Teil 5

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Mein Herz klopft wie verrückt, als ich die Nachricht wirklich abschicke. Als ich wild drauf los getippt habe, habe ich noch geglaubt, dass ich den ganzen Text wieder löschen würde. Aber jetzt ist es raus. Ob ich damit wohl meine ganze toughe Attitüde zunichte gemacht habe? Was er wohl denkt, wenn er meine Nachricht liest? Und wann ist mir überhaupt so wichtig geworden, was irgendein anonymer fremder Typ von mir denkt?

Es dauert einen Moment, aber dann vibriert mein Handy wieder.

MrTrueLove: Wow. Ich bin sprachlos. Wirklich. Danke Tessa, dass du mir das erzählt hast. Das klingt vielleicht kitschig, aber ich freue mich echt über deine Offenheit. Auch wenn du vielleicht ein kleines bisschen betrunken bist, oder irre ich mich?

Die Auflösung meines Spitznamens hast du dir auf jeden Fall verdient. Bevor ich nach Dortmund gezogen bin, habe ich in Freiburg gelebt. Dort hatte ich irgendwann den Spitznamen "Sexy". Ja, ich weiß.

Meine Kollegen haben sich tierisch lustig gemacht. Aber ich habe mich damit abgefunden. Andere Leute fahren fette Autos, ich achte auf mein Aussehen. Das klingt jetzt ganz schön selbstverliebt, oder? Ich hoffe, du denkst jetzt nichts Falsches von mir.

Mein echter Name ist Roman. Und jetzt muss ich das Handy ausschalten, das Flugzeug startet. Wünsche dir noch viel Spaß bei deiner Party! 🙂

Jetzt weiß ich also endlich seinen Namen.

Ich ertappe mich dabei, wie ich das Handy grinsend an meine Brust drücke. Im nächsten Moment versuche ich, mich selbst zu maßregeln und vernünftig zu sein - allerdings ohne Erfolg. Das Grinsen geht einfach nicht mehr weg.

In dem Moment kommt Hannah raus auf den Balkon und reicht mir ein Bier, das ich dankend annehme. Über meinen Gesichtsausdruck schmunzelt sie und wackelt vielsagend mit den Augenbrauen.

"Na, wie geht es denn MrTrueLove?"

Beschämt grinse ich. "Ich weiß jetzt, wie er heißt."

"Schieß los?"

"Roman", sage ich und selbst in meinen Ohren klingt meine Stimme viel zu sanft,

Hannah lacht. "Mann, dich hat's ja richtig erwischt."

"Ach Quatsch. Ich kenn den Typen doch gar nicht."

"Vielleicht solltest du das mal ändern?"

Vehement schüttele ich den Kopf. "Auf gar keinen Fall. Ich treffe mich doch nicht mit irgendeinem Wildfremden aus dem Internet. Was, wenn er voll der Psycho ist und mich in seinen Keller verschleppen will?"

"Manchmal hast du echt eine lebhafte Fantasie", kichert Hannah. "Versuch es doch einfach mal."

"Was, wenn er gar nicht so ist, wie ich ihn mir vorstelle?"

"Wie stellst du ihn dir denn vor?"

Ich lege die Stirn in Falten. "Keine Ahnung, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht."

"Na also", lacht meine Freundin. "Dann kann ja auch nichts schief gehen."

Hannahs Worte bleiben hängen, auch als wir uns eine Stunde später auf den Heimweg machen. Als ich mich auf ihren Vorschlag eingelassen habe und mich bei Blind Date angemeldet habe, war meine Absicht sicherlich nicht, einen Typen kennenzulernen, den ich dann im echten Leben treffe. Sowas ist doch gar nichts für mich. Richtig?

Ich wollte bloß, dass Hannah Ruhe gibt. Aber mit Roman zu schreiben macht Spaß, mehr noch: Es gibt mir irgendwie ein gutes Gefühl. Dass ich interessant bin und begehrenswert.

Ich schüttele meinen angetrunkenen Kopf. Jetzt ist wirklich nicht der Zeitpunkt, sich darüber Gedanken zu machen.

Ich werde mich nicht mit Roman treffen. Wenn ich Lust darauf habe, kann ich den Kontakt beibehalten, ansonsten nicht. Aber es hat sich nichts daran geändert, dass ich in meinem Leben gar keinen Platz für einen Mann hätte. Und vielleicht ist er sowieso nicht daran interessiert, mich richtig kennenzulernen. 

Blind Date (Roman Bürki FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt