Teil 10

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Roman

"Alter, was ist mit dir? Du bist seit drei Tagen durchgehend am Grinsen, Sonnyboy." Marius hat diesen wölfischen - ha, Wortwitz! - und gleichzeitig auch spöttischen Blick drauf. Man sieht es ihm zwar nicht an, aber manchmal hat der Junge ganz schön feine Antennen.

Nicht, dass er die bräuchte, um zu bemerken, dass irgendwas an mir anders ist. Ich finde mich ja selbst schon nervig. Denn Marius hat recht: Seit einigen Tagen bin ich extrem gut drauf. Und das liegt nicht nur an unserem Auswärtssieg.

Ich zucke betont lässig die Schultern. "Hab halt gute Laune. Es kann ja nicht jeder so eine Fresse ziehen, wie Marco."

"Hey, das hab ich gehört", ruft er vom anderen Ende der Umkleide und wirft einen Turnschuh nach mir. "Werd' du erstmal Vater und schlaf jede Nacht höchstens zwei Stunden am Stück."

Marius und ich schauen uns an und fangen prustend an zu lachen. Marco ist momentan ziemlich leicht reizbar. Aber wer kann es ihm verdenken? Ich dachte schon, ich bin vom Haken, aber Marius lässt nicht locker.

"Ich wette, da steckt irgendein Mädchen dahinter. Habe ich recht?"

Ich zucke wieder die Schultern. "Vielleicht."

"Ich hab's gewusst!", brüllt mein Teamkollege durch die Kabine. "Roman ist verliebt!"

Ich verdrehe die Augen. "Manchmal bist du echt ein Arsch, weißt du das? Ein kindischer Arsch."

"Wer ist sie?", will Mario gleich wissen, während er sein Shirt überzieht.

"Freut mich, Alter", beglückwünscht Axel mich gleichzeitig.

"Der Roman-tiker", packt Jule den schlimmsten Wortwitz aller Zeiten aus. Die halbe Mannschaft hat sich inzwischen um mich versammelt und will Antworten.

"Es ist total süß, dass ihr euch alle für mein Liebesleben interessiert", sage ich grinsend. "Aber die Pressekonferenz zu dem Thema gibt's erst später."

Mo und Jadon stöhnen in gespielter Enttäuschung auf.

"Ihr wisst, was es kostet, wenn wir zu spät zum Training kommen", schaltet sich da Marco ein und scheucht uns auf den Platz. Im Vorbeigehen ramme ich Marius den Ellbogen in die Seite, dass es ein bisschen wehtut. Aber er ist nicht zu beeindrucken, sondern lacht nur dreckig.

Die Sommerpause ist erst seit Kurzem vorbei. Die Auszeit hat zwar gut getan, aber es hat mir auch wirklich gefehlt, auf dem Platz zu stehen. Als wir jetzt nach draußen in den Sonnenschein treten, breitet sich ein Lächeln auf meinem Gesicht aus. Mal wieder.

Unauffällig schaue ich, ob es jemand mitbekommen hat. Es ist nicht gelogen, dass dieses dümmliche Grinsen in meinem Gesicht seit einigen Tagen Dauergast ist. Ziemlich genau, seit ich angefangen habe, mit Tessa zu schreiben.

Schnell versuche ich mich auf das Aufwärmen zu konzentrieren. Die eiserne Regel, die ich mir in Bezug auf Frauen gesetzt habe, ist dass sie mich nicht beim Training stören dürfen. Ich muss mich voll auf die Sache konzentrieren.

Das klappt auch ziemlich gut. Gestern Mittag sind wir die Szenen aus dem Spiel gegen Leipzig durchgegangen, die nicht so gut gelaufen sind. Trotzdem ist Lucien mit unserer Leistung ziemlich zufrieden. Mit einem 4:1 hatte er vermutlich auch nicht gerechnet.

Ich ärgere mich immer noch ein bisschen über das Tor, das ich kassiert habe, aber das motiviert mich nur umso mehr, Gas beim Training zu geben.

Die nächsten zweieinhalb Stunden bin ich voll konzentriert. Paco, Marco und Mario trainieren Schüsse aufs Tor. Die drei sind brandgefährlich und ich bin einmal mehr froh, dass ich, wenn es ernst wird, nicht derjenige bin, der ihre Bälle halten muss. Gerade Marco hat so einen Schuss drauf - ein Albtraum für jeden Torwart.

Blind Date (Roman Bürki FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt