Ungläubig starrte ich ihn an. Nie im Leben konnte er mich blockiert haben, niemals konnte er solche Fähigkeiten besitzen. Ich suchte sein Gesicht nach Anzeichen ab, dass er es mir nur vorgaukelte. Allerdings schien sich der Ernst bei ihm wirklich eingefressen zu haben, so dass ich immer nervöser wurde. Mir stellten sich alle Haare auf und kalte Schauer rieselten über meinen Rücken. Cyril hingegen sah nur selbstsicher und gelassen mit seinem ernsten Gesicht auf mich herab.
"Mund zu, das bleibt sonst noch", sagte er mit leicht gesenkter Stimme. Ich zog die Augenbrauen zusammen. Solche Kommentare brauchte er gerade wirklich nicht an den Tag zu legen. Ruckartig und bestimmt versuchte ich wieder meinen Arm seinem Griff zu entreißen bis er mich zögernd losließ. Dann wieß er auf die Couch, auf der ich meine vermeintliche Genesung verbracht hatte. Mir blieb wohl nichts anderes übrig.
"Hätten wir das also auch geklärt. Nur am Rande, ich lebe ganz nach dem Vorsatz 'mein Haus, meine Regeln'. Das solltest du vielleicht in deinem kleinen hübschen Kopf speichern." Cyril ging in die Richtung des Küchentresens und kramte dahinter in einem der vermutlichen Schränke. "Kaffee, Tee?", frug er ohne mich anzusehen. Alle Sinne gespitzt schüttelte ich kaum merklich den Kopf. Gleichgültig zuckte er mit den Schultern und schenkte dann die schwarze Flüssigkeit in einen Becher. Ohne mit der Wimpern zu zucken saß er binnen eines Wimpernschlages wie zuvor vor mir.
Misstrauisch beäugte ich ihn während ich weiter zurück an die Lehne rutschte. Ich verfiel absolut in die Defensive. Selten gesehen bei mir. Aber ich musste ihm leider recht geben - ich konnte nichts gegen ihn ausrichten derzeit und war gezwungen mir diese Szenerie mitanzusehen.
"Wenn du mich schon hierher verfrachtest kannst du auch mit mir reden anstatt hier seelenruhig Löcher in die Luft zu starren und mich festzuhalten", blaffte ich.
Arrogant hob er eine Augenbraue und nahm demonstrativ einen langsamen Schluck seines Kaffees. Dabei schaute er mir dennoch glasklar in die Augen. Grübelnd verzog ich mich in meinen Gedanken, darauf wartend, dass er den Mund aufmachte. Dabei fiel mir auf, dass ich gar nichts von ihm wahrgenommen hatte seitdem ich wieder bei Besinnung war. Klar, solange meine Fähigkeiten blockiert waren konnte ich auch nichts über ihn erfahren bei einer Berührung, aber dann musste er sie ja von Anfang an unterdrückt haben. Sonst wäre mir wenigstens eine Aura oder sonstiges von diesem komischen Zeug entgegen gewabert jetzt, wo mir mein Kristall fehlte. Noch einer der guten Punkte an ihm- er hielt all dieses fern von mir solange ich es nicht zuließ und es über meinem Kopf zusammenbrechen und ihn einnehmen konnte.
Dieses Gespräch verlief ja schleppend und zäh wie Kaugummi. Nannte man sowas dann eigentlich noch ein "Gespräch"? Seufzend wandte ich meinen Blick der Raumdecke zu. Schlichte Kacheln, wen wunderte es.
"Du bist anders", ertönte seine tiefe angenehme Stimme.
Ohne ihm den Kopf zuzuwenden sah ich aus den Augenwinkeln kritisch zu ihm. "Bessten Dank, das weiß ich bereits."
"Und deswegen fürchten sie dich auch solange sie dich nicht unter ihren Fittichen haben", fuhr er fort. Regungslos wartete ich auf seine nächsten Worte.
"Hast du eigentlich jemals eigene Kontrolle erlernt, blauer Stern?"
Blitzartig riss ich meinen Schädel wieder soweit zu ihm herum, dass wir uns vernünftig gegenüber saßen.
"Eine ganz einfache Regel - nimm diese Worte nicht in den Mund, wenn du ihre Bedeutung nicht kennst", fauchte ich.
"Und wenn ich sie sehr wohl kenne? Deine fünfzehn Jahre Training, Wechselposten und Schmerz?" Seinen Becher hatte er nun auf den Tisch gestellt und lehnte sich auf seine auf den Knien abgelegten Unterarme mit verschränkten Händen.
"Ich bin frei davon. Das alles liegt in Arshad, nicht hier. Was weißt du schon alles darüber", murmelte ich und zog die Füße auf die Couch. Was war bloß an ihm, dass Cyril mich so veränderte? Diese Eiseskälte von ihm taute mich viel zu sehr auf.
Er seufzte und schloss kurz die Augen. "Ich weiß durchaus wer du bist. Was Arshad von dir will. Was die Oberen mit dir vorhaben. Und woher deine Kräfte kommen." Leise stieß er ein freudloses Lachen aus. "Man könnte sagen, dass ich praktisch deine ganze Akte zu Gesicht bekommen habe."
Fordernd sah ich ihn an. Dann mal raus mit der Sprache, Schlaumeier. Wer wusste schon besser Bescheid über das eigene Leben als der, der es führte? Wohl kaum würde jede Kleinigkeit irgendwo niedergeschrieben sein.
"Dann leg mal los wo du doch so allwissend bist", spottetet meine Stimme.
Wie als würde er einen Gerichtsvollzieher darstellen ratterte der Junge vor mir meine Daten runter. Uninteressiert blendete ich diese paar Sekunden aus.
"Als Blauschwinge allein bist du ja schon eine Seltenheit aller paar Jahrhunderte. Noch dazu eine sehr impulsive Jungschwinge ohne viel Wissen." Jungschwinge, wie ich dieses Wort doch hasste. Als wäre man ein Küken, das an seinem neunzehnten Lebensjahr flügge wird und das Nest verlassen darf. Mit Fünfzehn war ich damals anscheinend ein echter Ausreißer gewesen, aber was wollte man denn schon tun wenn ich es dort nicht mehr aushielt? Zwischen all diesen zusammengerotteten Kindern, die mir als Gruppe jedes noch so kleine bisschen meines Lebens unangenehm machten.
"Hast du auch noch was anderes zu erzählen oder wird das hier weiterhin so ein dröges, einseitiges Erzählen meiner Lebensdaten, die ich seltsamerweise ja schon kenne?", sagte ich sarkastisch.
"Gut, dann rollen wir es eben anders auf. Ich denke nicht, dass du weißt wo du herkommst und besser was du bist", zischte er. War der schnell eingeschnappt.
"Ja, ich bin ein Waisenkind. Ja, ich komme aus irgendeinem Teil von Arshad. Und ja, ich bin den Schwingen angehörig und gehe meiner Arbeit nach und erledige die ausgebrochenen Dämonen. Sonst noch was?"
"Du bist eben kein Reinblut."
Nun hob ich meine Augenbraue skeptisch. "Aha. Und was soll ich deiner Meinung nach sein?"
"Eine Blauschwinge des ersten Drachen." Nach einer künstlichen Pause fügte er schließlich noch hinzu: "Arshads Vorstand will deinen Kopf auf einem Diamantstab aufgespitzt im Palast sehen in absehbarer Zeit."
Na, das klang doch schon ermutigender.
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Nicht wirklich rund, aber naja.
See you next time
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Glowing Eyes
Fantasy"Gib Acht auf deine Farbe." Früher verstand ich nicht was er sagte. Doch dann fiel der Schleier von meinen Augen. ------------ Alle Rechte der Geschichte liegen bei mir. Ich habe keine Rechte an den Bildern ( wie auch am Cover), sollte ich welche v...