ACHT

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Ian:
Gern wäre ich noch einige Zeit bei Melek geblieben. Es tat so gut, wieder einmal eine Weile lang in Alices Nähe zu sein. Zu dumm, dass ich wegen dem blöden Teil von dem Unbekannten, so früh dort weg musste. Der Techniker hat schnell gearbeitet und nun konnte ich das Ding schon wieder abholen. Nun ja, viel konnte er, seinen Angaben nach, nicht machen. Jetzt bin ich gerade wieder auf dem Weg zu Melek, aber bei meinem Pech, ist Alice sicher schon weg.

Ian war richtig enttäuscht, nicht nur, weil er Alice nicht lange sehen konnte, sondern hauptsächlich auch wegen des ernüchternden Ergebnisses der Untersuchung dieser kleinen Fernbedienung. Denn das war dieses Gerät ganz offensichtlich, eine Fernbedienung. Leider konnte der Techniker das Teil nicht auseinandernehmen, da er es sonst irreparabel beschädigt hätte. Das Gehäuse bestand aus zwei übereinanderliegenden Hälften, die mit Sekundenkleber verklebt waren. Außerdem waren die Drähte, Dioden und Schalter derart mit dem Gehäuse verbunden, dass ein Aufbrechen auf jeden Fall alles auseinandergerissen hätte. Lediglich durch eine Ultraschalluntersuchung und eine Durchleuchtung konnte man anhand der verbauten Teile feststellen, dass es sich um eine Fernbedienung handeln muss. Was damit ausgelöst werden soll und welche der beiden Tasten welche Funktion hat, konnte der Techniker nicht bestimmen. Mit diesem unbefriedigenden Ergebnis machte Ian sich nun auf den Weg zurück zu Melek, um ihr das Gerät zurückzugeben.

Unbekannt:

Der Unbekannte war wieder in seinem Refugium. Hier fühlte er sich am wohlsten, am sichersten, hier, so wusste er, würde ihn niemand so leicht finden. Er dachte über die Ereignisse der vergangenen Stunden nach und freute sich wie ein kleines Kind, dass die Übergabe so leicht von statten ging. Er würde Melek jetzt erstmal noch eine Weile zappeln lassen, bevor er ihr gnädiger Weise mitteilen würde, was er ihr da überhaupt vermacht hatte. Erwartungsfroh lachte er in sich hinein.

Melek:

Nach ihrer haarsträubenden Geschichte hatte Alice noch das Kaffeegeschirr in die Spülmaschine geräumt und war dann auch gegangen. Nicht jedoch, ohne Melek vorher das Versprechen abzunehmen, niemanden davon zu erzählen und nichts zu unternehmen. Kurz nachdem Alice gegangen war, meldete sich Ian übers Handy und sagte Bescheid, dass er das Gerät gleich zurückbringen würde. Melek hoffte, dass Ian ihr nicht ansah, was sie gerade furchtbares erfahren hatte. Es würde sehr schwierig für sie werden, ihm das alles zu verheimlichen, aber sie hatte es Alice versprochen.

Unterdessen:

Im Hauptquartier der Anderen ging es unterdessen rund. Der Anführer hatte Pat und den zweiten Mann zu sich kommen lassen und machte nun beide nach allen Regeln der Kunst zur Sau. Mit einem Gummiknüppel und einem Elektroschocker bewaffnet stand er hinter ihnen und ließ abwechslungsweise beide Folterinstrumente auf die vor ihm knienden nieder. Beide wimmerten, flehten und schrien, aber der Anführer hörte erst auf, als sie halb bewusstlos am Boden lagen.

„So ergeht es allen, die meine Befehle missachten.", schrie er wutentbrannt. „Lasst euch das eine Warnung sein, das nächste mal kommt ihr nicht so glimpflich davon. Wenn ihr Melek nochmal entwischen lasst, seid ihr tot! Haben wir uns verstanden?"

Die am Boden liegenden stöhnten und versprachen, dass sie Melek nie wieder entkommen lassen würden.

„Bringt sie raus," sagte der Anführer zu zwei anderen Kerlen. „ich will diese Schwachköpfe heute nicht mehr sehen."

Pat und der Andere wurden hinausgeschleift. Wütend schlug der Anführer mit der Faust gegen die Wand, sodass ein Stück vom Verputz abplatzte und zu Boden rieselte. Er konnte es einfach nicht fassen, dass Pat diese Chance so ungenutzt gelassen hatte. Wer weiß, wann ihnen Melek noch einmal so zufällig über den Weg laufen würde.

„Wir kriegen dich, Melek, wir kriegen dich noch, verlass dich drauf." Sprach er in den Raum hinein.

Melek:

Es klingelte an der Tür, das musste Ian sein. Hastig ging Melek durch den Flur, um zu öffnen. Sie hoffte, dass sie sich so weit gefasst hatte, dass Ian ihr nichts anmerken würde. Die beiden setzten sich wieder ins Wohnzimmer.
„Willst Du ein Bier?", fragte Melek.

„Gern, aber ein kaltes bitte."

Melek holte eine Flasche Bier für Ian und eine Coke für sich aus dem Kühlschrank und als sie wieder auf dem Sofa Platz genommen hatte, begann Ian ihr zu erzählen, was der Techniker herausgefunden hatte.

„Das ist ja nicht sehr viel.", meinte Melek, als Ian geendet hatte. „Es ist müßig, darüber nachzudenken, was das Teil alles bewirken soll oder könnte, aber es hat sicher etwas mit Rebecca und ihrem bevorstehenden Tod zu tun. Vielleicht wird der Unbekannte sie entführen und irgendwo einsperren, wo ich sie dann mit dieser Fernbedienung rausholen kann. Vielleicht öffnet sie eine Tür oder so."

„Das ist gut möglich.", sagte Ian. „Im Moment können wir halt nur abwarten, was als nächstes passiert und dann darauf reagieren."

„Das ist aber mein Fall und ich werde ihn weiterhin alleine bearbeiten.", stellte Melek klar.

„Ja, Melek, das ist dein Fall und wir halten uns zurück, versprochen." Ian musste innerlich schmunzeln, als er dies sagte, denn in Wahrheit versuchten sie ja, Melek auf Schritt und Tritt zu überwachen und drohendes Unheil von ihr fern zu halten. Mal klappte dies ganz gut, wie im Fall von Pat, der ihr aufgelauert hatte und mal ging es eben nicht so gut, wie zuletzt, als alle dachten, dass Melek etwas schlimmes passiert sei.

„Ich werde mich jetzt erstmal wieder mit Simon treffen müssen, um mit ihm gemeinsam zu überlegen, welche Geschichte wir Rebecca über ihn erzählen werden.", erklärte Melek.

„Mach das, vielleicht klappt es ja heute noch, denk dran, ein Tag ist schon fast vorbei."

Werde ich es schaffen (Secret Cases - Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt