Mein Hals und Rumpf schmerzte. Sowohl die Haut, in die der Druck der abgerissen Kette gedrückt hatte, als auch etwas tieferes. Ähnlich einer Erkältung, nur schlimmer. Und brodelnder. Ich wusste nicht genau was geschah. Ich erkannte, wie meine Handgelenke lichterloh entbrannten und die Armbänder an ihnen binnen Sekundenbruchteilen flüssig hinunter tropften und der Rest zischend verdampfte. Die Flammen schlugen viel zu hoch, höher als ich es unterdrücken konnte. Sie wurden erst blau, dann immer heller bis gleißend weiß.
Panik schlich sich langsam in meine Blutbahnen. Adrenalin drohte mich zu übernehmen fürchtete ich. Ich nahm mein Umfeld immer weniger war. Wie brachte ich das alles wieder zurück in die richtige Bahn? Wie bekam ich die Situation wieder ins Lot? Ich war hilflos. Hilflos mit meiner aufgerissenen, großen Klappe. Ich habe nicht vorausgedacht. Ich hätte meinen Kristall auch weniger ausgeliefert mit mir herumtragen können. Aber nein, die schützende Zierde präsentierte ich ja mit allem Hochmut direkt für aller Augen und Hände angreifbar.
Ein Kichern kam von irgendwoher. Jetzt erntete ich den Spott zurecht. Ich fühlte mich zurück in die ersten Unterrichtsstunden meines Lebens versetzt. Kalte Räume, allein ohne Familie, ohne Bezugsperson, ohne jemanden, der mir half zu lernen mit mir umzugehen. Sie waren alle nur da, um mich zum Funktionieren zu erziehen. Um mein Potenzial nutzbar zu machen, wie der Leiter sagte. Der kleine blaue Sternenkristall am Nachthimmel mit seinem unberechenbaren Feuer. Wie ich es früher gehasst hatte so genannt zu werden.
"Dass du solch eine Panik schiebst hätte ich nun nicht erwartet", lachte Fate und holte mich erschrocken in das Hier und Jetzt zurück. Unverändert stand sie vor mir, beobachtete, studierte förmlich mein Gesicht und meine Körpersprache. Das Feuer flackerte hin und her, spiegelte sich an den Wänden, warf Schatten aller Größen. Es leuchtete auf und erlosch unkontrolliert für kurze Zeit. Der Versuch es zu bändigen strengte mich furchtbar an. Ich musste es so schnell wie nur möglich in Ordnung bringen bevor ich hier unterging.
"Das scheint ja nervenzehrender zu sein als jeder Gang ins Fitnessstudio, was du da veranstaltest in deinem Kopf." Fate ging wenige Schritte rückwärts. Währenddessen bekam ich langsam das Gefühl zu überhitzen. Ja, ich spielte mit dem Feuer. Wie witzig. Und ja, ich war außer Kontrolle. Aber ich schaffte es nicht mit meinen Fähigkeiten umzugehen. Was war nur heute passiert? Es ließ sich immer hinbiegen, egal wie. Aber nicht hier.
Mit einem Mal wurde ich blitzartig gegen die glatte, kühle Wand geschmettert. Ächzend verließ die Luft meine Lungen. Einige Knochen fühlten sich falsch an, besonders mein Schädel glühte vor Schmerzen. Mühsam hob ich millimeterweise meine Lider an.
Fate stand an ihrem neuen Platz ein paar Schritte vor mir, die Hände parallel vor sich erhoben. Keine Frage wem ich das zu verdanken hatte. Dennoch wandte ich meine Aufmerksamkeit so gut es mir gelang jemand anderem zu. Der verbliebene Dämonenjunge schlenderte gehässig zu mir und starrte mich an. Er blieb vor mir stehen und musterte mich.
Seine Augen waren tiefschwarz ohne jegliches Weiß eines Augapfels. Dennoch fühlte man den Blick von ihnen, wie auch immer ohne richtige Pupille. Seine Hand hob sich langsam. Die Fingerspitzen berührten federleicht meine Haut und fuhren meinen Arm hinauf bis über Schulter und Schlüsselbein. Eiseskälte. Auch wenn ich mir Kälte wünschte - diese Art jagte mir Angstschauer über den Rücken. Schließlich umschloss er meinen Hals. Er drückte immer weiter zu so dass ich langsam nur noch röcheln konnte.
"Na, wie fühlt sich das an wenn man langsam zur Neige geht?", frug mich der Dämonenjunge freudig interessiert.
Was sollte ich schon für eine Antwort geben ohne Sauerstoff? Ich kratzte das letzte bisschen an Magiekontrolle in mir zusammen. Meine Handgelenke brannten zwar erneut lichterloh meine Arme hinauf und verbrannten mehr Haut als jemals zuvor, aber was nützten sie mir, wenn ich sie nicht beherrschen konnte? Ich habe viel zu sehr auf den verdammten Kristall vertraut anstatt den Umgang mit meinen Kräften zu stärken.
Eine graue Aura waberte immer deutlicher um den Dämon herum. Erschrocken weiteten sich meine Augen als mir klar wurde was das bedeuten würde. Sein Grinsen wurde größer als er mein Entsetzen betrachtete. Langsam quälend bewegte sich die rauchähnliche Aura in Strömen auf mich zu. Er würde mir meine Essenz aussaugen und sie sich einverleiben.
Ich wand mich stärker im Versuch von seinem Schraubstock-Würgegriff loszukommen mit der mir verbliebenen Kraft, aber nichts passierte. Der Rauch umfasste kalt meine Knöchel und wanderte ähnlicher einer Schlange in Spiralen meine Beine hinauf. Ein ekelhaftes Gefühl. Kalt und irgendwie schleimig, wenn auch gleichzeitig kühl und nebelig.
Wie zur Hölle kam ich aus dieser vertrackten Situation heraus? Womöglich würde ich einsam verrecken und dem Typen meine Kräften schenken. Wo waren diese romantypischen Retter wenn man sie mal brauchte?
Mittlerweile kam eine Stromlinie an meinem Hals an und wandte sich nach oben. Kurz vor meinem Mund stoppte sie. Die schwarzen Augen des Jungen blitzten gierig. Ich verspürte reine Angst. Natürlich hing ich an meinem Leben, aber wenn ich schon sterben musste dann ein schneller Klingenstoß ins Herz, da bekam ich nicht so eine Folter wie auf diese Art und Weise mit.
Er ließ kaum merklich seinen Nacken knacken. Dann strömte sein Rauch in meinen Mund, meinen Rachen hinab in Richtung meiner Kehle und weiter.
Ein kaum beschreibbares, grausames Gefühl. Es brannte, schien mein Gewebe zu zerschneiden, auszutrocknen und entzog mir langsam aber spürbar alle Lebenskraft. Es krabbelte durch meine Luft- und Speiseröhre weiter durch den Körper. Es füllte gemächlich meine Blutbahnen, saugte die Zellen aus. Und breitete sich bis ins Knochenmark aus. Meine Beine sackten weg, aber ich hing einfach weiterhin ein Stückchen in der Luft in seinem Griff.
Schließlich bahnte es sich einen Weg zurück nach oben in meine Wirbelsäule. Auf zum Gehirn und den Nervenverflechtungen.
Ich schrie ungehört. Wie ich dieses Gefühl beschreiben sollte wusste ich nicht. Fraß er mein Gehirn? Verbrannte er es? Ich hatte höllische Schmerzen so viel stand fest.
Mein Blickfeld flackerte. Von grau zu bunt, von bunt zu schwarz und hin und her.
Als ich glaubte am Ende angekommen zu sein blitzte etwas vor mir auf. Mit einem Mal verebbte jegliche Peinigung. Ich sackte auf den Boden und fiel in mir zusammen. Schwach sah ich mich um soweit ich konnte. Jemand stand beschützend vor mir. Der Dämon lag tot an der Wand. Ich spürte geringfügige Angst aus der Richtung, in der ich noch Fate vermutete. Irgendwelche Laute umgaben mich doch ich konnte keinen einzigen verstehen. Nichts von meinem Körper funktionierte mehr so recht. Wenig später wurde es ruhig um mich herum. Die Präsenzen verschwanden und es herrschte Leere in dem Raum. Ich fügte mich der Leere um mich mit dem leeren Gefühl, das mich erfüllte. Das Etwas vor mir bewegte sich verschwommen.
Ich spürte eine Berührung, die mich vom vermeintlichen Boden wegnahm. Meine Gliedmaßen hingen unbelebt am Rest meines Körpers, mein Nacken knickte mit dem Kopf ab. Mein Kopf wurde leicht gelenkt und bewegt. Ich sah zwei grüne leuchtende Kreise vor mir. Alles verschwamm wieder. Für Millisekunden glaubte ich Pupillen zu sehen bis alles wieder unscharf und flächig wurde. Sanfte Geräusche umgaben mich auf einmal wieder. Waren das Buchstaben oder wirre Laute? Eine Ruhe überkam mich. Meine Augen wurden gänzlich geschlossen nachdem ich gefühlte Ewigkeiten einfach wohin gestarrt hatte. Ich ergab mich der Schwärze und Leblosigkeit.
-------------------------------------------------
See you next time
DU LIEST GERADE
Glowing Eyes
Fantasy"Gib Acht auf deine Farbe." Früher verstand ich nicht was er sagte. Doch dann fiel der Schleier von meinen Augen. ------------ Alle Rechte der Geschichte liegen bei mir. Ich habe keine Rechte an den Bildern ( wie auch am Cover), sollte ich welche v...