Kapitel Fünf

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Der Sabber triefte förmlich von den weißen Reißern. Sah ich mal wieder zum Anbeißen aus, ja? Der Dämonenmischling zog die Lefzen drohend zurück. Ich drückte mich langsam an die Wad hinter mir und tastete nach Glasscherben der Lampe. Mein Handy lag natürlich auf dem Schreibtisch vorne am Tresen, so dass ich niemanden benachrichtigen konnte.
Der Dämon schnappte nach mir und verfehlte mich um haaresbreite. Adrenalin baute sich langsam in meinem Organismus auf, unter Umständen könnte es eng werden keinen Aufstand zu machen und sich dennoch zu verteidigen.
Meine Handgelenke pulsierten und die Hitze nahm immer weiter zu. Zum Teufel noch eins, warum hatte ich auch nicht meine Kristallkette dabei, damit sie zumindest ein wenig meine Kräfte eindämmte. Damit blieben mir diese kleinen Rotznasen auch ziemlich vom Hals.
Ich sah gerade noch in meiner innerlich Schimpftirade wie eine leicht deformierte Pranke nach mir ausholte und warf mich auf den Boden. Meine Hand fand einen relativ langen Splitter, dafür hatte ich mir ein paar schmalere bei meiner Aktion auch über die Haut gejagt. Ich umfasste meine notdürftige Waffe so fest wie möglich, rollte mich zur Seite und sprang auf. Der Dämon, ein Mischling aus Flammfell und Schatten wie ich vermutete, setzte mir hinterher als ich um ihm herum gelangen wollte. Ich holte aus und zielte mit dem Glas in meiner Hand auf seine Brust, traf aber den Beinansatz als er sprang und von dem Treffer aufjaulte.
Hitze bahnte sich in meine Hand, allerdings aus der Richtung meiner "Waffe" - Flammfell besaßen kochendheißes Blut, anscheinend hatte dieser Mischling davon mehr als nur die Hälfte mitbekommen. Um meine Handgelenke fing es allerdings auch leicht an zu rauchen. Die dritte Uniform in diesem Monat! Irgendwie musste ich diesen Mist doch auch ohne meinen Kristall selber kontrollieren können. Ich konnte doch nicht auf dieses kleinen Ding so dermaßen angewiesen sein. Schnell schob ich meine Blusenärmel hoch, um schlimmere Brandschäden zu vermeiden.
Dabei warf mich das Ding vor mir mit Kraft gegen das massive Regal hinter mir. Ich hörte das schwere Holz knarzen und höllischer Schmerz durchzog meinen Rücken. Das würde wieder hübsche Blutergüsse und Prellungen geben, was ein nettes Geschenk.
Mühsam rappelte ich mich wieder auf. Es reichte mir nun. Aufstand hin oder her, das Biest würde dahin zurückkehren wo es hergekommen war.
Meine feurigen Tattoos an den Handgelenken fingen endgültig Feuer. Zunächst rot, dann orange, dann gelb. Meine Wut stieg, somit auch die Hitze der Flammen bis schließlich ins Blaue. Auch mein Blut kochte nun definitiv über. In dieser Hinsicht unterschieden das Wesen und ich uns gar nicht so sehr.
Meine Augen wurden von dem typischen Farbschleier übermannt. Die gelben Augen des Dämons verloren ein wenig an Intensität - auch ohne Pupille schien es leicht verängstigt zu sein. Feuerspuren brannten an meiner Mittelhand und den Finger hinunter, kleinen Funken stoben von ihnen hinab. Mein Gegner zog den Schwanz ein, im wahrsten Sinn des Wortes.
Die dünnen Flammen zuckten unwillkürlich hin und her. Sein schwarzes Fell stellte sich kerzengerade auf und es fiepte kurz als ich das Licht direkt auf es richtete. Die fahleren Augen kniff es auch zusammen und drehte den Kopf weg. Schattenwesen waren leicht zu bekämpfen, das kam diesem Mischling in die Quere. Ich ließ eine kleine, aber blau züngelnde Flamme über meiner Hand erscheinen, bereit den Dämon ein letztes Mal in Brand zu stecken.
Doch etwas ließ mich zögern.
Was war dieses Gefühl? Mitleid? Mitgefühl? War es die Ähnlichkeit der Feueraffinität, die mich unterbrach? Unsinn! Das hier war mein Job, ich tat nur meine Pflicht, indem ich den Dämon zurück in sein gottverdammtes Loch schickte.
Erneut schnellte ich mit meiner Hand vor. Er jaulte wieder auf und duckte sich auf den Boden. Dabei war der Mischling gar nicht mal so klein - aufgerichtet mit Sicherheit an die eins neunzig oder zwei Meter groß. Vorsichtig schielte er mich aus den runden, matten, gelben Augen an. Hatte ich das nun als Unterwerfung zu verstehen? Ich befand mich im Zwiespalt.
Tat ich nun wie mir all die Jahre aufgetragen worden war und verbrannte ihn oder ließ ich meine neuen Gefühle bestimmen?
Meine innerliche Temperatur regelte sich zurück zur Normalität. Meine Handgelenke glommen vor sich dahin und die dünnen Flammenbänder erloschen langsam an meinen Fingern.
Ich, die Eisprinzessin, gab doch tatsächlich meinen gefühlsbetonten Instinkten nach.
Vorsichtig streckte ich die Fingerkuppen meiner Hand aus in Richtung seines wolfähnlichen Kopfes, um das Fell dort zu berühren. Es war furchtbar weich und geschmeidig. Der Dämon schaute mich weiterhin aus Vorsicht an und beobachtete schielend, was ich tat. Er schien zu merken, dass ich mich beruhigt hatte und schmiegte seinen Kopf ganz leicht an meine Hand.
So saß ich also hier und schloss eine neue, absolut unerlaubte und nie in Arshads Historien vermerkte, neue Bekanntschaft.
Irgendetwas sagte mir, dass ich richtig gehandelt hatte. Irgendwas war sich sicher, dass es falsch war jedes Dämonenwesen, das seinen Weg zu uns fand, zu töten.
Nach einer Weile richtete ich mich auf. Mit einem Kopfnicken bedeutete ich ihm das Gleiche. So stand ich also wieder einer vollends aufgerichteten vermeintlichen Bestie gegenüber. Mir war bewusst, dass er trotz allem zu gehen hatte, also beschrieb ich mit meiner äußeren Hand einen doppelten Kreis.
In der Luft erschein ein violett leuchtendes Portal, das in die Schatten reichte.
"Geh", befahl ich ihm. Die gelben, nun wieder leicht glänzenden Augen blickten mich an. Energischer deutete ich auf das Portal. "Geh zurück zu dem Ort wo du herkamst!", sagte ich mit lauterer Stimme. Die Fellohren zuckten, dann setzte der Flammfell- Schatten Mischling eine große Pfote vor die andere. Bevor er hinein ging stieß er mich leicht mit seiner Schnauze an. Dann verschwand das Wesen in dem weg zurück zur Schattenwelt.
Und ich war mir sicher, dass dies das erste, aber nicht das letzte Mal gewesen sein würde, dass ich ihn sah. Müde und über mich selbst verwundert und entzürnt schaffte ich mich zurück in den vorderen Bereich der Bibliothek. Ich nahm meine Sachen, richtete noch schnell den verwüsteten Bereich weiterhinten bis auf die Lampe. Davon hatte ich nun wirklich keine Ahnung und meine Magie war mir für diesen Kinderkram zu schade.
Schließlich schloss ich ab und machte mich auf den Heimweg.

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Long time no see :)

Glowing EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt