Kapitel 11 - Jikans Herz

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„Also traust du dich endlich wieder an Bord, ja?", eine freundliche Stimme lässt Liam hochschrecken. Er schaut sich um und entdeckt Luna, die mit einem breiten Grinsen auf ihn zukommt. Sie zieht ihn immer noch auf deswegen. Liam lehnt an die Reling des Schiffes und blickt der hellen Scheibe hinterher, die kurz davor steht den Himmel zu erreichen.

„Ich frag mich welche Jahreszeit wir jetzt haben...", Liam ist schon seit so gut wie einem Monat wieder täglich an Deck gekommen, um die Sonne zu beobachten. Doch die Luft ist die ganze Zeit so heiß geblieben und weder Schnee noch Hagel sind seitdem vom Himmel gefallen. Dafür regnet es so gut wie wöchentlich oder sogar noch öfter.

„Das kommt ganz darauf wo du dich befindest. Hier herrschen so gut wie immer sommerliche Temperaturen. Aber in Lavandria wird jetzt wahrscheinlich Herbst sein.", erklärt Luna. Liam grinst leicht als er zu ihr schaut. Fragend runzelt Luna die Stirn.

„Was ist los?" Er schüttelt auf ihre Frage den Kopf und wendet seinen Blick wieder dem weiten Meer zu. Er kann sich zwar so gut wie gar nicht mehr an die Zeit erinnern, in der er sich in sein Zimmer zurückgezogen hat, doch an was er sich erinnern kann, ist dass die ersten paar Monate Luna nicht von seiner Seite gewichen ist. Selbst wenn sie es wahrscheinlich nicht zugeben würde.

„Irgendwie nervtes, dass Luis die ganze Zeit weg ist", durchbricht Liam dann irgendwann die Stille. Täglich starrt er an Deck der Dämon der Sonne hinterher. Stunden sitzt er hier und blickt wie sie im Osten aufgeht und im Westen wieder untergeht in der Hoffnung, dass sein Bruder nach dem Training noch etwas Zeit für ihn hat. Doch meistens ist dieser zu Erschöpft. Laut Fabian nimmt Aaron Luis seit einem Monat besonders hart heran. Luna fügt dann meistens noch frech hinzu, dass Luis es tatsächlich für irgendeine dumme Tat verdient hätte. Doch niemand erzählt dem jüngeren Drachenkind was passiert ist. Wenn er Luis danach fragt, folgt darauf meistens eine peinliche Stille und Luna fängt immer an zu kichern, wenn einer es erwähnt. Fabian will es anscheinend auch nicht verraten und vor Aaron hat Liam etwas zu viel Respekt, um ihn zu fragen. Die anderen zwei Dämonen hat er bisher noch nicht kennengerlernt und die Elfen setzen keinen Fuß mehr auf das Schiff, jetzt wo sie eine andere Option haben.

„Denkst du etwa, dass er heute noch Zeit für dich hat?", fragt Luna etwas perplex. Wahrscheinlich kapiert sie nicht, warum Liam es jetzt so wichtig ist seinen Bruder zu treffen. Still schüttelt er den Kopf, um ihr eine klare Antwort zu geben. Luna tritt näher an ihn heran.

„Weißt du was Luna!", fängt Liam erneut an, „Ich werde Lord Fall aufsuchen, wenn wir endlich von dieser Insel wegkommen." Ein optimistisches Grinsen entsteht auf seinen Lippen.

„Denkst du das ist sicher?", fragt Luna, die das nicht ganz so Sorgenfrei sieht wie er.

„Ich weiß nicht, aber ich muss wissen, ob es stimmt, was Rada vermutet hat", Luna schaut nun zu Liam als erwarte sie irgendwas von ihm.

„Ähm... Ich bin in der Zwischenzeit ein Jahr älter geworden, falls dich das interessiert. Das heißt, ich bin jetzt klüger und stärker als davor.", sagt Liam, der keine Ahnung hat was sie von ihm will. Luna wendet ihren Blick ab. Irgendwie hat Liam das Gefühl, dass es genau das war, dass sie nicht wissen wollte. Auf einmal schließt Luna die Augen. Still steht sie eine Weile da ohne sich zu bewegen. Liam beobachtet das Mädchen mit den blutroten Locken. Die Sonne scheint in ihr Gesicht und auf einmal kann Liam einige Sommersprossen erkennen, die ihm bisher noch nie aufgefallen sind.

„Versteck dich schnell, Liam!", befiehlt sie als sie die Augen wieder aufschlägt. Fragend schaut Liam zu ihr.

„Wieso?", will er wissen, doch Luna gibt ihm mit einem ernsten Blick eine Antwort. Luna hat nur selten eine so raue, ernste Art an ihr. Dadurch kann man leicht abschätzen wann ihr etwas wichtig ist. Also rennt er ohne zu zögern zu der knarzenden Holztreppe, die unter Deck führt und versteckt sich so im Schatten, dass er immer noch zu Luna blicken kann. Keine Minute später erschüttert ein starker Aufschlag das Schiff und eine schwarze Gestalt landet an Deck. Es ist ein Drache. Aber es ist nicht irgendein Drache. Es ist Chero. Liam kann sehen wie die Hand des Zeitdämons zu ihrer Axt wandert und binnen Sekunden steht sie Angriffsbereit da. Ihr Gesicht ist zu einer wütenden Grimasse Geschnitten, die wahrscheinlich sogar erfahrenen Kämpfern Angst eingejagt hätte. Jedoch ist der Drache eine Bestie mit spitzen Zähnen, die wie kleine Dolche aus dem Mund herausragen. Seine schwarzen Schuppen, die in der Sonne grün schimmern sehen aus wie ein Panzer, den nicht mal Waffen aus Lavandria durchdringen können. Von der Größe her, könnte man meinen, dass er fünf Meter hoch ist. Vielleicht ist er das auch. Liam läuft ein Schauer über den Rücken als der peitschende Schweif mit der messerscharfen Sichelklinge immer wieder näher an ihn heran schwingt. Das Herz des Jungen pocht als er sich an die grünen Flammen zurückerinnert. Er hält seinen Atem an, da er Angst hat gehört zu werden.

Die Drachenlegende - Die Kinder der LeereWo Geschichten leben. Entdecke jetzt