„Wie heißt du, Kleiner?"
„Liam", antwortet der Junge. Der Händler vor ihm begutachtet kurz, was das Kind ihm mitgebracht hat. Danach wirft er einen skeptischen Blick auf Liam.
„Hast du das gestohlen?", fragt er misstrauisch. Liam ist es gewohnt, dass Leute ihn anders behandeln nur weil er noch nicht in ihrem Alter ist. Liam ist ein Junge von 13 Jahren mit hellen braunen Haaren und Augen die in der Farbe einer brennenden Glut leuchten.
„Nein", antwortet er, „Ich habe es aus den tropischen Wäldern von einer Anhängerin des Chamäleon-Stammes." Ein überraschter Blick bleibt für eine kurze Zeit auf Liam hängen. Danach nuschelt der Verkäufer etwas in seinen Bart hinein ehe er sich wieder an das Kind wendet.
„Mit den Elfen ist nicht zu spaßen. Erst recht nicht mit den aus den tropischen Wäldern. Falls du es einer Elfe aus dem Chamäleon-Stamm gestohlen hast, wird sie dich bis ans Ende der Welt verfolgen, um es wieder zu bekommen! Ich würde dir raten es zurück zu bringen und dich dafür zu entschuldigen. Vielleicht wird dein Leben dann verschont", warnt der ältere Mann ihn. Er hat einen grauen Bart und zottelige graue Haare. Sein Gesicht hat strenge Züge als hätte er noch nie gelacht.
„Ich sagte es doch bereits! Ich habe es nicht gestohlen. Ich habe es zusammen mit einer Elfe erlegt. Deswegen hat sie mir das Horn überlassen und ich ihr das Fleisch des Tieres!", genervt trommeln Liams Finger auf dem Tisch zwischen ihm und dem Händler. Knapp vor ihm liegen in ein rotes Tuch aus feiner Seide Hörner gewickelt, die von einem gefährlichen Tier in den Tiefen der Tropen stammen. Die Hörner haben eine gebogene Form und es sind vier Stück. Das Tier trug zwei direkt über den Augen und die anderen beiden an der Seite des Kopfes. Ihr Material ist leichter als alles was die Menschen hier im Norden kennen.
„Du hast das erlegt? Niemals.", es scheint so als würde der Händler ihn auslachen ohne dabei ein Lachen auf seinen Lippen entstehen zu lassen. Irgendwie wirkt es gruselig.
„Ich habe es getötet. Und das gleiche könnte ich auch mit ihnen machen. Also verkaufen sie mich nicht für dumm und geben sie mir mein Geld für die Hörner" Der Junge weis, dass es schwer ist ihn ernst zu nehmen. Aber der Händler scheint nicht bescheuert zu sein.
„Schon gut. Wie viel willst du dafür?", fragt er und nun behandelt er Liam endlich wie einen normalen Kunden.
„So viel wie man dafür bei ihnen bekommt", eigentlich verhandelt Liam immer sehr streng, doch heute hat er echt keine Nerven mehr dazu.
„Ich gebe dir für jedes Horn 10 Golinger", verhandelt der Händler. Liam weis, was für ein schlechter Handel, dass ist. Wäre er bereit zu verhandeln, dann würde er bestimmt mehr als das Doppelte herausbekommen. Aber jetzt gerade ist er mit 10 Golinger komplett zufrieden. Immerhin kann er sich damit für die nächste Woche gut ernähren. Und mit dem Geld, dass er heute für diesen Großbauern verdient hat, wird er es sich jetzt erst einmal etwas in der Taverne holen. Langsam schlendert er die Straße entlang und verlässt dabei den großen Marktplatz mit den 50 Golinger, die er heute insgesamt verdient hat. Für einen Bauern, der eine gesamte Familie ernähren muss, ist das nicht viel Geld, aber für ihn als einen umherstreifenden Söldner, der nicht sehr viel Größer als ein Zwerg ist, ist das ausreichend. Und wenn er nicht mehr genügend Geld hat, dann zieht er einfach weiter. In anderen Städten kann er die Sachen, die in der vorherigen Stadt verdient hat wieder teuer verkaufen. Wenn er Elfen Waffen, Stoffe oder Schriften von den Menschen anbietet, dann bekommt er meistens dafür Gold oder edle Seide von ihnen, welche wiederrum sehr begehrt ist wenn er dann wieder in die Reiche der Menschen wechselt. Ein erschöpftes Gähnen dringt aus seiner Kehle. Sein Leben ist vielleicht anstrengend, aber dafür fühlt er sich frei an. Er besitzt keine Pflichten oder so etwas ähnliches und da er nie lange an einem Ort bleibt, hat er auch so gut wie keine Feinde. Den ein oder anderen Soldat oder Händler hat er zwar schonmal verärgert, aber diese hatten ihn sicher am nächsten Tag bereits vergessen gehabt. Es gibt beinah kein Wesen, dass ihn wirklich persönlich kennt. Nach einem kurzen Fußmarsch betritt er durch eine schwere Holztür die stinkende Taverne. Als er die Tür öffnet weht ihm sofort der Geruch von Alkohol und Fleisch entgegen. Außerdem dringt schallendes Gelächter an sein Ohr. Er setzt sich die Kapuze seines sandfarbenen Umhanges auf und setzt sich an einen Tisch. Einige Blicke haften auf ihm. Aber das war klar. Schließlich ist er ein Kind umgeben von Erwachsenen.
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Die Drachenlegende - Die Kinder der Leere
Fantasy„Es wird nie wieder wie früher werden!", faucht Milan die zerbrechliche Gestalt vor ihm an. Einige Tränen lösen sich aus den Augen seiner Freundin und rollen über die heißen Wangen. „Es tut mir leid, aber er muss seine Strafe bekommen. Wenn ich es...