Teil6 - in dem ein Holländer Enten füttert

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Er stellt es gleich auf Lautsprecher und schon hören wir wieder Basti.
„Matt? Scheiße, wir kommen hier nicht weg." Lauter Tumult im Hintergrund. „Wir sind gerade auf die ..." Bastis Stimme ist nur ein Murmeln. „Wir sind gerade auf die AVUS gefahren. Keine Ahnung, Alter, wo wir sind. Aber die sind immer noch hinter uns her."
Jetzt hört man im Hintergrund eine verzerrte Mädchenstimme, wie durch ein Megaphon verstärkt Basti wir wollen ein Kind von dir! rufen.
„Wie ist's bei dir? Alles okay? Hältst du noch aus?"
Matt grinst sich eins. „Ja, ja, alles prima bei mir. Ich esse gerade ein Eis und gucke mir die Gegend an."
Ich könnte dahinschmelzen bei seinem süßen holländischen Akzent. Ik speek geen Hollands – aber bitte sprich weiter ...
„... versuchen auf den Berliner Ring zu kommen und uns dann abzusetzen. Dauert noch Alter, aber bis zum zweiten Auftritt schaffen wir."

„Hey, dann haben wir ja Zeit genug! Los, zum Tretboot-Verleih." Wir stürmen los ohne auf Matts Antwort zu warten. Wir stehen schon in der Schlange, als Matt sich wieder zu uns gesellt.
„Also, ich weiß nicht ..."
Warum ist er denn so zögerlich? Zeit haben wir doch genug. Aber vielleicht hat er ja gar keine Lust mehr, noch mehr Zeit mit uns zu verbringen.
Da sind wir auch schon an der Reihe. Matt sieht ziemlich unbehaglich aus als er auf das Tretboot guckt. Als ich drauf schaue, kann ich ihn allerdings verstehen. Das einzige vorhandene Tretboot ist dieser alberne Schwan.
„Was jetzt? Wollta oder nich'? Da wartet noch 'ne janze Schlange hinta euch." Der Verleiher guckt uns an.
„Äh, ich glaube, wir wa..."
„Cool! Nehm' wir", unterbricht mich Emmy entzückt. Wahrscheinlich paßt der Schwan ganz hervorragend zu ihrer Handtasche.
„Nicht dein Ernst, oder?"
Doch sie steigt schon – ganz Lady – an der Hand des Verleihers ins Boot. Uns bleibt gar nichts anderes übrig, als hinterher zu klettern. Ich nach vorne zu Emmy, Matt auf die Rückbank. So tuckern wir hinaus auf den See.
„Na, ist doch prima, oder?", fragt Emmy unseren Passagier auf der Rückbank. Von dem kommt allerdings nur ein Hm-m. Egal. Ich laß mich von Emmys guter Laune anstecken. Ich falle sogar in ihren Gesang ein, obwohl doch einer aus der Band, der tausendmal besser singen kann als ich, direkt hinter mir sitzt.
„Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön ..." Wir singen eher laut, als richtig und schunkeln dabei schön im Gleichtakt. Strahlend drehen wir uns zu unserem Gast um. Der hockt allerdings ziemlich bleich und verdächtig still auf der Rückbank. Das entgeht auch meiner Freundin nicht.
„Was ist denn los? Angst?" Sie grinst frech. Matt schüttelt mir einem sehr dünnen und sehr gekünstelt wirkenden Lächeln den Kopf.
„Etwa seekrank?"
OMG! Das ist es! Matt ist seekrank. Deshalb wollte er auch nicht auf die Insel rüber.
Emmy, die alte Hexe, fängt wieder an hin und her zu schaukeln.
Matt beginnt zu würgen. Als er sich über die Seitenwand hängt, fällt ihm sein Basecap ins Wasser.
„Gut, daß Entenfüttern nur an der Promenade verboten ist." Wir hatten gar nicht bemerkt, daß ein anderes Tretboot dicht neben uns fährt. Die Mädchen – oder sollte ich lieber blöde Zicken sagen? – gackern gehässig. Die, die gesprochen hat, kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich stupse Emmy in die Seite. „Laß uns lieber abhauen, die waren auch auf der Toggo Tour."
Man kann über Emmy sagen, was man will, aber wenn es drauf ankommt, kann man sich zu 100% auf sie verlassen. Sie schneidet bloß noch eine Grimasse in Richtung der Mädchen und tritt dann mit mir zusammen ordentlich in die Pedale. Keine Sekunde zu früh. Matt wird genau in diesem Moment mit seiner Entenfütterung fertig und hebt den Kopf.

Wir müssen gar nicht verstehen, was die kreischen. Sie haben Matt erkannt. Der wird wenn möglich noch blaßer. Ich bin mir nicht sicher, ob es an den hysterischen Mädels oder aber unserem Fahrstil liegt.
„MÄÄÄÄÄÄÄÄTT!"
Ich muß mich wieder umdrehen. Das Grauen fasziniert mich zu sehr: Die eine, die gerade Matt gebrüllt hat, ist von der Rückbank ist aufgestanden und schickt pausenlos Luftküsse herüber. Als die keine Wirkung zeigen – Matt sitzt bleich und mit aufgerissenen Augen auf der Rückbank – zieht sie sich ihr T-Shirt über den Kopf und wedelt wie eine Verrückte damit herum. Jetzt brüllen alle drei im Chor: Matt! Matt! Matt!
Echt Gruselig!
Doch diese kleinen Horror-Einlage hat uns einen Vorsprung verschafft.
Es hat eben auch seine Vorteile eine Scharfenbergerin zu sein. Auch wenn wir unseren Sportlehrer mit schöner Regelmäßigkeit verfluchen, wenn wir wieder Boxsäcke im Joggen rund um die Insel tragen oder im Wassersport-Profil stundenlang um die Insel rudern müssen. Jetzt jedenfalls kommt uns das zugute, wo wir so durchs Wasser pflügen. Vor uns unsere Schulinsel Scharfenberg, hinter uns drei kreischende Mädchen, auf der Jagd nach unserem halb besinnungslosenFahrgast.

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Falls ihr euch fragt, was eine Scharfenbergerin ist:

DIe Schulfarm Scharfenberg gibt es tatsächlich in Berlin und ist ein Gymnasium.
Eine Scharfenbergerin ist also eine Schülerin der Schulfarm.
Scharfenberg ist allerdings ein "ein bißchen anderes" Gymnasium ... die Schule liegt auf einer Insel, d.h. die Insel ist die Schule, und kann nur über eine Fähre oder mit den Ruderbooten erreicht werden.  Es gibt eine Landwirtschaft mit Pferden, Schafen, Ziegen und vielen anderen Tieren, eine Gärtnerei und und und ... und Wassersport wird ganz groß geschrieben.
Ein Internat gehört ebenfalls dazu. Dort wohnt ja Emmy unter der Woche.

Ach ja, und falls euch meine Geschichte gefällt, dann schenkt mir doch ein Sternchen.

Und wenn sie euch nicht gefällt, würde ich mich freuen, wenn ihr mir schreibt, was euch nciht daran gefällt, was ihr stattdessen erwartet, was ich besser machen kann ...

VIelen Dank euch allen, die ihr bis hierher gelesen habt!

Feuerherz - My heart's on fire ( Mein Tag mit Matt)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt