Teil 8 - in dem wir vom Schrecken der Insel erwischt werden

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„Na, dann ... Mett ...wo kommst du her?"
„Aus Holland", sagt er. Und wieder dieses Strahlen. Er ist sooo süß, wenn er so lächelt! Ich muß wohl laut geseufzt haben, denn Emmy schickt mir unter feuchtem Geschmatze Luftküsse, verdreht die Augen und grinst. Ich trete ihr gegens Schienbein. Das mit der besten Freundin muß ich mir noch mal überlegen!

„Holland." So wie Frau Kieker das sagt, klingt es wie irgendetwas perverses. „Gurken und Tomaten." Sie mustert Matt mit zusammengekniffenen Augen. Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber sein Lächeln wirkt jetzt ein bißchen verkrampft. „Na, solange du deine bei dir behältst, soll's mir egal sein."

OMG! Das hat sie jetzt nicht wirklich gesagt, oder?

Doch. Hat sie. So wie die Fährmänner grinsen. Nur Matt scheint nicht so ganz mitbekommen zu haben, wovon die Landwirtin geredet hat.

„Steh nicht rum, wie ein Ölgötze. Komm mit, ich bring dich zum Franzosen. Der sammelt bestimmt gerade Schnecken für sein Abendessen. Der kann dir dann alles zeigen."
„Entschuldigung", sagt Matt, denn sein Handy muß ausgerechnet jetzt bimmeln. Vadder Abraham mit dem Lied der Schlümpfe. „Hallo, Basti, ich ..." weiter kommt er nicht, da hat Frau K. ihm sein Handy aus der Hand genommen.
„Handys während der Arbeit gibt's bei mir nicht", sagt sie streng und läßt es in der Brusttasche ihrer Latzhose verschwinden. Einen sicheren Verwahrungsort gibt es auf der ganzen Insel nicht!

„Aber ..."
„Nix aber. Jetzt wird gearbeitet." Bevor Matt auch nur noch ein Wort sagen kann, schiebt sie ihn einfach Richtung Schulgarten. Sie hält ihn für den neuen Landwirtschaftspraktikanten, der nächste Woche hier anfangen soll. Das könnte uns die Matt-Rettungsaktion erleichtern. Wir warten einfach, bis sie ihn bei Francois abgeliefert hat und sammeln ihn dann dort ein. Matts Handy wieder zurückzubekommen, das wird allerdings eine ganz andere Nummer.

Wir warten, bis die beiden hinter dem Fährhaus verschwunden sind, dann schleichen wir hinterher. Durch die Büsche, das ist sicherer. Bei Frau Kieker weiß man ja nie.

„FRANCOIS!"

Nicht nur Matt zuckt zusammen, als Frau K. unvermittelt losbrüllt. Die Laufenten im Schulgarten schrecken aus ihrer Mittagsruhe auf und watscheln panisch durch die Beete. Als kein Francois auftaucht, reiß Frau Kieker das Tor auf und stürmt in den Schulgarten. Vielleicht hätte sie Matt sagen sollen, daß er das Tor hinter sich zu machen muß. So aber stürmt eine der Laufenten auf ihrer Flucht vor Terminator K. direkt durch Matts Beine hindurch, hinaus in die Freiheit. Eigentlich sind wir zu weit weg, um verstehen zu können, was da gesprochen wird, aber Frau K.s Fluch hallt laut und deutlich herüber. Sie schubst Matt hinaus und knallt das Tor zu. Dann laufen beide der Ente hinterher.
Als dann auch noch Vadder Abraham direkt an Frau K.s Busen wieder anfängt sein Schlumpflied zu trällern, pinkeln Emmy und ich uns bald in die Hose vor Lachen. Doch das Blatt wendet sich und die Laufente watschelt aufgeregt schnatternd direkt auf unser Versteckt zu. Ihre Jäger sind ihr knapp auf den Fersen.
„Verdammt. Weg hier", zischt Emmy, die sich als erste von unserem Lachflash erholt hat. Ist aber trotzdem zu spät. Die Ente bremst scharf vor uns ab und glotzt uns mit offenem Schnabel an. Wahrscheinlich ist sie jetzt überfordert, das arme Ding. Genau wie wir. Wir schwanken zwischen Pflichterfüllung – Einfangen der Ente – und Flucht – Rettung unseres Lebens

„Los!", brüllt da schon Frau K. und gibt Matt einen Schubs. Der bleibt mit seinen Flipflops an einer Wurzel hängen und macht fast 'nen Abgang. Aber er kommt gerade noch rechtzeitig zum Stehen, bevor er auf die arme Ente tritt. Für einen Moment erstarren wir alle. Vadder Abraham, weil Basti aufgelegt hat. Die Ente, weil sie wahrscheinlich keinen Ausweg sieht. Wir, weil Frau K. nur noch durch einen spillerigen Busch von uns getrennt ist. Frau K., weil sie uns entdeckt hat. Und Matt, weil er nicht wirklich weiß, was er jetzt mit der Ente machen soll. Frau K. setzt Prioritäten und brüllt erst mal Matt an. Der greift reflexartig nach der Ente, die vor Schreck auf sein Hemd kackt. Gelb-grün und recht flüssig.
Frau K. schnappt sich die Ente und klemmt sie unter ihren Arm. Dann kommen wir an die Reihe.
„Was macht ihr denn hier?" Auf einer Skala von 1 bis 10 ist die Frau in Sachen furchteinflößend gerade bei einer 100. Weshalb wir genauso erstarrt sind, wie Matt und die Ente und nicht schnell genug antworten.
„Am Wochenende haben Schüler hier nichts verloren!", donnert sie. Die Ente zieht den Kopf ein. „Stellt ihr jetzt etwa schon meinen Praktikanten nach? Ihr hormongesteuerten ..." Für einen Moment fehlen ihr tatsächlich die Worte. „Teenager!" Bei ihr klingt das wie ein Schimpfwort.
„Entschuldigung." Matt hält sein bekacktes Hemd mit spitzen Fingern von seinem Bauch weg.
„Klappe", raunzt Frau K. ohne uns aus den Augen zu lassen. „Mit euch befasse ich mich dann später. Jetzt jätet ihr erst mal Unkraut. Und wehe, ich sehe auch nur noch eine kleine Pflanze, die nicht ins Beet gehört." Sie läßt ihre Drohung nachhallen. Als uns, für ihren Geschmack, ausreichend Angstschweiß auf der Oberlippe steht, drückt sie mir die Ente in die Hand. Gott sei Dank bleibe ich vor einer gelb-grünen Attacke verschont. Ein bekleckertes T-Shirt pro Tag reicht.
„Und du", jetzt dreht sie sich zu Matt um und haut ihm auf die Schulter, so daß ihm das Hemd aus den Fingern rutscht und an seinen Bauch klatscht. „Du kommst dann eben mit mir mit. Zu den Ziegen. Zeit zum Melken."
Ihr Böser Blick streift uns noch einmal und wir huschen so schnell wir können in den Schulgarten. Das Tor schließen wir fest hinter uns.

Feuerherz - My heart's on fire ( Mein Tag mit Matt)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt