Ich denke, irgendeine höhere Macht im Universum sorgt dafür, dass wir die schweren Zeiten unseres Lebens noch intensiver wahrnehmen, langatmiger. Es muss etwas geben, das Sekunden in Stunden wandelt und uns klar zu machen versucht, wie beschissen wir es doch haben. Jedenfalls kommt es mir so vor seit Louis einfach gegangen ist. Mein Leben. Die Art von Soap-Folge, die man sich einfach nicht anschauen möchte, die man niemals wieder re-watchen wird, einfach weil sie zu sehr weh tut.
Auf der anderen Seite muss ich sagen, dass sich meine Eltern wirklich Mühe geben. Mum betüddelt mich wie einen verlorenen Welpen oder den verlorenen Sohn in diesem einen Gleichnis der Bibel. Nachdem sie nämlich ein ganzes Wochenende mit meiner Schwester verbracht haben und ich währenddessen auf Louis' Rückkehr gehofft habe, ist es mir irgendwann zu blöd geworden. Und jetzt sitze ich hier, in dem Schaukelstuhl auf der Veranda meines Elternhauses, in meinem Schoß ein Buch und eine Tasse Früchtetee in meiner Hand. Ich kann nicht wirklich sagen, dass ich mich super fühle oder meine Gedanken nicht 24/7 um Louis kreisen, aber es wird besser. Mit jeder Seite, die ich lese und jeder neuen Kanne verblasst meine Umwelt ein klein bisschen mehr. Viel mehr wünsche ich mir mittlerweile in den Welten meiner Bücher leben zu können, ohne Seelenverwandtschaft und bescheuerte Symbole auf dem Handgelenk, und das fühlt sich fast noch elendiger an als meine Sehnsucht nach Louis.
Von dem ich seit ganzen vier Tagen nichts mehr gehört habe. Kein einziger meiner 59 Anrufe ist angenommen worden, jede Nachricht ignoriert. Es ist sogar schon so weit gekommen, dass ich mir angesehen habe, ob sein Snapscore steigt. Das Resultat: ja, tut er. Anscheinend ist er mit allen möglichen Leuten in Kontakt, nur nicht mit mir. Wie schlimm ich mich damit fühle, lässt sich kaum in Worte fassen. Deshalb ist mein Handy nun auch ausgeschaltet. Lediglich Liam habe ich Bescheid gegeben, wo ich bin und dass ich vorerst ungestört und unauffindbar bleiben möchte. Ich rede mir ein, es sei besser so. Und wenn ich es nicht tue, macht es meine Mutter.
Als einzelne Sonnenstrahlen meine Haut kitzeln, recke ich meinen Kopf der Sonne entgegen, gierig nach der wohltuenden Wärme. Solche Momente sind rar, wenn der Winter Pennsylvania ergreift, und würde heute nicht dieser wahnsinnige Feuerball wenigstens ein bisschen Licht in die Welt bringen, würde ich sicherlich nicht eingemummelt in Decken vor dem Haus sitzen, sondern immer noch in einem Berg an Kissen und Decken. Wobei ich zugeben muss, dass es generell im Moment schwierig ist, Licht in mein Leben zu bringen.
"Na, Liebling. Genießt du die Sonne?" Ich muss blinzeln, als die leuchtenden Strahlen auf meine Pupillen treffen, dann verschärft sich meine Sicht wieder und ich sehe meine Mutter gegen eine der vielen Holzbalken hier draußen lehnen. Also nicke ich bedacht, dann schließe ich wieder meine Augen. Gerade verspüre ich keine große Lust auf ein weiteres Gespräch mit ihr. Denn ich weiß, dass es früher oder später auf Louis hinauslaufen wird und ich bin mir nicht mehr sicher, wie viele Tage ich das noch aushalten werde.
Da ich nun nichts mehr sehen kann, höre ich aber umso besser und vernehme genau, wie meine Mutter lang und angestrengt seufzt, dann knarzen die Dielen und nach einem Luftzug neben mir, weiß ich, dass sie sich auf den Schaukelstuhl neben mir gesetzt haben muss. "Mum", fange ich an, doch sie fällt mir ins Wort - was sie sonst nie tut.
"Ich weiß, ich weiß. Du willst nicht über ihn reden. Das musst du auch nicht. Ich bin gekommen, um dir etwas anderes vorzuschlagen." Ihre Worte machen mich neugierig, doch vermutlich ist es noch viel eher ihr Ton, weshalb ich blinzelnd meine Augen wieder öffne und ihr einen zweifelnden Blick von der Seite aus zuwerfe. "Du brauchst gar nicht so zu schauen." "Wie schaue ich denn?" "Wie jedes Mal, wenn ich versuche, mit dir über ernste Themen zu reden. Naja, abgesehen wenn unser Thema einen Namen hat, den ich ja nicht mehr benutzen darf." "Mutter!" Nun bin ich derjenige, der sie unterbricht, aber irgendwann muss bei dieser Frau auch mal gut sein. Sie kann nicht immer so schroff und gefühlskalt sein, ein bisschen Empathie muss selbst sie an den Tag legen. Beziehungsweise sollte sie das.
"Schon gut. Entschuldige." Ihr Blick zeigt dieses Mal wirklich etwas Schuldbewusstheit, weshalb ich einfach drüber hinwegsehe. Die Sonne scheint, ich habe keine Lust, die dadurch neu gewonnene Energie an meine Mutter abzugeben. "Was ich sagen wollte, ist, dass ich mit deinem Vater geredet habe über diese ganze Universitätssache. Du weißt schon, erst hast du für Gemma die UPenn abgelehnt und jetzt bist du in New York so unglücklich, da ist dein Vater auf etwas gestoßen, was dir vielleicht eher gefallen könnte."
Recht wenig überzeugt und durchaus kritisch nehme ich eine aufrechte Position in meinem Stuhl ein. "Und weiter?", hake ich nach. Irgendwo muss an der Sache etwas faul sein. "Du weißt ja, dass dein Vater seine Firma in Philadelphia hat", fährt meine Mutter fort und legt ihre Hände sorgfältig gefaltet in ihren Schoß, "und als er letztens nach Hause gefahren ist, ist er dabei auf etwas gestoßen und musste sofort an dich denken."
Ein wenig verwundert aber auch interessiert folge ich ihren Aussagen, als sie sich plötzlich zur Seite beugt und ihr Tablet hervorholt und es mir hinhält. Ihre Augen suchen nach meinen, bis sie sich finden - dasselbe strahlende Grün blickt mir entgegen, das ich so oft im Spiegel zu sehen bekomme - und ein sanftes Lächeln umspielt ihre Lippen. "Lies es dir durch, Liebling", meint sie voller Wärme in ihrer Stimme und fährt mir kurz über die dunkelbraunen Locken. Dann lehnt sie sich zurück und ich richte meinen Blick hinab zum Bildschirm. Die Website gehört zu einem bekannten Immobilienmakler, mit dem mein Dad schon oft Geschäfte gemacht hat, jedoch viel interessanter ist die Immobilie, die sich da vor mir in Millionen Pixeln erstreckt. Es ist ein kleiner Laden mit einem niedlichen Außenbereich inmitten eines Blumenladens und eines Brautmodenshops. Die Fassade leuchtet in knalligen Farben und generell sieht das ganze Ambiente so verlockend aus, das ich vermutlich sofort dieses Geschäft betreten hätte, wäre ich daran vorbeigelaufen. Auch wenn man das vielleicht nicht von mir denken würde mit den ganzen schwarzen Klamotten, den Tattoos und so weiter. Aber ich liebe solche Stile nun mal. Egal, wie entgegengesetzt sie auch sein mögen.
Doch dann fällt mir wieder auf, dass es meine Mutter ist, die mir diesen Laden hier auf ihrem Tablet zeigt und sofort holt mich die Realität wieder ein. "Warum zeigst du mir das, Mum?" Auch sie richtet sich nun wieder auf in ihrem Stuhl und nimmt mir das kleine elektronische Gerät wieder ab. "Wie du weißt, ist dein Geburtstag nicht mehr weit entfernt und aufgrund der gegebenen Umstände haben dein Papa und ich uns überlegt, dass wir dir diesen Laden gerne schenken würden. Wir wissen beide, welch große Liebe du fürs Backen und Kochen hast und mit deiner veganen Ernährung wäre das doch die perfekte Möglichkeit, alle deine Leidenschaften miteinander zu vereinen, oder nicht? Du solltest nichts weiterhin tun, was dich unglücklich macht und stattdessen eine Chance haben, glücklich zu werden. Wie deine Schwester. Also?" Ihre Augen, die meinen so wahnsinnig ähnlich sehen, dass es mich komisch nostalgisch fühlen lässt, blicken mich aufgeregt an. "Was sagst du, Harry? Der Kaufvertrag kann sofort unterschrieben werden, du musst nur ja sagen."
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i'm back mit einem neuen kapitel!
und nein, das ist kein april-joke, leider wird harry wirklich vor diese entscheidung gestellt.
was meint ihr, wie entscheidet er sich?habt eine schöne woche, don't let anyone bring you down x
all my love. lilly x
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Whole Souls (larry stylinson)
Fanfiction"Du bist kein Punk, du hörst alternative Scheiß und diesen bescheuerten Musical Soundtrack!" "Dear Evan Hansen! Es heißt Dear Evan Hansen!" "Halt einfach die Klappe." "Damit du dich nicht in meine liebenswerte Art verliebst?" "Damit ich dich nicht s...