Distraction

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Der nächste Morgen ist der reinste Horror für Gwen. Ihre Augen sind untermalt von dunklen Augenringen, ihre Augen selbst sind immer noch leicht angeschwollen und ihre Stimmung ist im Keller. Während des gesamten Frühstücks sagt sie kein einziges Wort, geschweige denn ist sie etwas.
Besorgt werfe ich ihr einen seitlichen Blick zu. Ihre sonst so fröhlich funkelnden Augen wirken matt und leer. Jace weiß nicht, was er sagen soll, weshalb er auch schweigt. "Wir müssen sie ablenken." , flüstert Damian mir zu und zieht mich mit sich in die Küche. "Ich weiß. Aber wie denn? In einer halben Stunde müssen wir zum Styling und dann müssen wir die Boots-Szene mit Sharon drehen. Das wird ohnehin schon schwierig genug." , murmle ich, "Außerdem hab ich keine Ahnung, was ich machen soll. Ich selber wurde nie abserviert." "Vielleicht kann Jace sie ja aufheitern." , meint der Schwarzhaarige auf einmal. Entgeistert starre ich ihn an: "Bist du high?" "Nein. Aber vielleicht hilft es ja, wenn er mit ihr redet." , erklärt er. "Einen Versuch ist es wert." , seufze ich und wir gehen wieder zu Jace und Gwen zurück.
Zu viert machen wir uns auf zum Styling-Zelt und Damian zieht Jace an die Seite, um ihm von unserem 'Plan' zu erzählen. Jace runzelt die Stirn, scheint aber nicht zu widersprechen. Die beiden Jungs kommen wieder zu uns und gemeinsam begeben wir uns zum Boot, welches im Wasser vor einem Green-Screen steht.
Gedanklich wiederhole ich noch einmal meinen Text und versuche mich so gut es geht in meine Rolle hineinzuversetzen, was schwerer als gedacht ist, da Sharon neben mir so dumm grinst. Der Action-Ruf ertönt und Jace fängt mit seinem Part an. Gwen neben mir hat deutlich Probleme, ihre Gefühle zu verstecken. Nach einigen Runden schaffen wir es schließlich und der Cut-Ruf hallt über's Wasser.
"Du warst heute ja mal richtig beschissen." , kritisiert Sharon Gwen aus dem Nichts. Bevor noch irgendwer dazwischengehen kann, steht Gwen auf, wodurch das Boot ein wenig ruckelt. "Bist du jetzt zufrieden, Sharon?" , schreit sie die Blondine an. "Mehr als nur zufriede." , erwidert sie grinsend und im nächsten Moment wird sie von Gwen geschubst. Sharon stolpert nach hinten, verliert den Halt und fällt kreischend ins Wasser. "Spinnst du?" , ist das erste, was sie herausbringt, nachdem sie wieder aufgetaucht ist. "Willkommen auf deinem Niveau." , grinse ich. "Sorry, aber das hast du definitiv verdient." , fügt Jace hinzu. "Kinder, hört mit dem Quatsch auf." , ertönt Dads Stimme durch ein Megafon.
Als Sharon wieder im Boot ist, werden wir von einem Motorboot zurück an Land gezogen, wo Lucas uns die nächste Szene erklärt. Wir treiben auf eine Insel zu und ziehen das Boot an den Strand, welcher künstlich angelegt ist. Zum Glück müssen wir nicht viel reden. "Alles okay, Hailee? Bist du verletzt?" , fragt Jace besorgt und nimmt Gwen in den Arm. Gwen erwidert die Umarmung und bricht augenblicklich in Tränen aus. Ich weiß, dass es echte Tränen sind, die Gwens Wangen hinunterlaufen. Damian legt mir einen Arm auf die Schulter und sieht mich ebenfalls besorgt an. Dann muss er sich Sharon zuwenden und sie umarmt ihn. Widerwillig umarmt er sie zurück. "Okay. Gut. Das war's für heute. Gute Arbeit." , lobt Dad und kommt zu uns.
Wir gehen zum Zelt zurück und ziehen uns in unsere Wohnwägen zurück. Nach einer ausführlichen Dusche setze ich mich an den kleinen Tisch in meine Küche und starre vor mich hin. Gwen geht mir einfach nicht aus dem Kopf. Am liebsten würde ich zu ihr gehen und ihr sagen, dass alles wieder gut wird, doch ich weiß, dass das nicht der Fall ist.
Meine Gedanken werden von einem lauten Klopfen an der Tür unterbrochen. Irritiert stehe ich auf, öffne sie und blicke in das verheulte Gesicht von Gwen. An ihren Haaren kann ich erkennen, dass sie noch nicht geduscht hat. Ohne etwas zu sagen, nehme ich sie in den Arm und bringe sie nach drinnen. "Jace hat vorhin mit mir geredet." , erzählt sie mir mit heißerer Stimme, "Er meinte, es tut ihm leid und er würde mit Kyle reden, aber ich will das nicht." "Kyle ist ein Arsch. Du verdienst jemanden viel besseres." , versuche ich sie zu trösten. Noch nie war ich so ratlos wie in diesem Moment. Auch wenn ich ihren Schmerz nachvollziehen kann, kann ich nichts dagegen tun. "Wie wär's, wenn wir noch ein wenig shoppen gehen? Das alles mal vergessen." , schlage ich vor. Gwen nickt leicht: "Ich geh noch schnell duschen." Dann geht sie.
Seufzend packe ich meine Handtasche und mache mich für den bevorstehenden Abend fertig. Meine Haare binde ich zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen, damit sie sich beim Anprobieren nicht elektrisch aufladen und in alle Richtungen abstehen.
In der Nähe des Platzes ist eine große Mall, durch die wir bummeln. Wir gehen in fast jedes Geschäft und hier und da werden wir fündig. Mit jeweils zwei Taschen in den Händen machen wir bei einem Dönerimbiss eine kleine Pause. Tatsächlich hat Gwen ein kleines Lächeln auf den Lippen und scheint, Kyle für den Moment vergessen zu haben.

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