„Alter!" Karsten macht zwei Schritte rückwärts, Domi fängt wieder an zu würgen.
„So kannste aber nicht auf die Bühne." Basti hebt abwehrend die Hände und läßt Matt nicht in den Backstage-Bereich.
„Geh mal duschen", kommt ein weiterer wenig hilfreicher Kommentar von Karsten.
Obwohl ... so blöd ist die Idee vielleicht gar nicht. Die Bühne ist nur durch die schmale Promenade vom See getrennt. Und der ist hier nicht tief.„Das ist es!", ruf ich hinter dem Manager, der mich immer noch hinter den Zaun drängen will. „Der See, Matt!" Ich war nur einen klitzekleinen Moment abgelenkt und schwupps! hat mich der Manager sozusagen vor die Tür geschoben. So ein Mist! Hinter der Backstage-Absperrung beginnt eine wilde Diskussion. Ich kann nur Wortfetzen verstehen. Bevor ich mich entschieden habe, was ich machen soll – warten oder vor die Bühne gehen – öffnet sich die Absperrung wieder und Matt kommt heraus.
„Schnell, zum See."
Ich schnapp mir seine Hand und ziehe ihn durch's Besucher-Getümmel. Ist nicht so einfach wie ich dachte, aber spätestens wenn Matt in Riechweite kommt, macht man uns Platz. Wir drängeln uns zwischen zwei Ständen durch und schon liegt der See vor uns. Gut, daß die Enten und Schwäne durch die Besucher-Massen völlig abgestumpft sind. Nur die eine oder andere gibt ein leises, gelangweiltes Quaken von sich. Einen Moment zögert Matt. Doch dann schallt Bastis Stimme zu uns herüber. Er versucht die Fans hinzuhalten, doch der Wind trägt auch Pfiffe und kollektives Gemurre herüber. Das Zeichen für Matt, endlich etwas zu tun. Und das tut er dann auch. Er zieht vorsichtig das Hemd über den Kopf, wohl, damit die Frisur nicht leidet – Knöpfe aufmachen und normal ausziehen, wäre zu einfach gewesen ... und vor allem nicht so spektakulär, als wenn man sein Six-Pack am Bauch nach und nach enthüllt. Bei uns gibt es jetzt auch Gepfeife, aber diese Pfiffe sind eindeutig anerkennend. Das scheint den Model-Modus in Matt zu aktivieren. Er schenkt uns ein Zahnpasta-Lächeln bevor er uns seinen Rücken zukehrt und langsam die Hose auszieht. Und ich schwöre, er hat mit dem Hintern gewackelt, als er mitsamt Flipflops ins Wasser marschiert. Er geht soweit hinein, bis ihm das Wasser bis zum Bauchnabel reicht und fängt an, sich zu waschen. Es hat sich einiges an Zuschauern angesammelt, ich höre die Handy-Kameras klicken. Die ersten beginnen ihn anzufeuern. Sein Lächeln wird breiter. Er dreht sich noch ein-, zweimal kokett nach links und rechts und dann ...Taucht er unter!
Von der Bühne dringen mittlerweile „Matt! Matt! Matt!"-Rufe herüber. Matts Oberkörper durchbricht die Wasseroberfläche. Er wirft seinen Kopf in den Nacken, Wasser spritzt aus seinem nassen Haar, läuft an seiner gebräunten, glatten Brust hinab. Daß er noch hüfttief im See steht erschwert das Laufen. Aber mit jedem Schritt wird es leichter. Im Rhythmus seiner Schritte wirft er sein Haar nach hinten. Erst rechts, dann links. Wo sein Körper das Wasser teilt, entstehen kleine Schaumkronen, die von den Wellen davongetragen werden. Aber Matt kümmert sich gar nicht darum. Wieder am Ufer, greift er meine Hand und zieht mich mit, Richtung Bühne. Als die Fans ihn erkennen, sind sie am ausrasten. Die Security hat alle Hände voll zu tun.
Mich hat der 2m-120kg-Security-Mann auch schon fast von Matt weggezerrt. Doch Matt hält mich fest an der Hand und sagt: „Melly gehört zu mir. Bring sie hinter die Absperrung." Er lächelt mir zu und erst als der Security-Mann nickt, läßt Matt meine Hand los.
Melly gehört zu mir, hat er gesagt! OMG! Das glaubt mir Emmy nie! Ich gehöre zu ihm!
Irgendwie schafft es die Security Matt sicher auf die Bühne und mich zwischen Absperrung und Bühne zu bringen. 2m-120kg bleibt in meiner Nähe. Als ich Jenn, Jäääzz und Cel – wie gewohnt in der zweiten Reihe – erkenne bin ich froh darüber. Die drei haben auch mich erkannt und rufen etwas in meine Richtung. Bestimmt nichts nettes.
Die erste Reihe ist heute Abend eine andere. Alle sind noch vollständig bekleidet und keine möchte ein Baby von wem auch immer. Ich erkenne ein Mädchen, mit dem ich schon öfter zusammen an der Seite oder weiter hinten auf Konzerten stand. Sie hat es heute in die erste Reihe geschafft. Unsere Blicke treffen sich und wir freuen uns für die jeweils andere.
Das Konzert wird legendär! Und nicht nur, weil Domi und Karsten noch ganz schön betrunken sind oder Matt sich nur noch eine kurze Jeans über seine nassen Boxershorts gezogen hat.
Als die übliche halbe Stunde Toggo-Konzert-Zeit rum ist, spielen die Jungs einfach weiter. Und Veranstalter und Manager lassen sie spielen. Vielleicht erkennen sie, daß es genau das ist, was die Jungs nach so einem Tag brauchen.
Mit einem Mal steht ein Security-Mann auf der Bühne. Er hat eine Gitarre in der Hand und sieht ein bißchen verloren aus. Vor der Bühne scheint er sich wohler zu fühlen. Die Jungs nehmen ihn in ihre Mitte.
„Das hier ist Mickey", stellt Basti ihn vor und Mickey bekommt einen Applaus, der seine Ohren noch roter werden läßt. Schräg hinter mir höre ich Pfiffe. Jenn, Jäääzz und Cel.
„Wir hatten heute alle einen verrückten Tag", fährt Basti fort. „Wir wurden von Mädchen verfolgt ..." Lautes Gejohle aus dem Publikum. „Nein, nein, ehrlich, Leute. Wir wurden bis auf die Autobahn verfolgt. Diese Mädchen sind hinter uns her, haben uns bedrängt und nicht nur ihr Leben gefährdet, sondern auch unseres und das aller, die gerade in der Nähe waren." Jetzt ist es ganz still im Publikum. „Ganz ehrlich, bitte, benehmt euch nicht so. Wir lieben unsere Fans, aber sowas hat nichts mehr mit Fan sein zu tun. Das ist ..." Er sucht nach Worten.
„Einfach nur blöd", hilft ihm Karsten aus. Er lallt noch ein bißchen. Bevor das Jemanden auffällt übernimmt Basti schnell wieder. „Wir haben's nur mit Mühe wieder hierher geschafft. Mit Hilfe der Polizei, die uns eskortieren mußte. Aber vor allem mit Mickeys Hilfe. Er war nämlich unser Fahrer. Er hat dafür gesorgt, daß niemand zu Schaden kommt."
Wieder Applaus für Mickey. Die Pfiffe bleiben diesmal aus. Da, wo eben noch die drei aus der zweiten Reihe standen, sind jetzt andere Gesichter zu sehen.
„Ja ..." Das Ja von Domi geht in einen Rulpser über, aber er läßt sich nicht von Basti das Mikro aus der Hand nehmen. „Und weil der Mickey uns so geholfen hat, darf er jetzt hier ein Lied vor euch singen."
Das Publikum applaudiert, aber die eine oder andere guckt doch ganz schön skeptisch. „Blöderweise..." Er schlägt Bastis Hand weg, der immer noch mit ihm um das Mikro kämpft. „Blöderweise ist unser Mickey hier ein ganz übler Bangles Fan ..."
Mit einem Überraschungsangriff gelingt es Matt, Domi das Mikro zu entreißen.
„Ja, aber die Bangles machen ganz schöne Lieder. Und ihr könnt schon mal euer Feuerzeug aus die Tasche holen. Es wird romantisch!"
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Feuerherz - My heart's on fire ( Mein Tag mit Matt)
FanfictionWas kann alles passieren, wenn man endlich einmal alleine zum Konzert der Lieblingsband darf und dann feststellt, daß einer der Jungs vom Rest der Band vergessen wurde.