Der Clansherr saß auf seinem hölzernen Thron, die Finger in den Rillen des Eichentisches vor ihm gekrallt. Das graue Haar, welches nur noch einzelnde schwarze Strähnen aufwies, hing dem alten Mann vor dem Gesicht.
Der große Saal war gefüllt von Nordmännern. Jeder stillschweigend. Worte waren nicht nötig, nicht angemessen in dieser Situation.
Es war fast wie damals, nur mit dem Unterschied, dass der Schlächter diesmal wusste, was geschehen würde. Seine Schritte hallten dumpf durch den Saal, während er die wartenden Blicke der Männer auf sich spürte. Kurz vor dem Jarl blieb er stehen.
"Ich werde die Männer bereit machen."
Keine Regung. Nur das Echo seiner eigenen Stimme hallte. Erst langsam blickte sein Vater auf, die dunklen Augen starr auf den Sohn gerichtet.
"Und was dann, Schlächter. Was dann?"
Rakan stellte sich auf, drückte den Rücken durch und blickte seinen Vater in die Augen.
"Wir werden zu Ende bringen, was damals begonnen hat."
Der Jarl sprang ruckartig auf, stieß dabei seinen Holzthron um und schlug mit den Fäusten auf den Tisch.
"Drück' dich klar aus, verdammt !"
Rakan räusperte sich.
"Wir werden sie umbringen."
Die Brauen seines Vaters zogen sich zusammen.
"Und wie glaubst du, willst du das machen, Schlächter?"
Er spuckte die Worte nur so aus, ließ den Spott daran jeden spüren. Er behandelte ihn wie einen dummen, naiven Jungen, doch das war Rakan nicht und das wusste sein Vater. Auch wusste er, dass sie umzubringen die einzige mögliche Lösung war. Nicht nur um des überleben Willens, sondern auch der Rachsucht, die in einem jeden Normannen in diesem Raum steckte. Ein jedem schmerzte die Erinnerung, doch Rakan wusste es besser.
Das Grinsen vertiefte sich, als er ihn packte und von dem jungen Kämpfer wegriss. Er wollte schreien, um Gnade flehen, doch alles, was er zuhören bekam, waren die Worte, die ihn für immer zeichneten und die schockierende Erkennung seines Fehlers.
Sein Vater schaute ihn immer noch starr an, Speichel tropfte dem Kiefer entlang, während er auf seine Antwort wartete. Er jedoch drehte sich zu dem Junge, der ganz nah bei ihnen stand und an der Ledertasche voll Briefe und den braunen Lederriemen im Haar zu erkennen war.
"Sag' was vorgefallen ist, Junge."
Der junge Bote wirkte unsicher, fast ängstlich, als er zusammenkauernd vor schritt und die hohe Stimme räusperte.
"Die Anshara... sie haben das Dorf westlich angegriffen. Alle sind tot. Frauen und Kinder wurden in Häuser eingesperrt und verbrannt... und..."
"So sprich' doch endlich !"
Der Junge zuckte unter der Stimme des Jarls zusammen.
"Die Männer, sie wurden von ihren Hunden zerfetzt. Mein Jarl... es sah so aus, als wäre es ein Spiel gewesen. Wir fanden eine Art Käfig vor... in welchen Hunde saßen und sich an ihren Leibern labten."
Rakan kannte diese Art Spiele, die sie gerne trieben. Nein, sie töteten nicht aus Not oder Überleben. Es bereitete ihnen Freude... ihre Schreie und Flehen um Gnade.
Der Jarl nickte kurz und verscheuchte den Boten, bevor er den Stuhl aufhob und sich wieder setzte. Der Junge jedoch ging nochmals einen Schritt auf ihn zu."Da war noch etwas, Herr... an diesen Käfigen stand etwas auf anshara... Ich weiss nicht was es bedeutet, aber ich hab-"
Der Schlächter unterbrach den Jungen.
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Des Wikingers Frau
Historical FictionAscara lebt mit ihrer Tante und ihrem Onkel auf einem Anwesen im Norden des Landes. Sie ist ein Bastard und so wird sie auch behandelt. Sie ist nicht mehr Wert, als der Dreck unter den Schuhsohlen, zumindestens behauptet das immer ihre Tante. Bis e...