Während ich weiter vor mir hin auf den Boden starrte, hörte ich die beiden wieder miteinander flüstern. Es tat weh so außen vor gehalten zu werden, vor allem, wenn einem dabei noch gesagt wurde, was das beste zu tun sei. Es war unfair. Alles. Logan wurde von Tag zu Tag schlimmer und die anderen beiden verheimlichten mir, was wirklich los war. Ich konnte Simon oder Brian fragen, aber die würden wahrscheinlich auch nicht reden. Ich hatte niemanden, den ich mich anvertrauen konnte und der meine Lage verstehen konnte. Meine Mutter wollte ich damit nicht belasten, wer weiß, was Sherlock davon halten würde und Joan... War sie nicht Psychologin oder sowas ähnliches? Sie wusste bestimmt Rat, aber ich konnte sie erst in einen ruhigen Moment fragen.
"Addie?"
Ich wandte meinen Blick vom Boden ab, Danger stand im Türrahmen.
"Wie hast du mich gerade genannt?", fragte ich.
"Addision ist so ein langer Name... Und so formell.", erwiderte er mit einem kleinen Lächeln.
"Die Abkürzung klingt genauso bescheuert."
Danger zuckte mit den Achseln:"Hast du vielleicht größere Pflaster?"
Ich richtete mich auf und ging mit ihm wieder ins Wohnzimmer. Danger hatte in der Zwischenzeit Kenji 'verarztet'. Als ich auf ihn sah, konnte ich mir ein Lachen nicht verkneifen. Kenji war übersät mit Pflastern, die meistens passten nicht annähernd auf die Wunden, also hatte Danger einfach mehrere nebeneinander geklebt. Der Großteil der Pflaster war in einem beige, doch hin und wieder blitzte ein anders farbiges hervor, denn ich hatte noch alte Pflaster, die ich vor Jahren in diese Pflasterbox getan hatte und deshalb hatten diese auch noch Muster. So hatte Kenji nicht nur ordentlich nebeneinander gereihte Hautfarbenpflaster, sondern zwischendurch auch farbig glitzernde, Pferde- und Blumenmotive. Er sah so albern aus mit seinem ersten Gesichtsausdruck, dass ich einfach weiter lachte, während er genervt meckerte. Ich sank neben ihn auf das Sofa und hielt mir lachend den Bauch. Als ich langsam aufhörte und mir die Tränen aus den Augen rieb, saßen Danger und Kenji ausdruckslos neben mir, was mich erneut zum Kichern brachte, aber ich riss mich langsam zusammen und grinste sie an. "Fertig?", fragte Kenji, doch ich glaubte ein kleines Lächeln auf seinen Gesicht zu sehen. Ich nickte langsam und seufzte grinsend auf. "Du siehst toll aus.", erwiderte ich,"als ob du im Krankenhaus warst." Er rollte mit den Augen:"Dann kannst du mich ja sicherlich besser verarzten." Ich nickte grinsend und stand auf:"Schon, aber so siehst du doch viel besser aus!"
"Jetzt geh und hol mir Verband!"
"Wenn es der Herr denn wünscht.", sagte ich lächelnd und lief wieder nach oben. Ich wusste nicht mals, wo ich den Verbandskasten finden konnte, also stöberte ich einfach im Badezimmer herum, weil mir dies als der klügste Ort für sowas schien. Seltsamerweise fand ich ihn hinter der Toilette, wie er da hin kam oder ob er da hin sollte, war ein Rätsel für sich. Auf den Rückweg machte ich noch einen Abstecher in mein Zimmer und holte mein Handy, diesen Anblick musste ich für immer haben. Wieder unten hielt ich es griffbereit und als ich direkt vor Kenji stand, machte ich ein Foto. Doch gerade als ich erneut auf den Auslöser drücken wollte, boxte er mir gegen mein Bein. Es war nicht fest, trotzdem endete das zweite Foto halb verschwommen. "Och man!", rief ich gespielt beleidigt aus. "Lösch es!", forderte Kenji. "Niemals!", erwiderte ich und zeigte ihm stattdessen das halb verschwommene Bild. Wo er vorher noch gespielt beleidigt war, wurde sein Gesicht nun feuerrot. "Was hast du gemacht?!", fauchte er Danger an, der ihn ausdruckslos ansah.
"Was meinst du?"
"Bist du blind?! Ich seh total bescheuert aus!"
"Selber Schuld. Ich muss aber ein paar von Dangers Kunstwerken abmachen, damit wir sie richtig abdecken können. Sag mal, willst du eigentlich kein Eis zum kühlen?", mischte ich mich wieder ein.
"Oh wie schön, dass dir das auch mal auffällt."
Ich nickte lächelnd, wies dann aber Danger an, welches aus dem Gefrierfach zu holen. Danach kniete ich mich wieder neben ihn und betrachtete ihn für kurze Zeit. Sein Gesicht war immer noch leicht gerötet und er konnte meinen Blick nicht lange standhalten. "Fertig mit starren? Du sieht nämlich echt dumm dabei aus."
"Danke. Wie gesagt, müssen wir ein paar von den Pflastern wieder ab machen und das wird ein bisschen weh tun, aber das wirst du auch noch aushalten können."
"Nur wegen diesen Irren.", murmelte er aufgebracht.
"Hey, er versucht dir zu helfen."
"Super Hilfe."
Ich sah Danger aus dem Augenwinkel mit mehreren Eisbeuteln in den Händen, die er dann neben Kenji auf das Sofa legte. Kenji hielt sie sich an mehreren Stellen an Armen und Beinen und Kinn, während ich begann die Pflaster vorsichtig wieder abzuziehen. Als ich sie neben Kenji legte, sah ich aus dem Augenwinkel, dass er sie aufhob und betrachtete. Während ich seine Wunde über der Augenbraue richtig abdeckte, spürte ich, wie Kenji an meinen Hoodie fummelte, aber ich sagte nichts dazu.
Fertig mit dieser Stelle, betrachtete ich stolz mein Werk. Ich blickte an mir herab, um zu sehen, was Kenji angestellt hatte, und sah die ganzen bunten Pflaster, die ich vorher bei ihm abgenommen hatte, an meinem Hoodie aufgeklebt.
"Ah, vielen Dank für die Blutflecken.", sagte ich lächelnd, der Hoodie war schwarz, also machte es, hoffentlich, nichts aus.
Kenji nickte zufrieden. Ich begann mit der nächsten Stelle, an der ich jedoch einfach ein größeres Pflaster setzte.
Der Tag hat ja schon gut angefangen, dachte ich, hoffentlich kommen für den Rest des Tages nur noch gute Nachrichten...
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Die Tochter eines "besonderen" Menschen TEIL 2
Mystery / ThrillerSo das hier ist der 2. Teil von meiner Geschichte Die Tochter eines "besonderen" Menschen. Wenn ihr die also noch nicht kennt, würde ich empfehlen den ersten Teil zuerst zu lesen, damit ihr versteht worum es hier geht, weil ich nicht garantieren kan...