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Alice:
Mein Entschluss steht fest, das Kind von diesem Vergewaltiger muss weg. Ich werde wohl das Angebot von Melek annehmen und sie fragen, ob sie mich begleitet, wenn ich es wegmachen lasse. Danach werde ich mich um dieses kranke Schwein kümmern. Es wird wie ein Unfall aussehen.

Alice war fest entschlossen, diese beiden Probleme aus der Welt zu schaffen. Zwei Leben würden beendet werden, das des ungewollten Embryos und das des Vergewaltigers. Für die zweite Person hatte sie einen Plan gefasst, er würde durch einen Unfall sterben, einen Unfall, den sie inszenieren würde. Ian sollte niemals erfahren, was sein bester Freund getan hatte. Was sein bester Freund mit der Frau getan hatte, die Ian über alles liebte.

Melek:

Als Melek nach Hause kam, überlegte sie, was sie als nächstes tun könnte. Sie gab es ja nur ungern zu, aber diesmal erwartete sie sehnsüchtig den nächsten Anruf des Unbekannten, denn sie musste sich eingestehen, dass es ohne einen weiteren Hinweis erstmal nicht mehr weiterging. Später würde sie auch Simon anrufen, um ihm von ihrem Besuch bei Rebecca zu berichten. Bei dieser Gelegenheit würde sie ihn fragen, ob ihm irgendwelche Veränderungen in seiner Wohnung aufgefallen waren. Sie würde ihm erklären, dass sie eine Fernbedienung zugespielt bekommen hatte. Ihr iPhone begann zu klingeln und sie riss es erwartungsvoll aus der Tasche. Nein, doch nicht Mister Unbekannt, sondern nur Alice.

Unterdessen:

Im Hauptquartier der Anderen hatte der Anführer mal wieder alle zusammengerufen und schwang seine Hasstiraden gegen Melek und den Rest der Welt.

„Wir müssen Melek unbedingt finden, Melek muss sterben. Und zwar, bevor sie alles herausfindet. Sie weiß noch nicht, zu was sie wirklich fähig ist. Sie ist wahrscheinlich mächtiger, als wir alle zusammen, mächtiger sogar, als ihre Assi-Freunde. Wir müssen sie finden und ausschalten, sie darf nie erfahren, was in ihr steckt!"

Der Gruppenführer von Pat meldete sich. Er saß in der hintersten Ecke und hob schüchtern wie ein Erstklässler den Zeigefinger in die Höhe.

„Ja, was gibt's?", blaffte ihn der Boss an.

Er erhob sich, räusperte sich kurz und fing stockend an zu erzählen. „Ich habe da einen Informanten, der behauptet, dass es da wohl einen Typen gäbe, der uns um einiges voraus ist. Der hätte die Möglichkeiten und Fähigkeiten, Melek fast auf Schritt und Tritt zu überwachen. Der Mann ist aber auch wie ein Geist, er ist einfach nicht zu fassen oder auffindbar."

„Dann ist das unsere zweite Option. Wir versuchen diesen Typen ausfindig zu machen und zwingen ihn, für uns zu arbeiten. Oder zumindest werden wir dafür sorgen, dass er uns verrät, wo Melek zu finden ist. Er wird uns behilflich sein, auf die eine oder andere Art und Weise. Entweder freiwillig oder unfreiwillig. Bringt mir diesen Penner hier her!", befahl der Boss.

Pat:

Irgendwie wurde Pat gerade klar, dass er nicht der einzige war, der hier die Arschkarte gezogen hatte. Als er heute Morgen aufgestanden war, war er noch wütend auf diese Blindschleiche, aber nun wurde ihm irgendwie bewusst, was die Kleine so alles mitmachen musste und wen sie da alles an der Backe hatte. Er hätte es nie für möglich gehalten, aber er bekam gerade Mitleid mit Melek.

Melek:

Es überraschte Melek etwas, dass Alice so schnell einen Termin für eine Abtreibung bekommen hatte. Sie rief vorhin an, um zu fragen, ob Melek sie begleiten würde. Natürlich würde sie das für Alice tun, sie hatte es ihr ja schließlich angeboten. Außerdem konnte sie im Moment sowieso nicht viel tun und Alices Termin war schon in einer Stunde. Es blieb also noch genügend Zeit an diesem Tag, falls sich etwas ergeben oder ereignen sollte. Melek warf alles notwendige in ihre Handtasche, zog ihre Schuhe wieder an und war bereit. Alice würde gleich bei ihr klingeln und dann mussten sie auch schon los. Sie würden mit dem Zug fahren, da Alice nicht wusste, wie es ihr nach der Prozedur gehen würde, aber es war nur eine kurze Strecke und sie sollten es bis in einer Stunde geschafft haben, dort zu sein. Wo das genau war und ob es sich um eine Arztpraxis oder um eine Klinik handelte, würde sie von Alice auf der Fahrt erfahren.

Unbekannt:

Er saß an seinem Schreibtisch und fühlte sich geborgen und behütet in seinem Refugium. Niemand würde ihn hier jemals finden und er konnte von hier aus schalten und walten, wie er wollte. Sein PC war aber im Moment ausgeschaltet, denn er ließ die Überwachungsprogramme für Melek nicht immer laufen. Auch er wollte sich gelegentlich etwas von Meleks Tatendrang überraschen lassen. Schließlich brauchte er den Rechner nur einzuschalten, wenn es irgendwie brenzlig wurde, und er wusste sofort, wo sie sich aufhielt. Gerade überlegte er, ob er ihr den nächsten Hinweis schon geben sollte.

„Ruf ich sie an, oder schreib ich lieber?", stellte er sich selbst die Frage, die er sich immer stellte, wenn er mit Melek Kontakt aufnehmen wollte. Am liebsten würde er nur mit ihr telefonieren, er mochte ihre Stimme, aber wenn sie zickig wurde, das mochte er gar nicht. Er entschied sich für die schriftliche Variante.

Melek:

Melek und Alice saßen im Zug und unterhielten sich. Alice hatte gerade berichtet, wo die Fahrt hinging, da gab Meleks Handy den Ton für eingehende Nachrichten von sich. Sie nahm ihr iPhone aus der Tasche und ließ sich die Nachricht vorlesen.

Unbekannt (10:45 Uhr): „Hallo meine Teuerste, sind Sie schon wach?"
Melek (10:46 Uhr): „Was wollen Sie?"
Unbekannt (10:48 Uhr): „Ich will Ihnen mal wieder in der Not beistehen, wie gute Freunde das so tun."
Melek (10:50 Uhr): „Quatsch keine Opern, wir sind keine Freunde. Was willst Du?"
Unbekannt (10:51 Uhr): „Sie sind wie immer zu ungeduldig, liebste Melek. Gemach, gemach. Ich habe zwei einfache Fragen an Sie. Wann waren Sie das letzte Mal beim Zahnarzt und lesen Sie Zeitung?"

„Spinnt der jetzt total?", fragte Melek, ohne jemand bestimmten anzusprechen.

„Vielleicht solltest du darauf eingehen, es könnte ein nächster Hinweis sein.", meinte Alice.

Melek (10:55 Uhr): „Was sollen diese komischen Fragen, es geht Dich gar nichts an."
Unbekannt (10:56 Uhr): „Vielleicht nicht, vielleicht auch doch. Ich würde Zeitung lesen, wenn ich an Ihrer Stelle wäre. Es stehen da immer sehr viele nützliche Informationen drin."
Melek (10:58 Uhr): „Du perverser Penner, Du weißt doch sicher, dass ich keine Zeitung lesen kann. Du scheinst doch sonst über alles, was mich anbelangt, gut informiert zu sein."
Unbekannt (11:00 Uhr): „Tja, meine Liebe, die Berliner Abendpost von letzter Woche gibt es auch online. Vielleicht schauen Sie sich mal die Rubrik mit den Berichten über kleinere Straftaten an."

„Ich dachte es mir doch, dass es ein neuer Hinweis ist. Du solltest dir das mal anschauen, wenn wir zurück sind. Und die Frage nach dem Zahnarzt hat sicher auch etwas damit zu tun.", sagte Alice.

„Ja, da werde ich mich nachher gleich dran machen."

Unbekannt:

Er lehnte sich gemütlich in seinem Bürostuhl zurück und legte die Füße auf den Schreibtisch. Genüsslich dachte er an Vergangene Woche zurück, als er den neuen Auftrag für Melek vorbereitet hatte. Es war ihm ein leichtes über Davids Mutter etwas über deren Freundeskreis herauszufinden. Ein bisschen in ihrem Computer herumgeschnüffelt und schon hatte er ein perfektes Opfer gefunden. Und dann war da die E-Mail von Rebecca an Petra, in der sie von ihrem bevorstehenden Zahnarzttermin berichtete. Einfach genial, wie sich manchmal ein Steinchen von selbst in das andere fügt. Die Zahnarztpraxis in Spandau hatte er auch schnell ausfindig machen können und der Einstieg dort war kinderleicht.

Alice:

„Wie gut, dass das hier so schnell und unkompliziert über die Bühne ging. Es war nur ein harmloser kleiner Eingriff und schon war ich dieses Geschwür von diesem Arschloch los. Der Embryo wurde einfach abgesaugt.", dachte Alice auf der Rückfahrt. Nun musste sie nur noch Melek nach Hause schicken, denn die hatte schon gefragt, ob sie sie noch begleiten und eine Weile bei ihr bleiben solle, falls es ihr schlecht ging. Aber Alice ging es nicht schlecht, sie wollte nur ihre Ruhe haben und alles für die kommende Nacht zusammenpacken. Schließlich musste sie ja in dieser Nacht noch einem Flugplatz für kleine Privatmaschinen einen Besuch abstatten.

Werde ich es schaffen (Secret Cases - Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt