Kapitel 6

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Die Sonne hatte ihren Höchststand im wolkenlosen Himmel erreicht als Nayla und Noah sich in einer Seitengasse am Flughafen verabschiedeten. Sie hatten alles notwendige für ihre Reise nach Rom erledigt. Mary war zu glücklich, um zu bemerken, dass die Dokumente und die Zusage der Harvard University gefälscht waren. Sie hatte zwar die täuschend echte Zusage immer wieder durchgelesen, aber nie wäre sie darauf gekommen, dass dies ein Schwindel war. Eagan, ein alter griesgrämiger Zwerg, der seine Zeit meistens in seiner modernen Höhle verbrachte, hatte gute Arbeit geleistet. Ganze drei Tage hatte er nur gebraucht. Dies hatte Nayla zwar 30 zwergische Goldtaler gekostet, aber diese Aufwendung war es ihr definitiv wert.

„Echt zu blöd, dass du nicht mehrere Personen teleportieren kannst, dann wäre mir dieser lange Flug erspart geblieben." Nayla entzog sich aus Noahs Umarmung und sah ihn gequält an. Sicher, sie könnte mittels ihrer Kräfte sich viel schneller fortbewegen als ein Flugzeug aber Noah war der Meinung, dass Nayla ihre Kräfte lieber aufsparen sollte.

„Ja, das würde uns sehr viel Zeit sparen. Sowas können leider auch nur Erzengel und ich bin ja ein Engel der Fürstentümer aber hey, diese paar Stunden wirst du schon aushalten. Die Aussicht von dort oben wird dir außerdem sicherlich gefallen. Fliegen ist schon etwas tolles. Wir treffen uns dann am vereinbarten Treffpunkt." Ehe Nayla noch etwas erwidern konnte, war Noah schon verschwunden. Sie seufzte und ging mit ihren Koffern Richtung Terminal. Der Zwerg hatte nicht nur die Dokumente für Harvard gefälscht, sondern auch ihren Personalausweis sowie ihren Reisepass. ‚Zwerge können doch einmal im Leben nützlich sein, wenn man sie freundlich darum bittet .... oder ein Haufen Zwergentaler mit sich schleppt', dachte Nayla, während sie ihr Gepäck abgab.

Noch nie in ihrem Leben hatte sie ein Flugzeug betreten. Es war niemals notwendig gewesen. Immer, wenn Nayla am Himmel eines dieser Flugzeuge sah, kam ihr die Frage auf, wie es wohl wäre, so hoch am Himmel zu fliegen. Nun saß sie selbst in eines dieser Dinger und starrte aus dem Fenster. Gedankenverloren sah sie den Mitarbeitern zu, wie sie das Gepäck der Fluggäste im Inneren verstauten. Kaum zu glauben, dass die Menschheit sich so clever entwickelt hatten. Vor 10.000 Jahren benahmen sie sich noch wie Tiere und heute hatten sie eine beinahe fähige Regierung.

Nayla schloss ihre Augen und tat so, als würde sie schlafen, da sie das Gerede ihres Sitznachbarn so langsam aber sicher nicht mehr ertrug. Wem interessierte die falsche Farbe seines Hauses? Innerlich verfluchte sie sich dafür, dass sie ihr heiligstes Besitzeigentum namens Kopfhörer vergessen hatte. Der Sitznachbar bemerkte, dass Nayla ihm nicht mehr zuhörte und wendete sich zu seiner rechten, um die Frau mit einem Turban mit seinem Beklagen zu nerven.

Nach fünf Stunden, als ihr Sitznachbar endlich einschlief, öffnete Nayla wieder ihre Augen. Mittlerweile ging die Sonne wieder unter und der Himmel färbte sich tiefrosa, während ein Teil des Himmels schon pechschwarz war. Noah hatte recht, fliegen ist echt wunderschön und man konnte nicht aufhören, aus dem Fenster zu schauen.

In der Ferne sah Nayla einen Fischreiher mit einem rot-goldenem Gefieder und zwei lange wallende Federn am Hinterkopf. Es gab nur einen Vogel, der so hoch fliegen konnte. Ein Benu, ein Seelenbegleiter. Es begleitet die frisch verstorbenen Seelen und nimmt ihnen die Angst vor dem Unbekannten. Der Benu hatte allerdings keinen Einfluss darauf, ob sie ins Licht oder in die ewige Dunkelheit gehen müssen. Heute musste mal wieder das 500 Jahr sein, da sie sich nur alle 500 Jahre zeigten.

Als das wunderschöne Geschöpf in der Schwärze der Nacht verschwand, sah Nayla ihm noch lange nach. Gern hätte sie den Benu aus der Nähe betrachtet. Es kam sehr selten vor, dass sie einen zu Gesicht bekam.

Sie schloss wieder ihre Augen und verharrte solange in dieser Position, bis sie ihr Ziel erreichte.

Wieso müssen es die Menschen immer so eilig haben und drängeln', dachte Nayla. Der Weg aus dem Terminal war etwas schwieriger als sie gedacht hatte. Ständig wurde sie angerempelt oder für ihr zu langsames Tempo angemault. Die Erleichterung war sehr groß, als sie in das gerade eben frei gewordene Taxi sprang. Sie übergab dem Taxifahrer einen Zettel mit der genannten Adresse, die Noah ihr gegeben hatte. Mit einem irritierten Blick auf Nayla übergab der Fahrer ihr diesen wieder und fuhr los.

Es ging durch heruntergekommene Dörfer und kaputten Straßen. Nach einer Weile bog der Fahrer auf einen Feldweg ab und fuhr solange, bis sie einen riesigen Wald erreichten. Vor dem Waldrand hielt das Auto allerdings an und der Fahrer machte deutlich, dass er nicht weiterfahren werde. Auf der Anzeige des Autos sah Nayla, dass sie aber noch ungefähr 25 Kilometer vor sich hatten.

„Ehm entschuldigen sie bitte, aber ich bin noch nicht am Ziel angekommen. Sie können mich hier doch nicht einfach im Nirgendwo rausschmeißen!", kam es mit einer empörten Stimme und perfektem italienisch von Nayla. Der Fahrer sah sie verwundert an.

„Es tut mir sehr leid aber ich werde nicht in den verfluchten Wald fahren. Dahin bringt mich nicht mal alles Geld der Welt. Wenn sie möchten, kann ich sie aber wieder zurückfahren." Er umklammerte leicht das Lenkrad und Nayla spürte seine Angst nur zu deutlich. Allerdings wusste sie nicht, wovor er solche Angst hatte. Dies war doch nur ein Wald, mehr nicht. Langsam verlor sie jedoch ihre Geduld.

„Wovor haben sie denn Angst? Das ist nur ein normaler Wald! Ich bin doch nicht umsonst über 10 Stunden geflogen, nur damit ich in der Wildnis ausgesetzt werde. Fahren sie weiter!" Naylas Fingerspitzen begangen verräterisch an zu zucken und nur mit sehr viel Mühe behielt sie ihre Beherrschung.

„I-I-ich kann nicht, wirklich nicht. Haben sie denn nichts von der Legende gehört ? Jeder, der diesen Wald betritt, kommt nie wieder heraus. Es haust ein Monster darin, dass jeden frisst, Der ihm über den Weg läuft. Es tut mir wirklich leid... ich fahre nicht weiter." Während der Taxifahrer die Sätze nur vor sich hinflüsterte, starrte er den Wald mit angsterfüllten Augen an.

„Na schön, dann laufe ich eben den Rest. Könnten sie mir aber dann wenigsten sagen, in welche Richtung ich ungefähr muss? Habe nach so einem Tag nämlich keine Lust, mich auch noch zu verlaufen", kam es entnervt von Nayla. Am liebsten würde sie Noah hier und jetzt eine reinhauen. Wenn er dies nur tat, um sie zu ärgern, würde sie ihn mit ihrem Schwert durchlöchern. Ihre Wut stieg mit jeder Sekunde und sie musste schnell aus dem Auto, bevor sie ihre Wut an dem armen Mann ausließ. Sie sprang aus dem Auto und stapfte zähneknirschend und ohne auf die Antwort des Fahrers abzuwarten Richtung Wald.

„Heeee Miss! Sie sollten da wirklich nicht rein gehen! Ich bitte Sie, kommen sie wieder zurück." Der Fahrer wedelte energisch mit seinen Händen aber Nayla ignorierte ihn.

Wenn dieser Wald wirklich ein Monster beinhalten sollte, wird dieser nicht mehr lange Leben, wenn das Ding mir über den Weg laufen sollte.'  Mit diesem Gedanken trat Nayla in den Wald hinein. Vor ihr tat sich ein kleiner Pfad auf und sie beschloss, diesen zu folgen. ‚Sollte ich mich verlaufen, wird Noah mich schon finden und wehe, er hat dann nichts zu essen dabei!'

Sie ging den Pfad immer tiefer in den Wald entlang. Je tiefer sie hineinging, desto stiller wurde es. Es kam ihr wie damals vor, als sie Noah die Lebensenergie gezeigt hatte. Damals war es auch so unglaublich still im Wald gewesen. Langsam fühlte Nayla sich auch beobachtet. In welche Richtung sie sich drehte, sie konnte weder jemanden sehen, noch spüren also ging sie schulterzuckend weiter.

Mittlerweile war es mitten in der Nacht als Nayla ein Geräusch vernahm. Sie blieb ruckartig stehen und neigte ihren Kopf, um genauer lauschen zu können. Dieses Geräusch hörte sich an wie ein Wasserfall. Ohne zu zögern lief Nayla auf das Geräusch zu. Je näher sie kam, desto sicherer war sie sich. Als sie durch das dicht beieinanderstehende Gebüsch brach, tat sich vor ihr ein kleiner Hügel auf, auf dem Wasser in den kleinen See vor ihr, hinabfloss.

Nayla stürzte sich auf den See und schaufelte mit ihren Händen Wasser in den Mund. Die Flüssigkeit floss kühl ihren Rachen hinunter und stillte langsam ihren Durst. Es war Stunden her, dass sie etwas getrunken hatte. Als Nayla ihren Arm wieder in das Wasser eintauchte, wurde sie jedoch plötzlich am Arm gepackt und in das eiskalte Wasser hineingezogen.

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Halloo😁

Wie lange braucht ihr eigentlich immer für ein Kapitel?

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