Kapitel Achtzehn

7 0 0
                                    

Begeistert von der doch bewegten Teilnahme des ganzen Kurses klatschte Mr Cypress in die Hände als es zum Stundenende gongte. Selbst von meinem Platz aus erkannte ich sein zufriedenes Lächeln. Und ich hatte nichts mehr mitbekommen von alledem dank Cassian. Ach nein, Cass, korrigierte ich mich verspottend.

„Prima Leute, für heute schieben wir dann einen Cut ein und schließen nächstes Mal an den Diskurs an. Hebt euch eure Punkte auf, wir werden dort nahtlos weitermachen", kündigt der Lehrer freudig an.

Rascheln und Reißverschlüsse waren zuhören, da alle ihre Unterlagen und Taschen packten wie von der Tarantel gestochen. Nur ich und, zu meinem Bedauern auch mein neuer Nachbar, blieben still sitzen bis die erste Welle den Raum verließ. Schließlich schob auch ich meine Sachen in Windeseile in meine Tasche und wollte schnellstmöglich gehen, als Cypress mich jedoch zu sich wank.

„Mr Cypress?", fragte ich argwöhnisch darauf wartend, dass er sein Anliegen vorbrachte.

„Azura, wie läuft es mit den Berichten?", begann er freundlich und unscheinbar.

„Gut, der nächste landet wie vereinbart beim nächsten Mal auf Ihrem Tisch", murmelte ich. Smalltalk war eine Schwäche, die ich noch nicht zu kompensieren wusste.

„Sehr schön. Ich hatte allerdings den Eindruck, dass Sie heute nicht gerade bei der Sache waren. Ist etwas vorgefallen? Oder hat Mr Rhys Sie ebenso verblüfft wie den Rest?", grinste er ehrlich.

Ein sauerer Ausdruck formte meine Mimik, sodass ich förmlich spürte konnte wie die Blitze in meinen Augen Funken sprühten. „Ganz sicher nicht, Mr Cypress. Aber danke der Nachfrage, es ist alles bestens. Ich dachte nur wir haben eine Abmachung?", presste ich bissig hervor.

„Die schließt aber nicht mit ein, dass ich über Desinteresse hinwegsehe, wo Sie doch eindeutig Potenzial aufweisen, als Beste des Schuljahrgangs abzuschneiden wenn sie nur wollten", entgegnete er verwundert.

„Ich regele meinen Abschluss schon, Ihre Unterstützung ist natürlich begünstigend. Aber ich denke, dass es unvorteilhaft ist, sich einer Schülerin in besonderem Maße anzunehmen", lächelte ich zornig. „Ich glaube nicht, dass das einen guten Eindruck gegenüber der Lehrerschaft geben würde für Sie. Also lassen Sie uns doch mit den schriftlichen Ausgleichen fortfahren ohne unser beiden Parteien Probleme zu verursachen, ja?" Ich mochte Cypress als entspannten Lehrer, der einen nicht Zwang etwas zu sagen, wenn man es aus dem Wohlfühlen nicht unbedingt wollte. Diese neue Seite gefiel mir und meinem Temperament allerdings gar nicht. Ich konnte aber nicht leugnen, dass ein Nanofunke schlechten Gewissens aufgrund meiner indirekten Drohung in mir glühte.

Sein Gesicht wurde aschfahl als auch er begriff, was ich da angedeutet hatte. „Wenn Sie meinen, dass es das richtige Verhalten ist", sagte er erkaltet, „Dann sei es so. Entschuldigen Sie, ich erwarte Ihren Bericht."

Zufrieden dampfte ich ab, hinaus auf den Korridor. Ich seufzte. Dass aber auch nie ein Tag reibungslos an mir vorbeigehen konnte. Irgendwelche kleinen nervenaufreibenden Konversationen musste ich ja anzetteln.

Nur wenige Schüler standen noch hier herum, meist mit ihren Smartphones oder Spiegeln beschäftigt, um zu prüfen, ob ihr vollgekleistertes Gesicht noch saß. Ich gebe zu, dass auch ich hin und wieder Make up nutzte, aber dann auch mit Können und nicht nur, um Trends zu folgen oder mich bei den anderen Bitches anzubiedern.

Schnaubend wandte ich mich ab. Doch eine Hand legte sich federleicht auf meine Schulter, was mich wieder herumfahren lies.

Sie gehörte zu Cassian, der hinter mir angekommen war. Ich sah zu ihm hinauf, natürlich war er anderthalb Köpfe höher gewachsen als ich.

„Nerv nicht, Rhys", fauchte ich und bewegte meine Schulter so, dass seine Hand runterfiel.

„Ruhig Kätzchen", lächelte er. „Darf man sich keine Sorgen machen wenn ein Lehrer gesondert mit einem schönen Mädchen spricht?" Entspannt lehnte er sich schräg vor mir an die Wand und vergrub seine Finger wieder in den Hosentaschen.

„Heb dir den Sauerstoff doch für eine andere auf, die dich mit ihren Blicken auffrisst. Ich habe kein Interesse an deinem dummen Gerede." Wütend wollte ich an ihm vorbeigehen doch er blockte mich ab.

„Also du bist echt interessant, das muss ich dir lassen", lächelte er leise.

„Interessant?", wiederholte ich mit leicht erhöhter Stimme.

Cassian stand wieder voll aufgerichtet vor mir und sah in meine Augen. „Richtig gehört, Kleine. Solch besondere Begegnungen sind mir bisher eher unvergönnt geblieben im Leben. Ich freue mich auf unsere weiteren gemeinsamen Stunden", fügte er dicht an meinem Ohr hinzu, während er mir eine gelöste Haarsträhne sanft zurückstrich. Meine Wut schien wie urplötzlich weggeblasen. Wieder umhüllte mich dieser leichte Duft, der von ihm ausging. Wie erstarrt bekam ich seine Worte mit.

Sanft strich er an meinem Hals hinunter, was mir einen Schauer bescherte.

„Wir seh'n uns", wisperte er noch und wandte sich dann urplötzlich ab. Ehe ich zweimal geblinzelt hatte war er längst verschwunden. Merkwürdig.

Erneut strömten meine vorigen Empfindungen zurück in meinen Körper. Warum hatte ich ihm nichts bissiges entgegen geworfen? Wo war mein eisiges Gehabe hin?

Ich beschloss die letzten Stunden zu schwänzen, konzentrieren können würde ich mich eh nicht.

Ich, die Eisprinzessin, ließ mich doch nicht einfach von einem dahergelaufenen Typen derart beeinflussen! Das musste ich im Keim ersticken. Meine innerliche Aufruhr erreichte meine Fingerspitzen und kleine Eiskristalle sprangen aus ihnen hervor. Sie rieselten zu Boden wie kleine Funken einer Wunderkerze.

Je länger ich meinen eigentlich relativ kurzen Heimweg gestaltete, desto mehr verrauchte meine miese Stimmung und mein Gemüt kühlte ab.

Glowing EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt