Boston, 13. Dezember 1781
Shay stand am Grab von Haytham. Charles Lee hatte ihn dorthin geführt, dort wo sie den Großmeister begraben hatten. Es schneite am heutigen Tage, während Shay einfach nur mit blassem Gesicht und schweigend dastand. Er starrte nahezu hypnotisch auf den kleinen erhöhten Hubbel des Bodens, welcher noch darauf hinwies, dass vor nicht all zu langer Zeit jemand ein Loch in den Boden geschaufelt hatte und es danach wieder mit Erde bedeckte. Es war eisig kalt und die Wolken bedeckten einen grauen, trüben Himmel, so getrübt wie Shays Stimmung. Als er sich mit Charles Lee am Hafen getroffen hatte, hatte er schon den ernst der Lage erkannt, dass es kein übler Scherz oder Albtraum gewesen war. Der Mann hatte tiefe Augenränder, rot unterlaufene Augen und ein faltig, zerfurchtes Gesicht welches ihn tausend Jahre älter wirken ließ. Man sah ihm die Schlaflosigkeit und Angst im Gesicht an und Shay war nahezu schockiert gewesen Charles so zu sehen. Er hatte ihn nie sonderlich leiden können, nie viel mit ihm zu tun gehabt, aber immer wenn er ihn gesehen hatte, hatte er an seiner stolzen Ausstrahlung den starken Mann dahinter erkannt, aber nun war er nicht mehr wie ein Wrack. Charles war sowohl in seiner Arroganz, in seiner Stärke und seinem Ego gebrochen, nun suchte ihn nur noch die Angst heim, dass Connor jeden Moment bei ihm auftauchen würde und ihn tötet. Aber Charles Anblick verriet Shay auch, wie schlimm die Lage hier für die Templer wohl gewesen war, was sich hier wohl alles abgespielt hatte.
„Tut mir leid, dass ich Euch diese Nachricht übermitteln musste." hörte er Charles raue und angeschlagene Stimme hinter sich, weswegen Shay ihm nur kurz einen Blick über die Schulter nach hinten spendete.
„Es war Haythams letzter Wunsch." fügte er dann noch an, ehe er etwas hervorzog und näher zu Shay trat um es ihm zu überreichen „Er bat mich, dies Euch zu übergeben."
Shay sah fragend an ihm herab und erblickte einen Briefumschlag. Zögerlich nahm er ihn entgegen und betrachtete sich den Umschlag dann genauer. Er fühlte sich schwer an, es war also mehr darin als nur ein Brief und auf den Umschlag erkannte er sofort Haythams Handschrift mit der er Shays Namen darauf geschrieben hatte. Er atmete tief ein, ehe er den Blick abwandte und auf zu Charles blickte.
„Ich danke Euch."Charles Lee nickte lediglich und klopfte ihm dann auf die Schulter, als wären sie Brüder, ehe er dann von dannen ging. Shay verharrte noch eine Weile an Haythams Grab, so dass er gar völlig das Zeitgefühl verlor.
------------------------------------------------------------------------------------------Ich bin kein Mann der Tränen, aber innerlich weinte ich und spürte den tiefen Schmerz den man mir auch im Gesicht ansah. Ich starrte einfach vor mich hin, starrte auf die schwache Erhebung der Erde und fragte mich gleichzeitig so viel und gleichzeitig auch so wenig. Ich fühlte den Schmerz und die Fragen, die in meinen Gedanken wirbelten wie ein Tornado, aber gleichzeitig fühlte ich auch die pure Leere. Haytham war fort und ich konnte es nicht begreifen. Ich hatte gefühlte Stunden da gestanden und vor mich hin gestarrt und mich dabei immer wieder gefragt wie es dazu nur kommen konnte. In einem Moment fühlte ich Trauer, im nächsten Reue, im weiteren gar Selbsthass und Verachtung und wieder im nächsten spürte ich nur noch die Wut und die Rache. In mir tobte ein Sturm aus Gefühlen. Es war unbegreiflich, dass der Mann den ich für so einzigartig stark hielt eine Schwäche besaß und starb und noch weniger konnte ich begreifen oder eher akzeptieren, dass diese Schwäche ausgerechnet Connor sein musste. Es gab gar Momente an denen ich an die Flucht dachte, an denen ich einfach mich abwenden und gehen wollte, so weit weg wie ich nur konnte, all dies hinter mir zu lassen und so damit abzuschließen, jedoch dann fasste ich den Entschluss, dass es für mich noch eine Sache zu tun gab. Connor musste sterben, entweder er oder ich. Danach würde ich die Staaten auf ewig verlassen, denn hier hatte ich nichts mehr zu verlieren, hier gab es nichts mehr was mich hielt ohne Haytham. Dennoch auch wenn ich nach Europa zurückkehren werde, bliebt ich Templer des amerikanischen Ritus.
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Assassin's Creed: Fragments - Snow Sunset (Shay x Haytham)
FanfictionMein Name ist Shay Patrick Cormac und dies ist meine Geschichte. Eine Geschichte von einem unglaublichen Mann, der mich wohl von der ersten Sekunde an beeindruckte. Diese Geschichte erzählt von dem verborgenen Teil, von verlorenen Fragmenten, von de...