Teil 1

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So langsam bin ich echt zu alt für die Toggo Tour. Ü-Eier-Lauf, Kinder-Pingui-Eisschollen hüpfen ... da darf mich aber echt keiner aus meiner Klasse mehr erwischen. Das einzige, was mich noch herzieht, ist das Bühnenprogramm. Naja, eigentlich auch nur Feuerherz. Die einzige Schlager-Boygroup Deutschlands.
Der Auftritt heute war wieder genial. Abgesehen von den Groupies aus der ersten Reihe, die wieder die ganzen Kleinen weggekickt haben. Mangel an Musikalität gleichen sie durch Lautstärke aus. Stellenweise war nicht mal mehr die Band zu hören.
Ich gehöre eher zu den leisen. Klar, kann ich auch alle Texte auswendig, freue mich über ein Augenzwinkern oder ein Lächeln und träume von einem Treffen mit den Jungs - vorallem mit einem. Aber ich falle nicht ins hysterische Kreisch -Koma oder brülle volle Kanne "Basti, ich will ein Kind von dir!"
Äh, ja. Echt peinlich sowas. Vorallem auch, weil meine Eltern mich nicht alleine auf die Konzerte lassen, sondern immer neben mir stehen! Heute war ich ihnen zum ersten Mal entkommen, aber auch nur, weil ich endlich meine Freundin überreden konnte, mal mitzukommen. Zu zweit haben sie uns "alleine" auf das Hafenfest und die Toggo Tour gelassen. 

Die Jungs haben die letzten Autogramme gegeben und sich in den Backstage-Bereich verzogen.  Die kreischende erste Reihe zerrt an den Absperrungen, wahrscheinlich um ihre Drohungen mit dem Kind wahrzumachen. Emmy - meine Freundin - zerrt an mir.
"Laß uns gehen", quengelt sie, "das Konzert ist doch endlich vorbei."

Emmy fand die Jungs wohl nicht so toll - nächstes Jahr werde ich wohl wieder mit meinen Eltern hier stehen und meine Mutter singt wieder peinlich die gecoverten Songs aus dem letzten Jahrhundert mit. Na egal, heute bin ich frei und das werde ich jetzt definitiv genießen.

Schweren Herzens überlasse ich die Jungs ihrem Schicksal und wir schlendern noch einmal über das Fest. Auf der Promenade sind überall nur Freßbuden, Menschenmassen und Gedrängel. Das ist echt nicht so meins. Als wir uns endlich bis zur Sechserbrücke vorgearbeitet haben, bin ich schon total abgenervt. Aber Emmy will unbedingt noch weiter. Letztes Jahr hat sie hier hinten soooo einen tollen Stand mit Taschen gesehen. Naja, sie war mit mir auf der Toggo Tour, da muß ich jetzt wohl mit ihr zu den Handtaschen. Allerdings habe ich von Jungs nicht halb so verzückt geschwärmt, wie sie von den ollen Handtaschen.
"Oh, guck mal! Ist die nicht toll? Mit der Silberschnalle! Oder die hier ... meinst du, die paßt zu meiner neuen Jacke?"
Äh, wen interessiert's? Aber das kann ich natürlich nicht sagen, also zucke ich nur mit den Schultern und gebe irgendwelche Geräusche von mir, die sowohl ja als auch nein bedeuten können. Sie hat die Taschen und Täschchen noch nicht einmal zur Hälfte durch, mich haben schon gefühlt 250 Leute angerempelt und weggeschubst, da kickt mich schon wieder so ein A... zur Seite.
"Boah, jetzt ist aber mal gut." Doch der Typ ist schon verschwunden. Ich bekomme bloß noch seine Rückansicht mit wehenden blonden Locken unter einem albernen Basecap zu sehen. Und ich bekomme Emmys Aufmerksamkeit. "Was'n los?"
"Ach nichts. Mich hat hat bloß schon wieder so ein A.... angerempelt." Ich nicke in Richtung Lockenkopf.  "Hab ich vielleicht Kick mich auf der Stirn zu stehen?"
Emmy kichert. "Der sieht aus wie ... wie heißt der Blondie von deiner Gruppe?"
Oh Mann! Manchmal klingt Emmy wie meine Oma. Selbst meine Eltern sagen Band und nicht Gruppe ... trotzdem hat sie irgendwie recht.
"Jetzt, wo du's sagst ... der sieht echt aus wie Matt."
"Uh, stell dir mal vor: Matt", sie spricht den Namen betont langgezogen aus, "hat dich angerempelt. Jetzt darfst du deinen Arm nie mehr waschen." Sie verdreht die Augen und kichert. Ich schnaube entrüstet und haue ihr meinen Ellenbogen in die Seite.
"Bist du endlich fertig mit deinen Handtäschchen? Oder suchst du noch eine, wo dein Taschenspiegelchen hineinpaßt?"
Emmy grinst mich an. "Guck mal, da vorn", sie zeigt zur Secherbrücke, "da ist wieder dein Matt-Typ."
"Das ist nicht mein ..."
Doch Emmy läßt mich nicht ausreden. "Komm, wir gehen mal hinterher und gucken wer das ist. Wer weiß ...", wieder dieses Grinsen und jetzt auch noch ein anzügliches Zwinkern, "Vielleicht ist es ja tatsächlich Mätty-Boy. Und wir finden sein dunkles Geheimnis heraus."
SIe hat eindeutig zuviel 3!!! gelesen! Aber wer weiß, vielleicht hat sie ja recht.


Feuerherz - My heart's on fire ( Mein Tag mit Matt)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt