Kapitel 16

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Noah hatte sich nicht allzu weit von Nayla wegteleportiert. Ihre Anwesenheit ertrug er in diesem Augenblick einfach nicht. Was er jetzt brauchte, war absolute Ruhe und Stille.

Er nahm sich vor, die Suche so weit es geht, alleine fortzuführen. Sollten Ava und Nayla zusehen, wie sie zurechtkamen. Es würde ihn nicht wundern, wenn er die Bibliothek vor ihnen finden würde, wenn dies eintreffen sollte, dann würde er es Nayla jederzeit unter die Nase reiben.

Soweit Noah wusste, hatte er sich in der Ferne hinter einem großen Hügel teleportiert und stand nun mitten auf einer abgestorbenen Wiese, dessen Wildblumen allesamt braun und ausgetrocknet waren. In seiner Erinnerung rief er die Karte in seinem Gedächtnis wieder auf und musste verwundert feststellen, dass er sich schon ganz in der Nähe befinden müsste. Seine geografischen Fähigkeiten hatten ihn also doch noch nicht verlassen.

Er lief durch die Wiese hindurch, auf der Suche nach versteckter Magie oder sonstigen Anzeichen, aber er fand nichts. Je länger er auf der Wiese stand, desto mehr überkam ihm ein bedrückendes Gefühl. Es fühlte sich so an, als ob alles innerhalb dieser Wiese abstarb.

Noah rieb sich abermals kräftig über seine Augen, um das mulmige Gefühl in seinen Knochen loszuwerden.
Egal wohin er sah, überall lagen tote Insekten oder Waldtiere herum.

„Was zum Teufel ist hier passiert?"

So sehr er auch diesen Ort wieder verlassen wollte, diesen Zustand konnte er einfach nicht ignorieren und auf Nayla wollte er auch nicht warten, um mit ihr zusammen den Auslöser für den furchtbaren Anblick herauszufinden.

Ein kleiner Felsen, der mitten aus der Wiese ragte, zog Noahs Aufmerksamkeit auf sich. Der Felsen war überzogen mit einer rostbraunen Flüssigkeit, die teilweise frisch und teilweise getrocknet war. Beim näheren Herantreten erkannte Noah an dem Geruch, dass es sich hierbei um Blut handelte. Aber wie kam das Blut dorthin?

Plötzlich stolperte ein kleines Rehkitz aus dem Gebüsch und steuerte geradewegs auf die Wiese zu. Noah duckte sich, während er gespannt auf das Tier starrte, dabei fiel ihm dessen glasigen und milchfarbigen Augen auf. Keine Frage, das Tier musste von etwas Bösem besessen sein.

Das Reh hielt neben dem kleinen Felsen an, ohne Noah auch nur eines Blickes zu würdigen und lehnte sich dagegen. Was nun passierte, traute er seinen Augen nicht. Der Fels entzog dem Reh all sein Blut, während das Gestein die Flüssigkeit in sich aufnahm. Keine drei Minuten waren vergangen und das Reh viel ausgetrocknet und blutleer zu Boden.

Das frisch geerntete Blut trat nun am Felsboden aus und bahnte sich einen Weg durch das tote Gras. Voller Neugier folgte Noah den Weg aus Blut, bis die Flüssigkeit anhielt und in der Erde versickerte.

„Dieser Ort wird mir immer unheimlicher"

Er schaute zurück zu dem Stein und überlegte einen Augenblick, eher er wieder darauf zusteuerte.

„Für meine eigene Blödheit werde ich mir gleich selbst eine reinhauen"

Der Engel trat an den Felsen heran und legte zurückhaltend seine Hand auf den Felsen. Kaum, dass seine Haut in Kontakt mit dem Gestein kam, entzog dieser seine Magie aus seinem Körper.

„VERFLUCHT!"

Erschrocken zog er ruckartig seine Hand wieder zurück und starrte entgeistert den völlig normalaussehenden Stein an. Es passierte wieder dasselbe, wie mit dem Blut des Rehs. Am Boden trat eine funkelnd blaue Flüssigkeit aus, Noahs verfestigte Magie, nur um an derselben Stelle wieder zu versickern.
Dieses Phänomen hatte Noah noch nie zuvor gesehen, geschweige denn, davon gehört.

Er nahm an, dass sich unter ihm etwas befinden müsste, was dieses merkwürdige Ereignis auslösen musste, anders konnte er es sich nicht erklären.

Die WeltenhüterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt