste ich enttäuscht feststellen, dass wohl niemand Zuhause war, denn mir wurde die Tür nicht geöffnet.
Ich stand noch einige Minuten ratlos vor der Haustür, bis ich schließlich auf dem Absatz kehrt machte und spontan beschloss, in den Park zu gehen. Vielleicht war Taddl ja dort, die Wahrscheinlichkeit war zumindest um einiges höher als an manch anderen Orten.
Ich brauchte nicht lange, bis ich dort war. Ich sah so viele glückliche Menschen, Paare..
Tiefe Verzweiflung und Trauer stieg in mir auf, mit großer Mühe konnte ich gerade so meine Tränen zurückhalten.
Um mich zu beruhigen, atmete ich ein paar mal tief ein und aus, bevor ich langsam einen Fuß vor den anderen setzte und mich gründlich im Park umsah. Kein Taddl..
Unbewusst beschleunigte ich meine Schritte.
Als würde ich vor etwas davonlaufen.. Meiner Angst, Trauer, Ungewissheit? Diesen zwei Wochen, die mir vorkamen wie zwei Stunden? 
Am Ende des Parks blieb ich dann jedoch stehen, da ich nicht mehr weiter wusste. 
Der Gedanke an diesen wunderschönen See schoss mir durch den Kopf.
Wie konnte ich das nur vergessen?
Ich seufzte über meine eigene Dummheit und machte mich dann auf den Weg dorthin.
Ich kam an der Straße an..
Ich schluckte schwer und schaute mich besonders gründlich um.
Meine Schritte waren hastig, doch trotzdem rannte ich nicht, um nicht hinzufallen.
Mein ganzer Körper zitterte stark und mein Atem ging stoßweise. 
Ich kam am anderen Bürgersteig an.
Vor Erleichterung knickten meine Beine ein und ich musste mich einen Moment ausruhen.
Die verwirrten Blicke der Leute ignorierte ich gekonnt, mich sprach ja sowieso niemand an.
Menschen sind halt einfach egoistisch..
Vorsichtig stützte ich mich auf mein Knie. Plötzlich hielt mir jemand seine Hand hin. Verwundert schaute ich sie einen Augenblick an, bis ich nach ihr griff und mich hochziehen ließ.
Moment mal, die Hand kannte ich doch nur zu gut..
Langsam hob ich meinen Blick und sah in das Gesicht der Person. 
Taddl..
Er grinste mich breit an.
Ich erwiderte erstmal gar nichts, da ich meine Gefühle unter Kontrolle bekommen wollte. 
Die Erleichterung und Freude stand mir ins Gesicht geschrieben, den Schmerz versteckte ich gekonnt hinter meiner Maske.
Zögerlich lächelte ich zurück.
"Alles okay?", fragte er mich.
Ich nickte und versank in seinen wunderschönen eisblauen Augen.
Die Wärme seiner Hand, die immer noch in meiner lag, machte sich dadurch noch mehr bemerkbar.
So schnell wollte ich sie nicht loslassen, aber früher oder später musste ich wohl.
Mit seinem wunderschönen Lachen riss er mich aus meinen Gedanken.
Er wedelte mit einer Hand vor meinen Gesicht, um meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
"J-ja?", fragte ich nervös und senkte meinen Blick. 
Was dachte er denn jetzt von mir?
Ich wollte gar nicht wissen, wie lange er versucht hatte, sich bemerkbar zu machen..
"Du träumst wohl ziemlich gerne, was?", lachte er.
Sein Lachen klang so unbeschwert..
Um seine Augen bildeten sich kleine Lachfältchen, die ihn noch um einiges schöner machten.
"Wie du heißt, hab ich dich gefragt."
"M-Manuel..", brachte ich hervor.
Scheiße, warum musste ich denn jetzt stottern?
Jetzt hielt er mich bestimmt für geistig behindert..
[Nichts gegen Behinderte!]
"Schöner Name",
meinte Taddl.
Ich war so perplex, dass ich noch nicht mal mehr ein "Danke" herausbrachte, stattdessen starrte ich ihn stumm an.
"Ist wirklich alles Okay bei dir?",
fragte er besorgt.
Seine Mundwinkel sanken ein Stück nach unten und er schaute mir prüfend ins Gesicht.
Sein Tonfall ließ mir einen wohligen Schauer über den Rücken laufen.
Er machte sich Sorgen - um mich?
Wortlos nickte ich.
Er warf mir einen unglaubwürdigen Blick zu und zog mich sanft an meiner Hand hinter sich her.
"Wo gehen wir hin?", fragte ich nervös.
"Erstmal weg von der Straße."
Wir liefen den Weg durch den Park zurück.
Nach einiger Zeit begann Taddl leicht verlegen zu reden:
"Hast du vielleicht Lust, noch mit zu mir zu kommen?"
Ich nickte glücklich.
Auf dem Weg zu seiner Wohnung versuchte ich, mir nichts anmerken zu lassen.
Ich wusste mehr über ihn als er dachte..

°Heaven°Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt