Seine Augen lagen starr auf seinem Handgelenk. Er wusste nicht wie lange er dort gesessen hatte und sich das geflochtene Haar, welches seinen Unterarm seit dem Aufbruch schmückte, angeschaut hatte. Es schien auf den ersten Blick braun, doch in den Strahlen der Sonne schimmerte es rötlich. Es erinnerte ihn an die Sonnenuntergänge in seiner Stadt. Fast an jedem der heißen Sommertage hatte der Himmel zum Abend hin einen rot-orangenen Verlauf genommen. Es war als würde er in Flammen aufgehen. Seine Fingerkuppen strichen sanft über die Strähne.
So weich...„Rakan!"
Sein Blick verweilte noch eine Sekunde an derselben Stelle, bevor er von seinem Stuhl aufstand und in die Augen seines Beraters blickte. Dieser schien komplett verwirrt, als er den Schlächter zum wiederholten Mal ansprach. Er versuchte ihm gerade seine Strategie zur bevorstehenden Allianz mit den Feinden zu erklären, während dieser geistesabwesend hinunter blickte. Jetzt glich sein Blick jedoch eines wilden Tieres, kurz bevor er zum Angriff ausholte. Gunar wusste, der Schlächter hasste es bei seinem Namen angesprochen zu werden, sah jedoch keine andere Möglichkeit ihn aus dieser Trance herauszuholen. Der Schlächter stützte sich mit beiden Fäusten am Tisch ab. Rakan hatte versucht sich zu konzentrieren, eine kluge Strategie auszuklügeln, doch es schien, dass all' seine Gedanken mit Ascara endeten. Als würde sein Kopf schon lange die Beherrschung verloren haben und stattdessen sein Körper die Kontrolle übernehmen. Als wäre er nur noch von niederen Instinkten getrieben. Fast die ganze Nacht hatte er damit, verbracht sich Arten der Bestrafung für Ascara auszudenken. Einer von vielen war es sie nackt übers Knie zu legen und sie den Gürtel auf ihrem Hintern spüren zu lassen. Eine typische Bestrafung, wie sie wohl jede Frau erfuhr, wenn sie wieder mal vom Manne gezüchtigt werden musste. Doch wollte er ihr wirklich wehtun, egal in welcher Form? Kaum merklich schüttelte der Schlächter den Kopf und spürte wie eine Welle des Zorns ihn überschwappte. Verdammt, eine ordentliche Tracht Prügel hat noch nie jemanden geschadet! Seine Augen klärten sich wieder und er blickte in das besorgte Angesicht Gunars. Seine kupfernen Haare waren streng nach hinten geflochten und seine dunkelgrünen Augen wirkte trüb. Gunar war ein erfahrener Krieger, der schon bei Dutzenden Schlachten gekämpft hatte und der trotz seines fortgeschrittenen Alters stets jung im Geiste geblieben war. Doch heute und das fiel dem Schlächter schweren Herzens auf, wirkten seine Falten tiefer und seine Augen ermüdeter als sonst. Rakan konnte ihn verstehen: Auch für ihn war in diesem Krieg viel auf dem Spiel. Er hatte Frau und Kind zu versorgen, die ohne einen Vater und Ehemann wohl kaum überlebten. Abgesehen davon, dass sie überhaupt die Grausamkeiten der Anshara überlebten. Rakan stieß den Atem aus.
„Sprich, Gunar."
Dieser ließ seinen Blick ein letztes Mal besorgt über ihn streichen, bevor er sich der Karte in der Mitte des Tisches zuwandte.
„Es ist klar, dass die Anshara irgendwas im Schilde führen. Sie werden angreifen, sobald sie können und bestimmt nicht davor scheuen einen Berg von Leichen zu hinterlassen. Auch nicht, wenn ihre eigenen Männer darunter begraben liegen. Diese Allianz... sie ist eine reine Provokation, auf die wir nicht reagieren dürfen, wir müssen-
Ein Räuspern ertönte im Raum und unterbrach die Strategien Gunars. An der Zeltöffnung stand Torben und hinter ihm erschien die zarte Gestalt einer jungen Frau. Gunar war sichtlich verwirrt, denn neben einem Verbot für Frauen, schien diese hier dazu noch eine Dirne zu sein. Das Kriegszelt machte ihm keine passenden Eindruck für eine Liaison. Rakan dagegen, dem ihr Erscheinen weder verwirrte noch zu überraschen schien, stellte sich aufrecht hin. Er würdigte der Dirne keines Blickes, während er sich an seinen ersten Berater wandte.
„Ruf den Kriegsrat zusammen, Torben. Wir wollen gemeinsam speisen."
Torben nickte ergeben, bevor er sich die Faust vors Herz schlug und im Anschluss das Zelt verließ. Ascara stand derweilen nach wie vor zusammengekauert an ihrem Platz, nahe der Zeltöffnung. Es schien fast so, als wäre das ihre Absicht. Im schlimmste Fall würde sie schnell entfliehen können und unter den vielen Zelten untertauchen. Der Blick des Schlächters wanderte weiter zu Gunnar, welcher abwechselnd zwischen der Dirne und seinem Herrn blickte. Es waren keine Worte nötig, um den dunklen Blick des Schlächters zu deuten, der ihm deutlich klarmachte sich zu entfernen. Die Spannung war zum Greifen und dem zweiten Berater des Schlächters war es nur recht dieser Situation zu entgehen. Als die beiden nun endlich alleine waren, erlaubte sich Rakan einen Blick auf sie zu werfen:
Der Blick gen Boden gesenkt, das lange Haar hing wild herunter und versteckte das Antlitz.
Rakan bemerkte, dass sie den roten Hauch von Nichts immer noch trug und brummte unzufrieden.
Langsam wandte sich der Schlächter Ascara zu.
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Des Wikingers Frau
Historical FictionAscara lebt mit ihrer Tante und ihrem Onkel auf einem Anwesen im Norden des Landes. Sie ist ein Bastard und so wird sie auch behandelt. Sie ist nicht mehr Wert, als der Dreck unter den Schuhsohlen, zumindestens behauptet das immer ihre Tante. Bis e...