Herz über Kopf

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Wieder in meinen eigenen Klamotten sah ich in den Spiegel. Meine Haare sahen aus wie ein rotes Vogelnest, in dem vermutlich noch ein paar Spatzen eine Party feierten. Ich wusch mein Gesicht mit kaltem Wasser und wünschte für einen Moment dies wäre nur ein böser Traum, aus dem ich einfach so erwachen könnte. Doch Fehlanzeige.

Stillschweigend ging ich aus dem Bad und fand Thomas im Wohnzimmer wieder, wie er auf der Sofalehne saß und mich niedergeschlagen ansah. Mir fiel auf wie rot und müde seine Augen dreinblickten und tiefe Schatten auf seinem Gesicht lagen. Wieder so ein Augenblick, in dem wir uns nur blöd anstarrten.

Hätte er sich nicht zumindest ein Shirt anziehen können?!

"Liv ..." setzte er an doch ich unterbrach in umgehend.

"Nicht." ich sah ihn ernst an. "Bitte. Thomas, danke dass du mich vor dem Dasein einer Wasserleiche bewahrt hast und es tut mir leid dass du das mitbekommen hast, aber..." jetzt war er es der mich unterbrach.

"Du musst dich nicht bedanken. Ich habe es gern getan. Ich könnte nicht damit leben wenn dir etwas zustößt. Und entschuldigen musst du dich auch nicht. Ich würde immer kommen wenn du rufst, egal wann oder wieso." sagte er und richtete sich auf. Ich musste schlucken, seine Worten trafen mich mitten ins Mark. Sie klangen so ehrlich und aufrichtig, dass sich ein Kloß in meinem Hals bildete. Beinahe hätte ich ihn angeschrien und gefragt wieso er mich dennoch belogen und hintergangen hatte, doch ich schwieg.

Thomas näherte sich mir unerbittlich und sah mir mit seinen dunklen Augen direkt in die Seele. Ich wollte ihn aufhalten, ihn abweisen doch ich rührte mich nicht. Wie paralysiert ließ ich ihn sich nähern und spürte erneut seine Wärme die er ausstrahlte.

Zu gern hätte ich ihn weggestoßen und wäre von hier geflohen, doch so laut mein Verstand auch schrie, mein Körper gehorchte nicht.

"Liv ich würde alles für dich tun. Ich habe einen Fehler gemacht, dass weiß ich jetzt. Ich wusste es schon in dem Moment, als es geschah." er schluckte, so als würde es ihm unendlich schwer fallen.

"Ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll." für einen Moment verlor ich meine Abwehrhaltung gegen ihn und auch mir schnürte sich die Kehle zu. Ich konnte sehen wie seine Augen verdächtig schimmerten und bezweifelte nicht dass meine es ebenfalls taten.

Ich wollte etwas sagen, doch er war schneller als ich. Blitzschnell packte er meine Hüften, presste sich an mich und küsste mich. Verzweiflung lag so schwer auf diesem Kuss, sie ging von uns beiden aus. Ich hatte das Gefühl dass wir das gleiche wollten doch nicht wussten wie wir da ran kommen sollten. Es war zum verrückt werden. Seine Lippen teilten meine und nun war ich es, die sich wie eine ertrinkende an ihn klammerte. Der Kuss schmeckte salzig, ob es nun meine Tränen oder seine waren war mir nicht bewusst und es war auch egal. Seine Hände fuhren unter mein Shirt und berührten meinen nackten Rücken, ich presste mich so sehr an ihn, dass kein Blatt mehr zwischen uns passte. Ein leises Knurren entfloh seiner Kehle, das mir Gänsehaut bereitete. Plötzlich glitten seine Finger über meine Wange in mein wirres Haar und hielten mich fest. Dort wo ich war.

Es vergingen einige atemlose Augenblicke ehe er sich von mir löste und schwer atmend die Stirn an meine legte.

"Ich..." er stockte. Mein Herz flatterte in Erwartung. Er würde doch nicht...

"Ich hatte keine Wahl" setzte er erneut an. Die Erwartung erstarb. Nein hat er nicht.

Wie vor den Kopf gestoßen sah ich ihn ungläubig an und wich zurück. Es fühlte sich viel mehr wie ein Messer in mir an, als wie ein Schlag vor den Kopf.

Stumm lies ich die Hände sinken, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, bis in mir eine Sicherung knallte.

Wie wild stampfte ich zur Tür, schnappte mir meine Chucks und hielt kurz inne. Wieder erfasste mich diese Wut. Ich wirbelte herum und ging erneut auf Thomas zu, der wie überrumpelt dort stand, ohne Shirt und mit geröteten Augen. Wildes Haar fiel im ins Gesicht, doch ich musste mich wieder fangen um die nächsten Worte zu sprechen ohne zu zugeben wie verletzt ich war.

"Man hat immer eine Wahl" sagte ich heiser. Einen Moment sah ich ihm noch in die Augen, hoffte auf eine Regung, eine Antwort. Doch, nichts.

LOVE OLIVIA // TBS FF✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt