Ian:
Dieses gerissene Weibsstück. Jetzt spannt sie mich für diese Recherche ein, obwohl sie die ganze Zeit so darauf erpicht war, diesen Fall alleine zu lösen. Nun ja, ich weiß ja, warum sie das tut. Sie will mich damit nur von Alice ablenken. Was läuft da eigentlich?Ian saß an seinem PC und durchforstete das Online-Archiv der Abendpost. Melek hatte ihn angerufen und darum gebeten, dass er dies für sie übernehmen solle. Sie nannte ihm die Schlagwörter „Berliner Abendpost", „"Strafdelikte" und „Zahnarzt" und meinte nur, dass sie inzwischen andere wichtige Dinge erledigen müsse. Natürlich tat Ian das gern für Melek und fand es ohnehin gut, wenn er mehr in diesem Fall involviert werden sollte. Er vertraute Melek und vertraute auch darauf, dass sie diesen Fall auf ihre Art bewältigen und lösen könne, doch auch die Angst und der Respekt vor diesem Unbekannten lauerte immer über ihnen allen, wie ein Damokles-Schwert. Es gab ihm einfach ein gutes Gefühl, da etwas mehr mitmischen zu können.
Alice:
Jetzt war sie doch etwas kaputt und spürte die Nachwirkungen der kleinen Narkose, die sie verabreicht bekommen hatte. Gott sei Dank hatte Melek ihr nichts angemerkt und sie konnte sie abwimmeln. Melek begleitete sie bis zu ihrer Wohnungstür und machte sich dann selbst auf den Weg nach Hause. Gut so, denn Alice hatte noch einiges vor. Sie googelte noch einmal zur Sicherheit die wichtigsten Sachen nach und packte dann die entsprechenden Werkzeuge, die sie sich für ihr Vorhaben besorgt hatte, in eine dunkle Leinentasche. Sie beschloss, sich doch noch etwas hinzulegen, denn sie musste heute Nacht topfit sein. Sie stellte sich den Wecker auf 19 Uhr, nahm noch die schwarzen Klamotten für später aus dem Schrank, schlüpfte aus Jeans und T-Shirt und haute sich aufs Ohr.
Melek:
„Seltsam,", dachte Melek, als sie auf dem Nach-Hause-Weg war, „irgendwie hatte ich den Eindruck, als ob Alice mich loswerden wollte. Ich hab doch gespürt, dass es ihr nicht gut ging." Melek verwarf den Gedanken, noch einmal umzukehren, Alice würde wohl ihre Gründe haben. Sie nahm ihr Handy aus der Handtasche und rief Ian an. Er sollte für sie die Abendpost durchforsten, damit er mal auf andere Gedanken kam. Eigentlich wollte sie auch gleich Simon anrufen, aber dann hielt sie es für besser, zu warten, was bei Ians Nachforschungen herauskam. Melek bekam so langsam Hunger. Zu Hause angekommen, stellte sie ihren Stock in eine Ecke des Flurs, streifte ihre Schuhe ab und ließ diese achtlos mitten im Weg liegen. Dann legte sie sich eine Tiefkühlpizza in den Backofen. Zur Pizza würde sie Lambrusco trinken, den hatte sie noch im Kühlschrank. Eigentlich sollte sie einen klaren Kopf bewahren, aber den Wein brauchte sie jetzt, nein, den wollte sie jetzt.
Unterdessen:
Behutsam klopfte Pats Gruppenführer an die Tür. Was mochte der Boss nur von ihm wollen?
„Komm rein!", schrie es aus dem Raum hinter der Tür.
Zaghaft öffnete er die Tür und trat ein. Der Boss saß hinter seinem Schreibtisch und winkte ihn heran.
„Dragan, komm her und setz dich.", sagte der Boss. „Ich habe mir überlegt, ob wir wegen dieses Typs, der Melek scheinbar so gut kontrollieren kann, etwas direkter vorgehen sollten. Vielleicht kannst du deinen Informanten mal hier her bringen."
„Das wird schlecht gehen," stotterte Dragan los, „denn er hat ausdrücklich gesagt, dass er in jedem Fall nur im Hintergrund agieren wird. Ich kenne den ja noch nicht mal."
„Ach was, und wie tritt er dann mit dir in Kontakt?", fragte der Boss verärgert.
Eingeschüchtert schien Dragan auf seinem Stuhl immer kleiner zu werden und setzte zu einer vorsichtigen Antwort an.
„Ich hatte neulich ein Prepaid-Handy in meinem Briefkasten liegen. Irgendwann im Lauf des Tages rief der Typ mich darauf an und fragte mich, ob ich Interesse an Informationen über Melek und deren Freunde hätte. Ich hab natürlich ja gesagt, ich weiß ja, wie wichtig ihnen die Sache mit dieser Melek ist. Ich muss immer warten, bis er mich anruft. Zurückrufen kann ich nicht, weil er immer seine Nummer unterdrückt."
„Scheiße! Dann versuch ihn irgendwie reinzulegen, eine Falle zu stellen. Lock ihn aus der Reserve, mach irgendwas.", schrie der Boss. „Bring mir den Arsch hier her! Und jetzt raus hier!"
Dragan verschwand so schnell aus dem Zimmer, dass sein Schatten fast nicht hinterher kam. Die Tür knallte ins Schloss und der Boss rief „Bauer!" hinter ihm her. Der Anführer stand auf und trat vor eine Wand, an der eine riesige Weltkarte hing. Mit irgendwie verliebtem Blick breitete er die Arme aus und legte sie über den vor ihm in die Breite gezogenen Globus.
„Bald gehörst du mir, liebe Erde, bald gehörst du mir, sobald ich Melek aus dem Weg geräumt habe, kann mich niemand mehr aufhalten."
Melek:
Meleks Handy lief heute irgendwie heiß, so oft hatte sie es schon benutzt und da klingelte es auch schon wieder. Ein Anruf von Ian, das ging aber schnell.
„Hallo Ian, was hast du herausgefunden?"
„Ich habe da einen entsprechenden Artikel gefunden, den du dir mal genauer anschauen solltest. Am besten schicke ich dir den mal per WhatsApp."
„Okay, mach das, ich bin gespannt."
„Gleich Melek, ich ruf aber noch aus einem anderen Grund an. Hast du denn endlich mal mit Alice reden können?"
„Später Ian, schick jetzt erst mal den Artikel, bitte."
Melek legte schnell auf, bevor Ian noch etwas erwidern konnte. So langsam nervte diese Sache mit Alice und ihm. Es brachte sie völlig durcheinander und das konnte sie jetzt gar nicht gebrauchen. Sie musste den Kopf für ihren Fall frei haben. Sie musste unbedingt eine Lösung für Alice finden, so konnte das nicht weitergehen. Die Nachricht von Ian kam in WhatsApp an und sie las den Artikel aus der Abendpost.
„Bezirk Spandau: In Spandau kam es am vergangenen Mittwoch zu einem Einbruch in einer Zahnarztpraxis. Der oder die Täter brachen unbemerkt die Eingangstür auf, nachdem die Alarmanlage funktionsunfähig gemacht wurde. Die Täter müssen über gute Kenntnisse der Räumlichkeiten und der Elektronik der Alarmanlage verfügt haben. „Seltsam ist nur, dass nach Angaben von Dr. Marten Sneijder nichts gestohlen wurde. Auch jegliche Anzeichen von Vandalismus fehlen.", gab ein Polizeisprecher gegenüber unserem Reporter bekannt. Der Arzt erstattete Anzeige gegen Unbekannt."
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Werde ich es schaffen (Secret Cases - Teil 2)
Mystère / ThrillerZweiter Teil der Secret Cases-Reihe von Özge Yildiz. 72 Stunden hat sie Zeit, um Schlimmeres zu verhindern. 72 Stunden hat sie Zeit, um die Gefahr zu bannen. Wird sie es schaffen? Wird sie den unbekannten Täter diesmal erwischen? Wird sie ihn überli...