t w e n t y f o u r

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Es waren nun einige Wochen vergangen und ich würde mal sagen, dass das zwischen Louis und mir doch tatsächlich eine Freundschaft ohne Extras wurde. Allerdings merkte ich, wie es mich langsam zerriss.

Meine Gefühle für ihn waren so unglaublich stark. Es war schon krankhaft. Jedenfalls sass ich gerade in der letzten Vorlesung vor sechs Wochen Semesterferien und strengte mich an, mit Gedanken beim Thema zu sein und nicht bei Louis zu sein.

Ich hörte recht konzentriert zu und notierte mir das Gesagte, wobei ich ab und an zwischen den Denkpausen von Prof. Herrmann entweder Louis zeichnete, besser gesagt weiterzeichnete, oder seinen Namen klein an der Rand schrieb.

Ich musste zugeben, ich war sehr begabt im Zeichnen und Multitasking war sowieso eine meiner Stärken. Mein Blick schweifte durch den Saal und blieb schliesslich an der Uhr hängen, welche mir verriet, dass die Vorlesung nur noch zehn Minuten dauern würde.

Diese vergingen schleichend langsam, aber ich würde sagen, dass ich der Erste war, der den Saal verlassen hatte. Heute war ein leicht beängstigender Tag, denn Liam bestand drauf, mit mir nochmal zu einem Psychiater zu gehen, selbst wenn ich mir zu 99 Prozent sicher war, dass das ein Griff ins Klo sein würde.

Wenigstens hatte Liam ein Auto, weshalb es nicht nötig war, mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinzufahren. "Und was machen wir genau dort?", wollte ich wissen, als er vor einem weissen, grossen Haus anhielten. "Erstmal reden, dann wird er, denke ich mal, mit dir ein paar Übungen machen und dich auf Depressionen abklären, da deine Laune seit Wochen nur noch im Keller ist", meinte Liam mit überzeugter Stimme.

Ich stieg aus und betrat mit ihm das Haus, wo wir direkt von einer jungen Blondine mit stechend blauen Augen, welche so seelenaufessend hervorstachen, in Empfang genommen wurden. "Wie lautet der Name?", lächelte sie freundlich. "Styles, Harry Styles", antwortete Liam für mich.

"Sie können sich noch kurz im Wartezimmer hinsetzen. Mr. Sew wird Sie dann in wenigen Minuten abholen", lächelte sie freundlich und sortierte dann irgendwelche Unterlagen. Wir gelangten ins Wartezimmer, wo noch eine dreizehn-jährige Teenagerin mit ihrer Mutter und ein fünfzehn-jähriger Junge, welcher mit seiner Mutter da war, sassen. Das Mädchen wirkte unglaublich dünn, weswegen ich davon ausging, dass sie an Anorexie litt.

Den Jungen musterte ich zwar, aber ich konnte nicht sehen, wo sein Problem lag. Nach einigen Minuten kam eine mittelalte Frau rein und rief eine Bella Armstrong zu sich, welche natürlich die Dreizehn-Jährige war.

Bald war auch Mr. Sew da, mit dem dann Liam und ich mitgingen. Er brachte uns in ein Zimmer, welches ganz nett eingerichtet war und nicht so aussah, wie ich es vorher dachte. Es stand kein Sofa drin, wie ich es aus Serien oder Filmen kannte, wenn ich denn welche sah. Es stand ein dunklen Schreibtisch mit einem schwarzen Lederbürostuhl drin, wovor ein schwarzer Stuhl stand.

Dann entdeckte ich einen Beistelltisch, der um zwei braune Sessel umgeben war. "Bitte setzen Sie sich", sagte Mr. Sew mit ruhiger Stimme und deutete auf die braunen Sessel. Wie befohlen setzten Liam und ich uns hin.

Mr. Sew sah streng gemacht aus und hatte einen Seitenscheitel. Er trug ein hellblaues Hemd mit einer engen schwarzen Jeans, die etwas locker war als die, die ich anhatte.

Mr. Sew setzte sich in seinen Bürostuhl und rutschte mit dem zu Liam und mir. "Also Mr. Styles", er sah mich an. "Ihre Begleitung Mr. Payne hat mich angerufen und um den Termin hier gebeten, ebenso mich darum gebeten, Sie auf Depressionen abzuklären", erklärte Mr. Sew.

"Dann frage ich erstmal Sie, Mr. Payne, wie Sie auf die Annahme kommen, dass Mr. Styles Depressionen haben könnte", Mr. Sew sah Liam an. "Nun, es hat wahrscheinlich so angefangen, dass er, seit ich ihn kenne, öfters mal deprimiert gewirkt hat, aber seit einigen Wochen hat sich das auf einer Dauerprozess umgeschaltet und ehrlich gesagt, mache ich mir etwas Sorgen", kam es sehr ehrlich aus Liam, welcher mich dann auch noch ansah.

"Dann werde ich Mr. Styles mal nicht nach seinem Wohlbefinden fragen, da die meistens mit Depressionen einfach behaupten würden, es sei alles okay, daher mache ich mit Ihnen, Mr. Styles, eine kleine Übung jetzt", Mr. Sew musterte mich.

"Zählen Sie einfach mal alles Positive in Ihrem Leben auf", forderte Mr. Sew mich auf und holte seinen Laptop, welcher er sich auf den Schoss nahm. Ich zögerte kurz und fing dann an: "Ich glaube, meine beste Freunde und meine Familie. Ausserdem meine Begabung so viel zu lernen und mein Können, was das Kochen angeht."

Mr. Sew tippte alles in seinem Laptop ein. "Nun, zählen Sie bitte alles Negative in Ihrem Leben auf", war seine nächste Anforderung.

"Ähm, nun ich leide unter Haptophobie und Contreltophobie. Ich habe erst in diesem Jahr Freundschaften schliessen können und habe mich auch erst in diesem Jahr mit dem Begriff 'Liebe' auseinandersetzen können", erwiderte ich.

Mr. Sew tippte wieder alles ein. "Wie oft fühlen Sie sich deprimiert?", stellte er dann eine Frage. "Mindestens einmal am Tag", erwiderte ich ohne zu zögern. "Können Sie konkret sagen, was der Auslöser für das deprimierende Gefühl sein könnte?"

"Ja, sehr gut sogar. Es liegt meistens daran, dass ich vor einigen Monaten einen jungen Mann kennengelernt habe, der mir komplett den Kopf verdreht hat, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich es schnell überstürzen würde, wenn ich ihn sehe, deswegen sehe ich ihn einmal die Woche, meistens Freitags, also heute auch wieder, allerdings sitzt immer diese Angst in meinem Herzen und ich befürchte immer dasselbe", offenbarte ich Mr. Sew.

Er tippte das wieder in seinem Laptop und schaute sich das Geschriebene an. "Ist es immer wegen diesem jungen Mann, weswegen Sie sich nicht sonderlich gut fühlen?", er sah mich an. "Korrekt", stimmte ich Mr. Sew zu.

"Gut, dann kann ich Depressionen schon mal ausschliessen, da Betroffene sich aus unerklärlichen Gründen jeweils deprimiert fühlen", er sah Liam an, welcher sichtlich erleichtert ausatmete. "Dann kommen wir zu einem noch unerklärten Thema: Ihre Haptophobie und Contreltophobie. Was sind die Auslöser?", Mr. Sew hatte einen ernsten Gesichtsausdruck.

Ich schluckte schwer und antwortete dann: "Weiss nicht." Liam sah mich enttäuscht an. "Nun, dann werden wir den Grund nächstes Mal ausfindig machen, wenn Ihnen das recht ist", Mr. Sew nahm einen Zettel.

"Ehrlich gesagt, nicht. Nein, ich verzichte darauf, wieder herzukommen", sagte ich in einer kalten Tonlage.

"Wie Sie wollen, sonst können Sie mich jederzeit erreichen."

vatertag || l. s.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt