Kapitel 20

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Die Wärme der Felle lullte die junge Frau ein und wiegte sie in einen traumlosen Schlaf. Sie spürte, wie ihre Augenlider immer schwerer wurden und letztendlich ergab sie sich der Sehnsucht ihre Augen zu schließen. Die Härchen der Lammfelle kitzelten sie leicht im Gesicht und waren im Augenblick das einzige Problem an das sie dachte.

Ascara hatte gewartet, beinahe die ganze Nacht. Doch jetzt konnte sie das Verlangen ihres Körpers endlich ein wenig Ruhe zu finden, nicht länger unterdrücken. Ihre Arme schmerzten, fühlten sich an, als würden Gewichte an ihnen befestigt sein und sie runterdrücken. Ihr Kopf dröhnte und es schien ihr, als würde sie das Schlagen der Trommeln immer noch hören, obwohl das Fest schon lange vorüber war. Das Feuer in dem Zelt des Kriegsherrn war bereits vor einiger Zeit erloschen und man hörte bereits die ersten Leute, welche aufstanden um sich für den nächsten Marsch bereit zumachen. Doch das alles störte Ascara nicht. Sie hatte fast die ganze Nacht sehnsüchtig auf die Öffnung des Zeltes gestarrt, in der Hoffnung ihrem Herrn zu begegnen. Sie wusste nicht, was sie hätte sagen können um bei ihm Milde ihr gegenüber auszulösen. Hätte sie auf Knien um Vergebung betteln sollen ? Vielleicht, ihren Körper anbieten sollen, damit sie ihm wenigstens auf diese Weise genügte ? Oder doch lieber tugendhaftes Schweigen, wie es sich wohl für das Weib eines Kriegsherrn gehörte ?

Ascara wusste darauf keine Antwort, wusste nur, dass dieser Fehler weiter Konsequenzen für sie haben würde. Mehrmals erschauerte es ihr bei diesem Gedanke. Ja, sie hatte seinen Blick gesehen. Gesehen, wie er sie für ihre Untat bestrafen wollte, sie peinigen wollte bis auf Blut. In dem Augenblick, als sie wusste dunkle Augen verfolgten ihre Tanzschritte, bereits da wusste sie, dass er sich dieses Mal nicht beherrschen würde.

Ein Horn ertönte und schreckte das Mädchen aus ihrem Schlaf. Ihr Atem ging flach und abgehackt, als sie sich im Zelt umschaute. Der Holztisch mit den verlockenden Speisen darauf, wie ein Leib Brot und Speck sowie verschiedenen Früchte, die die junge Frau nicht alle bei Namen nennen konnte, lagen nach wie vor unverändert. Auch das Feuer in Mitten des Zeltes und die große Truhe befanden sich noch am gleichen Platz. Alles wie zuvor. Ascara erlaubte sich durchzuatmen, bevor ihr Blick wieder zum Tisch mit den unterschiedlichen Verlockungen wanderte. Fast im selben Augenblick begann ihr Magen zu knurren. Die junge Frau stöhnte, konnte die Augen nicht von diesem herrlich salzigen Speck abwenden. Sie bemerkte erst jetzt, dass ihre letzte Mahlzeit viel zulange zurück lag. Wie als würde ihr Körper, oder eher ihr ausgehungerter Magen, die Entscheidung übernehmen, richtete sie sich auf und wagte es ganz leise und schleichend auf die Speisen zuzugehen. Obwohl niemand bei ihr war achtete sie darauf, dass jeder ihrer Bewegungen lautlos waren. Sie hatte schon genug angestellt, jetzt noch als Diebin erwischt zu werden, war das Letzte, was sie wollte. Ascara entschied sich diesen herrlich roten Apfel zu nehmen, denn er war nicht nur einer der ihr einzigen bekannten Früchten, sondern auch nicht so wertvoll, wie sie die anderen Speisen erachtete. Normal müsste sie nur rausgehen in den Wald und einen der vielen Apfelbäume finden, die sie auf der Durchreise gesehen hatte. Also streng genommen war es kein Diebstahl, oder zumindest kein schwerer. Während sie sich dies einredete, griff sie nach dem Roten, führte ihn zu ihrem Mund und biss rein. Die süße Säure schien auf ihrer Zunge zu zergehen.

"Eine Diebin also auch?"

Ascara schreckte hoch und ließ dabei den Apfel fallen, als sie sich zum Fremden wandt. Nur war es so, dass der Mann ihr gar nicht so fremd war. Torbens Haar war zurück geflochten, nur einzelne, helle Strähnen fielen ihm ins Gesicht. Er hatte seine Arme verschränkt und betrachtete Ascara mit einem kritischen, aber zugleich amüsierten Blick.

"Ich-, also ich wusste nicht-"

Bevor die junge Frau ihr Gestammel zu Ende bringen konnte, erschallte das Zelt in lautem Lachen. Ascara erstummte. Lachte er sie gerade aus?  Die Furcht und das Gefühl der Scham ertappt worden zu sein, verwandelte sich in Wut. Wie lange hatte er sie wohl schon beobachtet?

Des Wikingers FrauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt