Teil 27

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Die Woche vergeht wie im Flug. Ich muss am Freitag meine Seminararbeit abgeben, weshalb ich die meiste Zeit in der Bibliothek verbringe. Zwischendurch treffe ich mich mit Sarah zum Kaffee, was erstaunlich gut läuft. Wir verstehen uns auf Anhieb gut und ich mag ihre leicht verrückte, aber liebenswerte Art.

Roman sehe ich am Mittwochabend. Er lädt mich zum Essen in ein schickes Restaurant ein und ich bin ziemlich beeindruckt von der teuren Speisekarte. Anschließend fährt er mich nach Hause, weil ich am nächsten Morgen früh raus muss. Roman bringt mich noch zur Haustür, wo er mir - ganz altmodisch - einen sanften Kuss gibt, der mein Herz zum Rasen bringt.

Abgesehen von unserem Date sind wir jedoch beide ziemlich beschäftigt. Deshalb freue ich mich ziemlich, als ich am Freitag eine Nachricht von ihm bekommen.

Roman: Möchtest du vielleicht am Samstag ins Stadion kommen? Ich könnte dir einen Platz sichern.

Ich: Na klar! Ich müsste allerdings auf zwei Karten bestehen, Matti bringt mich sonst um.

Roman: Kein Problem :D Kriege ich hin. Und nach dem Spiel könnten wir ja noch was Schönes machen?

Ich: Gerne :)

Ich kläre mit Karen, die am Wochenende im Café nachmittags arbeitet, ab, dass sie schon früher anfängt, dann informiere ich Matti über sein Glück. Er rastet völlig aus und ich habe selten eine Nachricht mit so vielen Smileys bekommen.

Am Freitagabend klingelt mein Telefon. Hannah und ich stehen gerade in der Küche - wir feiern meine erste Abgabe des Semesters mit einer leckeren Portion Nudeln.

"Oh, das ist meine Mutter. Brauchst du meine Hilfe noch?", frage ich.

Hannah schüttelt den Kopf. "Geh ruhig, ich sag dir Bescheid, wenn das Essen fertig ist."

Ich nehme das Gespräch an und verschwinde in mein Zimmer.

"Hey Mama", begrüße ich sie.

"Theresa, wie geht es dir?", will sie wissen. Sie hat den Spitznamen, den jeder für mich benutzt, noch nie gebraucht. Sie sagt immer, dass sie Theresa ja nicht ohne Grund ausgesucht hat.

"Ziemlich gut", gebe ich zurück und beginne, ihr von der Uni zu erzählen. Anschließend berichtet sie vom Leben auf dem Hof - ein Traum, den sie sich erfüllt hat, als ich ausgezogen bin. Trotzdem ist es harte Arbeit.

"Wann kommt dein Zug am Mittwoch denn an?", fragt sie, nachdem sie mir genug von ihren Pferden, Ziegen und Hunden erzählt hat.

Wir haben schon vor einer Weile ausgemacht, dass ich meine Mutter über meinen Geburtstag auf dem Hof besuche. Dafür habe ich mir extra fünf Tage freigehalten - am nächsten Mittwoch geht es los.

"Ich muss nochmal nachschauen, welchen Zug ich nehme und sage dir dann Bescheid", antworte ich, als Hannah an meine Tür klopft. "Das Essen ist fertig, Mama. Hab noch einen schönen Abend!"

Wir verabschieden uns und kurze Zeit später schwebe ich im siebten Pasta-Himmel.

Die Schicht im Café am nächsten Tag geht rasend schnell um. Karen löst Matti und mich bereits um 14 Uhr ab, damit wir genug Zeit haben, zum Stadion und auf unsere Plätze zu kommen. Matti ist völlig aufgedreht und hat sich schon mindestens fünf Mal bei mir bedankt.

"Da musst du dich bei Roman bedanken, nicht bei mir", wiegele ich lachend ab. Daraufhin wird Matti ganz still und schaut mich mit großen Augen an.

"Heißt das, dass ich ihn kennenlernen darf?"

Ich verdrehe lachend die Augen. "Nur, wenn du ihn behandelst, wie einen normalen Menschen."

Er grinst beschämt. "Naa gut."

Roman hat mir am Abend zuvor noch beschrieben, wie ich auf die Tribüne komme. Doch das wäre gar nicht nötig gewesen, denn vorher hatte Sarah sich schon bei mir gemeldet und sich versichert, dass ich wirklich komme und dass ich mich neben sie setzen soll. Die Frau ist wirklich Gold wert.

Sie nimmt uns auch gleich in Empfang, als wir an dem Sicherheitsmenschen vorbei sind und die Stufen zu den Rängen bestiegen haben.

"Du musst Matti sein", begrüßt sie meinen Kumpel, nachdem sie mich umarmt hat. Er hat seine sonst so selbstsichere Art scheinbar bei der Sicherheitskontrolle abgegeben und bekommt nur ein paar Worte zurecht gestammelt. Als Sarah ihn mit ihrem schönsten Augenaufschlag fragt, ob er uns etwas zu trinken bringen könnte, kommt er ihrer Bitte nur zu gerne nach.

"Der ist ja niedlich", wendet sich Sarah lachend an mich. Dann treffen wir auch auf Melanie und Ann-Kathrin, die ich ja bei der Party letzte Woche schon kennengelernt habe. Die beiden sind - trotz meiner Attacke im Club - ziemlich nett zu mir. Kurz darauf lerne ich auch noch ein paar weitere Frauen kennen, die sich als Ehefrauen von Axel Witsel, Marcel Schmelzer und Marco Reus vorstellen.

Etwas später kommt Matti mit unseren Getränken zurück - Aperol Spritz für Sarah, Radler für mich und er selbst hält ein Pils in der Hand. Während die Spieler sich auf dem Rasen aufwärmen, huscht mein Blick immer wieder zu Roman. Von der Tribüne aus habe ich einen ziemlich guten Ausblick auf ihn, allerdings sitzen wir immer noch so weit oben, dass er winzig erscheint.

Nach seinem ersten Bier taut Matti auf und verwickelt Sarah in ein lebhaftes Gespräch über Fußball - ich wusste gar nicht, dass meine neue Freundin sich mit dem Sport so sehr auskennt. Aber wahrscheinlich hat sie während ihrer Beziehung mit Jule so einiges gelernt.

Als es dann endlich los geht, habe ich von den beiden erfahren, dass der Gegner - Mainz - eigentlich keine echte Gefahr für unsere Jungs sein sollte. Trotzdem hat es in der Vergangenheit immer wieder an Spielen gegen Mannschaften aus dem unteren Tabellendrittel gehapert. Von daher verfolge ich nach dem Anpfiff gebannt die Bewegungen des Balls.

Es dauert keine Minute, bis das erste Tor fällt: Einer der Mainzer hat den Ball beim Anstoss weit nach vorne gespielt. Es scheint, als wären die Dortmunder nicht darauf vorbereitet, dass jemand den frechen Versuch wagt, sofort anzugreifen.

Die Verteidiger kommen zu spät und als der Stürmer alleine aufs Tor zu läuft, lupft er den Ball über Roman. Er hat keine Chance mehr, ihn aufzuhalten.

Die Lautstärke im Stadion explodiert förmlich - der Gästeblock jubelt, alle anderen lassen ein frustriertes Stöhnen hören.

"Nicht schon wieder", murmelt Matti wütend.

Ich kann gar nicht fassen, was da gerade passiert ist. Doch es scheint die Jungs wachgerüttelt zu haben - danach lassen sie sich das Zepter nicht mehr aus der Hand nehmen. Bereits zehn Minuten später erzielt Reus den Ausgleich. Dann folgen weitere Tore von Alcácer und Sancho. Zur Halbzeit steht es bereits 3:1.

Gut gelaunt organisieren Sarah und ich und noch weitere Getränke. Matti ist kaum loszueisen von einigen Spielern, die heute nicht aufgestellt sind. Grinsend hoffe ich nur, dass er ihnen nicht auf die Nerven geht.

Die zweite Halbzeit startet ziemlich unspektakulär. Die Dortmunder haben eine bequeme Führung und müssen sich erstmal nicht so anstrengen. Sie lassen sich den Ball kaum abnehmen. In der 80. Minute schießt Jule noch ein Tor und Sarah neben mir bricht in lauten Jubel aus. Man sieht ihr an, wie stolz sie auf ihren Verlobten ist.

Kurz darauf versuchen die Mainzer noch einen Angriff. Mit drei Mann gehen sie aufs Tor los und schieben den Ball geschickt zwischen den Verteidigern durch. Atemlos schaue ich zu, als der Stürmer erst Akanji, dann Pisczek ausdribbelt.

Jetzt kann nur noch Roman ihn aufhalten. Mit einem gewagten Sprung wirft er sich auf den Ball - im gleichen Moment, als der Gegner abziehen will.

"Oh Gott", keuche ich erschrocken, als ich zusehen muss, wie sein Stollenschuh Roman am Kopf trifft. Wie ein Stein fällt er zu Boden.

Blind Date (Roman Bürki FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt