Teil15

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Sport ist so überhaupt nicht mein Ding und ich bin froh, daß es ein altmodischer Weidezaun aus Holz ist. Da schaffe selbst ich hinüber. Trotzdem reicht mir Matt – ganz Gentleman – die Hand, um mir herunter zu helfen. Ich werde übermütig und springe und lande prompt in Matts Armen. Ob die Mädels aus der zweiten oder gar ersten Reihe auch zurückgesprungen wären, als hätten sie einen elektrischen Schlag bekommen?

„Na, komm. Gleich haben wir's geschafft." Matt zieht mich ein Stück hinter sich her, ehe er meine Hand losläßt. OMG! Ich werde meine Hand nie wieder waschen! Naja, zumindest nicht bis heute Abend.
„Hier läuft man viel besser." Die Freude über das kurze Gras der Wiese ist Matt anzusehen. „Ob hier auch Ziegen den Rasen mähen?" Er wird richtig albern – wahrscheinlich vor Erleichterung, daß er bald wieder zurück in der Zivilisation ist – meckert wie eine Ziege und tut so, als schöbe er einen Rasenmäher vor sich her. Mir dagegen ist auf einmal gar nicht mehr zum Lachen zumute. Abgezäunte Wiese im Wald, kurzgefressenes Gras ... ich weiß wieder, warum vorhin die Alarmglocke in meinem Kopf losgegangen ist.
„Äh, Matt?"
Er stoppt seinen imaginären Ziegen-Rasenmäher und dreht sich zu mir um. „Hast du eine Ziege gesehen?" Ich fürchte sein Grinsen wird ihm gleich vergehen.
„Nein", antworte ich so ruhig ich kann, „Aber in dem Gehege sind die Wasserbüffel."
„Water buffels?" Für einen Moment schaut er mich schockiert an, doch dann lacht er. „Ach komm, du willst mich schon wieder veräppeln."
Er sieht nicht mehr, wie ich den Kopf schüttele, denn er hat sich schon umgedreht, um seinen Weg über die so wunderbar kurzgemähte Wiese fortzusetzen. Ein ganz und gar un-Star-haftes Quieken, ein Satz zurück und diesmal habe ich Matt in den Armen. Aber diesmal lasse ich ihn nicht los. Es ist gemein, ich weiß, aber er steht nun mal zwischen mir und dem Wasserbüffel am anderen Ende der Wiese. Und es war schließlich Matts Quieken, daß den Büffel mit den Hufen scharren laßt.
„Ganz ruhig bleiben", flüstere ich Matt zu, „die tun nichts." Mittlerweile haben sich noch drei weitere Wasserbüffel der Herde eingefunden. Sie stehen da, kauen und glotzen uns an. Nur der Leitbüffel scheint uns nicht so recht zu mögen. Wasserbüffel sind sensibel. Wahrscheinlich hat ihm Matts Quieker das Trommelfell akustisch perforiert. „Also, ganz still. Und gaaaanz langsam und ruhig weitergehen." Ich habe leicht reden, ich klammer mich immer noch von hinten um Matts Taille und schiebe ihn als lebendes Schutzschild vor mich her. Schritt für Schritt kommen kommen wir dem Zaun näher. Nicht mehr weit.
Vielleicht noch 25 Meter.
Zwei Wasserbüffelkühe mit ihren Kälbern haben sich zu den anderen gesellt.
Noch 24 Meter.
Der Leitbüffel senkt den Kopf und schnaubt.
23 Meter.
Die Kälber blöken und laufen in unsere Richtung.
22 Meter – 21 Meter – Gaaanz ruhig bleiben.
Vadder Abraham beschallt die Wiese mit seinem Schlupflied!
„LauF!", rufe ich. Allerdings habe ich Matt gemeint und nicht auch noch die Wasserbüffel!

Sagt mal, wo kommt ihr den her?

Die Büffelhufe donnern im Stakkato dieses bescheuerten Klingeltons über die Wiese.

Aus Schlumpfhausen, bitte sehr.

Der Schlumpfgesang übertönt die Büffel, aber 1000kg Lebendgewicht verteilt auf 3 Meter Körperlänge und vier Hufe bringt die Erde zum beben.
Kurz vor dem noch nervigeren Refrain erreichen wir den Zaun. Die Büffel sind uns dicht auf den Fersen. Ich glaube schon ihren Atem in meinem Nacken zu spüren. Es könnte aber auch Matt sein. In letzter Sekunde sehe ich den riesigen Scheißhaufen, direkt vor dem Gatter. ich rette mich mit einem Sprung zur Seite. Und dann über den Zaun.
Matt hat leider weniger Glück. Er tritt voll rein. Seine Flipflops pflügen durch die braune Masse und er rutscht aus. Sein Schrei übertönt selbst die Schlümpfe. Vielleicht war es auch meiner. Denn ich hatte schon Horrorvisionen, wie der genervte Wasserbüffel in voller Fahrt auf Matts Kopf stampft, der wie eine Wassermelone zerplatzt und ...
... aber da rutscht auch schon Matt – mit den Füßen voran, auf dem Rücken liegend – wie ein Bobfahrer, unter der untersten Latte des Zauns durch, auf mich zu und bleibt direkt vor meinen Füßen liegen. Wir schreien beide noch ein bißchen weiter. Ich raufe mir die Haare und trampel dabei von einem Fuß auf den anderen. Matt liegt einfach auf der Wiese, den Kopf angehoben, so daß wenigstens seine Haare keine braune Kurpackung abbekommen haben.

Vadder Abraham gibt noch immer keine Ruhe. Matt kramt in seiner Hosentasche und zieht sein Handy heraus.

„Ik ben volledig van shit!", brüllt er statt einer Begrüßung. Ich muß kein holländisch können, um das zu verstehen. Ich weiß nicht mehr, ob ich lachen, weiter brüllen oder heulen soll. Mein Gehirn entscheidet sich für Lachen. Hysterisch kichernd torkel ich hin und her. Das muß wohl ansteckend sein. Ich sehe noch, wie Matt sein Handy zur Seite feuert, dann laße ich mich neben ihm auf die Knie fallen und wir haben den Lach-Flash unseres Lebens.

Feuerherz - My heart's on fire ( Mein Tag mit Matt)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt