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,,Es wird nicht einfach für uns in San Pedro. Wir müssen uns auf alles vorbereiten,'' sagte meine Mutter während sie die letzte Umzugskiste mit Klebeband versiegelte. ,,Das ist mir klar Mom. Diese Stadt wurde nicht umsonst als die Gefährlichste eingestuft.'' Sie senkte ihren Blick und ich sah ihr an wie sehr sie unter dem Gedanken litt, in solch einer gefährlichen Gegend zu wohnen. Ich hatte mich ein wenig über diese Ortschaft erkundigt und fand heraus, das jährlich fast 476 Menschen mit Schusswunden oder tödlichen Messerstichen in die Kliniken eingeliefert wurden.

Ihr fragt euch bestimmt warum wir nach San Pedro ziehen. Nun... ihr müsst wissen das es momentan nicht einfach für uns ist. Das Geld für die Miete fehlt uns und mit dem kleinen Barista Job meiner Mutter können wir die Kosten nicht mehr decken. Nach dem Tod meines Vaters ging alles nur noch den Bach runter und uns fiel alles auf den Kopf. Sieben Monate sind nach der Schießerei in seinem Heimatdorf vergangen. Er war damals zu unserer Abeulita gefahren um sie zu besuchen und wurde erschossen als er aus dem Auto ausstieg. Die Tränen die meine Mutter und ich seither verloren hatten, ließen nur noch kalte Herzen und verdunkelte Augen zurück. Die Stimmung sank drastisch in unserem Haus und die Wände wurden immer enger. Meine Tante bot uns also eine Bleibe in San Pedro an. Es handelt sich um ein Haus das ihrer Nachbarin gehört, mit der sie seit Jahren gut befreundet sei. Im Tausch dafür würde sich meine Mutter ein wenig um die alte Frau kümmern und nur die Hälfte der eigentlichen Miete bezahlen. Eine Schule solle ich dort auch besuchen, da es noch einige Jahre bis zu meinem Abitur dauern würde. Ich war noch nie eine schlechte Schülerin... aber dafür umso schlechter im Kontakte knüpfen. Der Gedanke dort neue Freunde finden zu müssen und seine privaten Geschichten zu teilen, ließ mir die Haare zu Berge steigen. Sich aber total der sozialen Gesellschaft zu enthalten, würde mir den Titel des einsamen Wolfes geben und damit wäre ich eine leichte Beute für pubertierende, junge Mädchen die sich gerne an Gerüchten und Verspottungen ergötzen.

,,Lebt wohl meine Lieben, hoffentlich findet ihr in eurer neuen Heimat, Ruhe,'' sagte uns der alte Jerry von Nebenan. Er stand in unserer Einfahrt und hatte meine Mutter im Arm. Sein geflochtener, grauer Zopf hatte er wie immer über seine Schulter geworfen und trug die altbekannten , braunen Lederstiefel. Man könnte meinen er wäre ein waschechter Cowboy. Jerry war seit Jahren ein guter Freund von meinem Vater und half uns immer aus, falls wir etwas benötigten. Ich erinnere mich daran als er mit mir im Apfelbaum der in seinem Garten stand , saß und mir von seinen alten Liebesgeschichten  erzählte. Mich nahm er ebenfalls in den Arm und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. ,,Pass auf dich auf kleine Cataleya. Und falls du etwas brauchen solltest weißt du ja wo unser Apfelbaum steht.'' Ich musste lächeln und nickte ihm zu. Er stellte noch die letzte Umzugskiste in den Anhänger und meine Mutter und ich stiegen ein. Langsam fuhr sie los und Jerry wurde im Rückspiegel immer kleiner. Somit entfernte ich mich von dem letzten Menschen aus dieser Stadt der mein Vertrauen hatte. Die Häuser zogen an uns vorbei während die Wettervorhersage im Radio lief.

Das wird ein langer Weg.

Die Sünden des Santo //Oscar Diaz- aka. SpookyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt