This feeling

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Meine Augen brennen, als ich sie am nächsten Morgen öffne. Oder besser gesagt: als ich sie mitten in der Nacht öffne. Draußen ist es noch stockdunkel und nur das Mondlicht scheint leicht durch's Fenster. Missmutig taste ich den Nachttisch nach meinem Handy ab und werfe einen Blick auf die Uhrzeit. Erst blendet mich der helle Bildschirm, welcher sich dann zum Glück automatisch verdunkelt. Es ist gerade einmal kurz nach halb drei. Und ich hab vergessen, mein Handy ans Ladekabeln anzuschließen.
Grummelnd stehe ich auf und tapse ins Bad, wo noch einige Sachen von mir herumliegen. Ich schlüpfe in die kurze Hose und das bauchfreie Top und schleiche dann aus dem Zimmer. Mir ist nicht mehr nach Schlafen. Meine Gedanken drehen sich die ganze Zeit nur um ihn.
Im Aufzug merke ich erst, dass ich gar keine Schuhe anhabe, doch das ist mir auch ziemlich egal. Mein Ziel ist der Strand. Da brauche ich keine Schuhe.
Die frische Meeresluft weht mir schon auf dem kleinen Fußweg entgegen und meine Haare flattern leicht auf. Der Strand wird von brennenden Fackeln erhellt und ich spaziere eine Weile durch den Sand, bis ich irgendwann näher ans Wasser gehe und meine Knöchel vom mittlerweile kühlen Wasser umspült werden. Ein angenehmes Gefühl macht sich in mir breit und meine Gedanken reißen sich für einen Moment von dem Schwarzhaarigen los. Begleitet von dem Rauschen des Meeres laufe ich noch ein wenig weiter, bis ich schließlich am Ende der Fackelreihen angelangt bin.
Etwas abseits vom Wasser lasse ich mich im Sand nieder und ziehe die Beine an meinen Körper. Zum ersten Mal denke ich an Mum und was sie wohl gerade macht. Ob sie an mich denkt? Eher unwahrscheinlich. Sie macht bestimmt wieder überstunden und übernachtet wie immer im Büro, weil sie für den Rückweg viel zu müde ist. Oder sie ist mit ihren Freundinnen in irgendeiner Bar.
Zugegeben, ich bin froh, dass Dad mich mitgenommen hat, auch wenn ich Jordan vermisse. In zwei Tagen würde ich mal wieder meine Großeltern besuchen können. Sie leben nicht weit von hier. Mit dem Bus sind es nicht einmal zwei Stunden.
Nach einiger Zeit wird es mir doch ziemlich kalt, weshalb ich zurück zum Hotel laufe. Der Himmel hat sich bereits ein wenig rot gefärbt. Anscheinend muss ich ziemlich lange dort im Sand gesessen haben.
Die Frau hinter dem Thresen in der Lobby sieht mich mit verwirrten Blick an und legt den Kopf leicht schräg. Ich zwinge mir nur ein kurzes Lächeln auf und trotte dann zum Aufzug.
Im obersten Stockwerk angekommen halte ich es nicht mehr aus. Diese eine Frage schwirrt schon die ganze Zeit in meinem Kopf herum und auch wenn es noch ziemlich früh am Morgen ist, muss ich eine Antwort wissen. Jetzt. Mit klopfenden Herzen gehe ich zum Zimmer von Jace und Damian. Meine Unsicherheit und Zweifel werden erstaunlicherweise mit jedem Schritt kleiner und als ich vor ihrer Türe stehe, atme ich noch einmal tief durch, bevor ich erst leicht, dann doch etwas fester anklopfe. Innerlich bete ich, dass Damian aufmacht und nicht Jace. Und tatsächlich ist es Damians verschlafenes Gesicht, das hinter der Tür zum Vorschein kommt.
Überrascht sieht er mich an und scheint jede Müdigkeit vergessen zu haben. Wir sehen uns kurz schweigend an, bis ich endlich den Mut habe, zu sprechen: "Tut mir leid, dass ich dich so früh geweckt habe. Aber ich muss dir was wichtiges sagen." "So wichtig? Zum Glück hast du Jace nicht aufgeweckt. Der hätte dich sonst aufgefressen." , kommt es von Damian, "Trifft sich aber gut. Ich muss auch was loswerden. Fang du an." "Es geht um gestern. Um den Dreh." , fange ich an und suche nach Worten. "Lass mich raten. Es geht um den Kuss." , folgert Damian ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. "Ja." , antworte ich etwas leiser.
Bevor ich weiterreden kann, ergreift Damian mit einem sanften Lächeln das Wort: "So ein Zufall. Ich wollte mit dir auch darüber sprechen." Bei seinen Worten schlägt mein Herz schneller. "Und was?" , frage ich und sehe ihn an.
Jetzt ist es Damian, der sich verlegen am Hinterkopf kratzt: "Es ist so, ich glaube, dass ich bei dem Kuss mehr gefühlt habe, als nur Freundschaft. Es war irgendwie mehr. Und ich kann verstehen, wenn es für dich anders war. Ist okay. Ich wollte es dir nur gesagt haben."
Sein Lächeln ist verschwunden und ich kann deutlich sehen, dass es ihn bedrückt. "Was redest du denn für einen Müll." , kichere ich und greife vorsichtig nach seiner Hand. Verwirrt blickt Damian auf und unsere Blicke treffen sich erneut.
Ich fasse meinen ganzen Mut zusammen und halte seinem Blick stand: "Ich hab genau dasselbe gefühlt wie du. Und genau wie du habe ich das gleiche über dich gedacht." In seinen Augen spiegelt sich ein freudiges Funkeln wider und ich spüre, wie mir ein Stein vom Herzen fällt. Es fühlt sich an, als könnte ich wieder leichter atmen und wäre von einer großen Last befreit.
Damian atmet deutlich hörbar erleichtert aus und ein breites Lächeln ziert sein Gesicht. Er zieht mich in eine sanfte Umarmung. Ohne zu zögern lege ich auch meine Arme um ihn und lehne meinen Kopf an seine Schulter. "Du bist echt unverbesserlich." , murmelt er lachend, "Kommst mitten in der Nacht zu mir und lockst mir ein Geständnis heraus." Kichernd schließe ich meine Augen und genieße den Moment.
Keine Ahnung, wie lange wir so dastehen. Als wir uns voneinander lösen, müssen wir beide leicht lachen. "Ich sollte gehen. Nicht dass Gwen noch eine Vermisstenmeldung aufgibt." , meine ich lächelnd und wende mich zum Gehen, doch Damian hält mich am Arm fest und zieht mich noch einmal zu sich. Dieses Mal aber nicht, um mich zu umarmen. Dieses Mal drückt er vorsichtig seine Lippen auf meine. Kurz brauche ich, bis ich ihn zurückküsse. "Jetzt kannst du gehen." , meint er grinsend und löst sich von mir. "Bis dann." , verabschiede ich mich lächelnd und gehe zurück auf Gwens und mein Zimmer.
Gwen schläft natürlich noch seelenruhig und gafert dabei ein wenig ihr Kopfkissen voll. Zufrieden lege ich mich auch wieder ins Bett, aber von Einschlafen ist keine Rede mehr. Stattdessen starre ich wie eine Verrückte grinsend vor mich hin und rufe mir immer wider die vergangenen Stunden in den Kopf. Schon bei dem Gedanken geht in mir ein gewaltiges Feuerwerk los.

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